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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt
Autoren: Elke Schwab
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Kriminalhauptkommissar Schnur ein Bild von dem Fall zu machen, damit wir entscheiden können, wie wir diesen Todesfall behandeln«, sprach sie weiter.
    »Wie wollen Sie das beurteilen?«, meinte Remmark. »Sie wissen überhaupt nichts über die Arbeit unter Tage!«
    »Sie glauben gar nicht, zu was ich fähig bin«, gab Ann-Kathrin eisig zurück.
    Totenstille kehrte ein.
    Schnur freute sich über diese Eröffnung.
    »Dann wollen wir mal!« Mit diesen Worten wandte sich die Staatsanwältin an Schnur.
    »Der Tote wurde schon abtransportiert«, sagte der Kriminalist.
    »Das ging aber schnell! Wie soll ich jetzt sehen, was passiert ist?«
    Ein Blick auf die schwere Hubarbeitsbühne verriet, dass das große Gerät bereits abfahrbereit war.
    »Nach oben wirst du auch nicht mehr kommen«, stellte Schnur fest. Er zeigte auf den höchsten Punkt des Förderturms, von dem sie den Toten geborgen hatten.
    »Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als diesen Teil der Tatortbesichtigung zu überspringen.« Ann-Kathrin zuckte mit den Schultern. »Mit dem zuständigen Bergamt habe ich alle Einzelheiten geklärt. Sie haben mir zugesagt, dass ich mit dem verantwortlichen Steiger runterfahren kann, um mir den Tatort unter Tage anzusehen.«
    »Der ist davon überzeugt, dass es ein Unfall ist«, brummte Schnur. »Und er wird auch versuchen, dir das einzureden.«
    »Ich kann mir schon selbst eine Meinung bilden.« Ann-Kathrin grinste verschmitzt.
    »Auf keinen Fall lasse ich dich allein da runter. Ich werde dich begleiten«, ereiferte sich Schnur.
    »Mein Beschützer«, schnurrte Ann-Kathrin. »Ich hatte ohnehin vor, dich mitzunehmen. Denn zufällig ist es auch deine Aufgabe, dir diesen Ort anzuschauen.«
    Schnur spürte, dass er rot wurde, und blickte verlegen zu Boden, in der Hoffnung, dass es niemand bemerkte. Doch Ann-Kathrin stieß ihr kehliges Lachen aus, womit es ihr wieder gelang, sämtliche Blicke auf sich zu ziehen.
    »Ich bin der zuständige Steiger.« Mit diesen Worten trat Georg Remmark vor die Staatsanwältin.
    Schnur erschrak. Hatten sie so laut geredet, dass sie jeder verstehen konnte? Das behagte ihm nicht. Hinzu kam die Aussicht auf eine Fahrt in tausend Meter Tiefe, die bei ihm sofort Beklemmung auslöste. Aber das wollte er auf keinen Fall zugeben.
    »Okay! Wie kommen wir in den Hades?«, fragte er.
    »Hades?«, hakte Remmark nach.
    »In die Grube meinte ich«, korrigierte Schnur schnell. »Soweit ich weiß, ist dieser Schacht in Velsen für die Spurensicherung gesperrt. Und wie lange unsere Leute dort arbeiten müssen, kann ich jetzt noch nicht sagen. Das könnte länger dauern.«
    »Hier wären wir ohnehin nicht runtergefahren«, stellte der Steiger brummig klar. »Sie müssen die richtige Ausrüstung bekommen. So dürfen Sie nicht in die Grube. Dafür müssen wir zum Warndtschacht fahren, weil dort alles ist, was wir brauchen. Von dort fahren wir runter.«
    »Sind dort die Kleiderkörbe der Bergleute?«, fragte die Staatsanwältin.
    »Ja«, brummte Remmark. »Dort ist die Waschkaue.«
    An Schnur gerichtet sagte Ann-Kathrin: »Du solltest einen Beamten der Spurensicherung zum Warndt schicken, damit er den Kleiderkorb des Opfers sichert.«
    »Jeder hat zwei Körbe«, berichtigte Remmark.
    »Warum das denn?«, fragte Schnur.
    »Na, einen für die dreckige Bergmannskluft und einen für die sauberen Sachen.«

Am Warndtschacht wurden Ann-Kathrin Reichert und Jürgen Schnur mit Steigeranzug, Grubenhelm, Schutzbrille, Lampe, Filterselbstretter und Staubmaske ausgerüstet, bevor sie den Förderkorb ansteuerten. Mit zwölf Metern pro Sekunde ging es hinab zur fünften Sohle. Am Füllort angekommen öffnete Remmark die Schachttüren und ließ dem Kommissar und der Staatsanwältin den Vortritt.
    Keine stickige Enge oder finstere Höhle erwartete die beiden dort. Sie sahen hohe, halbrunde Gänge voller Licht, Lärm und Bewegung. Gebogene Stahlträger verbunden mit Stahlgitternetzen über ihren Köpfen stützten die Hohlräume ab. Durch die Gitter war grobes Gestein zu sehen, das aussah, als wollte es jeden Augenblick die Halterung sprengen und auf sie herabstürzen.
    Sie stiegen eine stählerne Treppe hinunter und betraten eine Plattform, auf der sich einige Männer laut schreiend verständigten. Weiterer Lärm kam von Maschinen, die die Besucher nicht sehen konnten. Rohre mit unterschiedlichen Durchmessern verliefen quer am halbrunden Gewölbe über ihnen. Darauf standen schwarze, mit Wasser gefüllte Plastikwannen in der Größe
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