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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt
Autoren: Elke Schwab
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näher sie kamen, desto deutlicher sah sie, dass dieses Loch in eine unabsehbare Tiefe führte. Die hölzernen Stützen sahen uralt aus. Und doch wirkten sie stabil. An einer Seite waren sie wie Sprossen an der Wand befestigt, was ein Absteigen in die Tiefe ermöglichte. Und leider auch ein Absteigen von zwei Menschen nebeneinander. Denn Tim Fechter drängte sich dicht an Anke, ließ sie die Spitze seines Messers fühlen und forderte sie auf, mit ihr hinunterzuklettern.
    Das war immerhin besser, als sie hinunterzustoßen, dachte Anke und begann zu klettern.
    »Wo kommen wir dort raus?«, fragte sie.
    »Im Schachtsumpf«, antwortete Tim und grinste böse.
    »Sumpf?« Anke kreischte.
    »Keine Sorge! In diesem Sumpf stirbt man nicht. Dort sammelt sich einfach nur das Grubenwasser«, erklärte er. »Und dieser Schacht hatte sogar mal eine Unterfahrungssohle. Die ist inzwischen zwar verdreckt, aber es kann dort immer noch Wasser absickern. Ich habe gar nicht vor, dich zu töten. Meine Mission betrifft nur die Männer, die es verdient haben. Da gehörst du nicht dazu.«
    Anke hörte nur mit halbem Ohr zu, was Tim sagte. Viel mehr beschäftigte sie die Frage, wie sie aus dieser ausweglosen Situation herauskommen sollte. Wie hatte sie so blind sein können? Eigentlich hätte es ihr doch dämmern müssen, wer wirklich das Phantom war. Dass es Karl Fechter sein sollte, hatte sie von Anfang an nicht glauben können. Nur Schnur war plötzlich von dieser Theorie so überzeugt, dass sie ihren eigenen Instinkten nicht mehr getraut hatte.
    Und nun saß sie in der Falle. Dabei war sie doch gerade noch auf dem Weg gewesen, Grewe aus der Falle zu befreien, in die dieser Mann ihn gebracht hatte.
    »Was haben Sie mit Anton Grewe gemacht?«, platzte es aus ihr heraus, als sie den nächsten Tritt nach unten balancierte.
    »Anton Grewe?«, fragte Tim zurück. »Du meinst Tony?«
    »Ja!«
    »Was sollte ich mit Tony zu tun haben? Dass er zu euch gehört, weiß ich.«
    »Woher?«
    »Er ist mir doch auf eurem Flur begegnet.«
    Anke erinnerte sich.
    »Aber solange er mir nicht in meine Arbeit pfuscht, habe ich keinen Grund, ihn auszuschalten. Ich sagte doch, was meine Mission ist. Tony steht nicht auf meiner Todesliste.«
    Anke verstand etwas nicht. »Was soll das heißen?«
    »Rede ich undeutlich oder was?«, plärrte Tim plötzlich los.
    Doch Anke hörte nicht zu. Auf ihrer Seite entdeckte sie ein schwarzes Loch in der Wand. Sollte das ein Seitenstollen sein?

    Kullmann tastete nach seiner Waffe, die er gut versteckt unter dem Mantel trug. Immer den schwachen Lichtschein im Auge folgte er Anke und Tim Fechter in gebührendem Abstand.
    Pierre folgte ihm.
    Sein Angebot, den Stollen zu verlassen und Hilfe zu holen, hatte Kullmann abgelehnt. Es würde zu lange dauern und im Notfall könnte er sich und Anke nicht retten, weil sie sich gnadenlos verirren würden.
    Außerdem vertraute er auf die kriminalistischen Fähigkeiten seiner ehemaligen Schülerin. Sie hatte viel von ihm gelernt.
    Zusammen würden sie Tim Fechter überwältigen.
    Sein Adrenalinspiegel war so hoch, dass er sich angetrieben fühlte. Er folgte der langgezogenen Kurve, versuchte, immer den wackelnden Lichtkegel von Ankes Taschenlampe im Auge zu behalten.
    Doch plötzlich war er verschwunden!
    Was hatte das zu bedeuten?

    »Sie haben unseren Mann an eine Bombe gefesselt«, platzte es aus Anke heraus.
    Plötzlich lachte Tim Fechter laut los und meinte: »Das ist wirklich ein guter Witz. Erstens arbeite ich nicht mit Sprengstoffen, weil ich nicht drankomme. Und zweitens töte ich niemanden, der es nicht verdient hat. Und Tony hat es nicht verdient. Er macht doch nur seine Arbeit, die im Grunde genommen auch meine Arbeit ist.«
    »Und wer hat nach Ihrer Meinung den Tod verdient?« Kam Anke endlich dahinter, was dieses wirre Geschwafel bedeuten sollte?
    »Alle, die Schuld am Tod meines Vaters haben!«
    »Bis vor kurzem wusste doch niemand, was wirklich passiert ist.«
    »Ich wusste es von Anfang an. Mein Vater hatte mir nichts verschwiegen. Er hat mir alles erzählt. Vom Drogenhandel und seinen verzweifelten Versuchen, diese Schweinerei zu unterbinden. Und du wirst es nicht glauben, er ist aus dieser Gezähekammer tatsächlich herausgekommen.«
    Anke erschrak. »Und wo ist er jetzt?«
    »Aber er hat es nicht überlebt. Ich fand ihn in der Nähe des Mundlochs in Petite Rosselle. Er war sehr schwach. Ich wollte Hilfe holen, doch als ich zurückkam …«
    Anke dämmerte etwas. »Haben Sie
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