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Blutlied -1-

Blutlied -1-

Titel: Blutlied -1-
Autoren: Vanessa Farmer
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haben.«
    Frederic Densmore nickte, lächelte und schritt an Caroline vorbei. Er zog die Tür auf. Regentropfen schossen herein. Es blitzte und donnerte, wovon sie hier im Hause nichts gehört hatten. Wind jaulte durch die Halle.
    Lieber Gott, der Mann würde binnen Sekunden klatschnass sein und sich eine Erkältung, wenn nicht sogar eine Lungenentzündung holen, vermutete Caroline.
    »Warten Sie, Mr Densmore«, rief sie hinter ihm her. »Wir könnten uns ...«
    Der Anwalt hatte die Tür hinter sich zugezogen und wurde vom Grau des Unwetters verschluckt.
     

     
    In dieser Nacht fiel es Caroline schwer, einzuschlafen.
    Zu fremdartig waren die Eindrücke. Hinter den Wänden hörte sie Mäuse huschen, was nicht ungewöhnlich war. Dennoch schienen ihr die Geräusche zu laut. Die Treppenstufen knarrten, als schritten Geister auf und ab. Im Gebälk heulte ein Uhu. Regen prasselte gegen das Fensterglas. Asburyhouse war nicht anders als viele Herrenhäuser, die am Stadtrand von London kauerten. Es lebte.
    Die Geister der Verblichenen suchten nach Antworten. Unten krachte es im abkühlenden Kamin. Erstaunlicherweise gab es Gaslicht, was Caroline sehr zu schätzen wusste, sowie fließendes kaltes und warmes Wasser, was ein unerhörter Luxus war.
    Onkel Alfred hatte viele Millionen Pfund mit Seidenhandel verdient. Das gesamte Geld befand sich auf einem Konto der Bank of England und gehörte jetzt Caroline. Ihre Mutter war beizeiten gestorben, denn sie hatte den Tod ihres Mannes nicht verkraftet. Carolines Vater war bei der legendären Schlacht von Balaklawa gefallen. Geschwister hatte Caroline keine. Ihr Onkel hatte niemals geheiratet und war an Tuberkulose gestorben.
    Caroline war jetzt eine einsame reiche Lady. Mit fünfundzwanzig zu jung, um auf ewig alleine zu bleiben. Es würde nicht lange dauern, vermutete sie, und die Londoner Gesellschaft würde um sie buhlen. Ihre Erbschaft war das Thema im Daily Telegraph gewesen. Da waren Schmarotzer und Schwindler nicht weit.
    Sie rechnete nach, wie hoch die Provision war, die Frederic Densmore für seine Dienste erhielt. Ausreichend, um viele Jahre in Saus und Braus zu leben. Kein Wunder, dass er so freundlich zu ihr gewesen war. Immerhin hatte er es mit einem Huhn zu tun, das goldene Eier legte.
    Du bist zu misstrauisch! sagte sie sich.
    Vermutlich war das so. Sie hatte allen Grund dafür. Erinnerungen schlichen sich durch die Dunkelheit. Caroline verscheuchte sie. Sie setzte sich im Bett aufrecht.
    Morgen früh würde sie den Anwalt fragen ...
    Ja, was eigentlich?
    Warum er so nett war? Warum er so gut aussah? Warum er Klugheit ausstrahlte und Souveränität und Selbstbewusstsein und, und ... ?!
    Warum sie ihn am liebsten bei sich hätte und küssen würde?
    Da stimmte doch was nicht. Sie hatte den Mann nur ganz kurz kennen gelernt und schon begann sie, sich nach ihm zu verzehren? Oder hatte sie sich das erste Mal in ihrem Leben verliebt? Auf den ersten Blick? Gab es das überhaupt?
    Fragen über Frage, die nicht dazu angetan waren, sie schlafen zu lassen.
    Mit ihrem Exmann war das anders gewesen. Liebe? Vielleicht …
    Er hatte …
    Nein, daran wollte sie jetzt nicht denken.
    Sie kuschelte sich in die Daunen. Ihr Atem ging schwer. Frederic – ein schöner Name. Ein athletischer Körper, breite Schultern, schmale Hüften und schöne, langgliedrige Finger. Sie seufzte und ein Beben durchfuhr sie. Die Spitzen ihrer Brüste spannten sich. Seine Stimme war dunkel und warm gewesen, jedes Wort akzentuiert, eine aristokratische, aber nie affektierte Modulation. Vermutlich war er belesen, intelligent war er auf jeden Fall. Und er hatte dunkelbraune Augen, die viel gesehen zu haben schienen, Augen, die tief blickten und wunderbar zu der hohen Stirn passten.
    Carolines Haut fühlte sich warm und empfindlich an und sanfte Schauer glitten darüber, wie Finger oder wie eine zärtliche Zungenspitze. Frederics Zunge? Wie angenehm, er hatte keinen Bart. Sie erinnerte sich, dass er, als er ihr das Glas gereicht hatte, aus dem Mund nach Nelke gerochen hatte. Außerdem sah er aus wie einer, der jede Woche badete. Das weiße Hemd unter der Jacke hatte makellos gestrahlt und die Krawatte war perfekt gebunden gewesen.
    Perfekt. Ein sauberer Mann. Ein sanfter Mann, einer, der seine Frau niemals schlagen würde.
    Er war nicht so einer, wie …
    Endlich schlief sie ein …
     

     
    ... und erwachte.
    Hatte sie ein Geräusch geweckt?
    Ein Ast, der gegen das Fenster schlug?
    Das schwach glimmende
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