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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab
Autoren: Andreas Schmidt
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haben, nachdem der Einsatz beendet war. Also werden sie sich einige unangenehme Fragen stellen lassen müssen. Was die Tatwaffe betrifft, so kann man längst auch als Privatmann eine SIG erwerben, vorausgesetzt, man verfügt über einen gültigen Waffenschein.«
    »Oder man scheißt auf das Gesetz, besorgt sich die Knarre vom Schwarzmarkt und spielt damit Wilder Westen in Wuppertal«, ächzte Ulbricht.
    »Der Mann, der gestorben ist, hatte Krebs im Endstadium«, warf Heinrichs nun ein. »Was haltet ihr von der Möglichkeit, dass der Schuss ihm sogar gelegen kam, weil er schnell sterben konnte? Wenn er beispielsweise die Täter provozierte, weil er nichts zu verlieren hatte?«
    »Die Möglichkeit besteht«, stimmte Dr. Diedrichs, ein Fallanalytiker vom LKA, zu. »Zumindest können wir im Hinblick auf die Krankheit davon ausgehen, dass seine Hemmschwelle stark gesunken ist, als er die Täter ansprach und er offenbar billigend in Kauf nahm, dass man auf ihn schoss. Die Einsicht in die Krankenakte hat ergeben, dass er jede weitere ärztliche Behandlung abgelehnt hat. Insofern können wir davon ausgehen, dass Halbach bereits mit seinem Leben abgeschlossen hatte.«
    Ulbricht hielt diese Theorie für Spinnerei, schwieg aber. Er wollte gerade die anstehende interne Ermittlung ansprechen, als die Bürotür aufflog und an die darunterliegende Wand schlug, um dann sanft zurückzupendeln. Ein hochgewachsener Mann mit kurzen Haaren, Brille und Maßanzug stürmte ins Büro. Unter dem Arm klemmte eine Aktenmappe aus Leder, in der freien Hand ein Pappbecher mit dampfendem Kaffee. Die Augen huschten ein wenig unstet umher, als er die Tür mit dem Absatz seiner italienischen Designerschuhe zu kickte.
    Ulbricht schwante Übles. Das war wahrscheinlich schon jemand von der internen Ermittlung. Sein Tag war gelaufen, und der Fall war für ihn so gut wie erledigt. Geistig verabschiedete er sich davon, die Mörder des alten Mannes zu verhaften. Das würden dann wohl auch die Kollegen der Internen erledigen. Aber genau betrachtet, konnte ihm das nur recht sein: Dann konnte er gleich nach Hause fahren, sich aufs Ohr hauen und ein paar Stunden Schlafdefizit nachholen. Er war schließlich nicht mehr der Jüngste.
    »Bin ich hier richtig im Elften?«, fragte der Fremde und blickte sich um.
    »Stockwerk oder Kommissariat?«, konterte Ulbricht unbeeindruckt.
    »Kriminalkommissariat natürlich«, erwiderte der Fremde etwas pikiert und trat an den Besprechungstisch. Die Gläser seiner Brille waren beschlagen, und an seiner tiefroten Gesichtsfarbe erkannte Ulbricht, dass der Mann Probleme mit der trockenen Heizungsluft im Präsidium zu haben schien.
    »Dann sind Sie hier richtig«, nickte Ulbricht. »Darf ich verdammt noch mal wissen, wer Sie sind und warum Sie hier so einfach reinplatzen?«
    »Dürfen Sie.« Der Anzugträger stellte den Kaffeebecher auf dem Tisch ab und legte die Mappe daneben. Ein feiner Geruch nach frischem Leder kroch in Ulbrichts Nase. Die vermessingten Schutzecken glänzten noch wie neu. Mit einer energischen Bewegung rückte sich der Fremde die dezent gemusterte Krawatte zurecht.
    Was die Bekleidung anging, so musste Ulbricht ihm durchaus Geschmack attestieren.
    »Mein Name ist Wolfgang Schaumert. Staatsanwaltschaft Wuppertal. Ich denke, wir arbeiten in diesem Fall zusammen.«
    Der Neuankömmling deutete auf die Fotos vom Tatort die Hummel auf dem langen Tisch ausgebreitet hatte.
    »Ich bin begeistert«, murmelte Ulbricht trocken und warf Heinrichs einen Hilfe suchenden Blick zu. Ulbrichts Assistent sprang hektisch auf, warf um ein Haar den Stuhl, auf dem er gesessen hatte, um und umrundete den Tisch, um dem Staatsanwalt den letzten freien Stuhl zurechtzurücken.
    »Heinrichs«, stellte er sich eilig vor und erntete dafür die mitleidigen Blicke der anwesenden Kollegen. »Ich bin der…«
    »Speichellecker«, brummte Ulbricht und räusperte sich dabei vernehmlich.
    »Assistent des Ersten KHK«, beendete Heinrichs den begonnenen Satz unbeeindruckt. »Freut mich sehr, Herr Staatsanwalt.«
    »Oberstaatsanwalt«, korrigierte Schaumert ihn und nahm Platz. Dann lächelte er freundlich in die Runde. »Aber ich denke, die Anrede mit den Dienstgraden können wir uns schenken. Ich arbeite bei der Staatsanwaltschaft, Sie bei der Polizei. Und in einem solchen«, er tippte auf eines der ausgebreiteten Bilder, »in einem solchen Fall sollten unsere beiden Behörden eher kollegial zusammenarbeiten.« Als die Runde schwieg und sogar Ulbricht
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