Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld
Autoren: David Ignatius
Vom Netzwerk:
sie zu dolmetschen. «Wie viel kostet der hier?», fragte sie und hielt einen Schuh mit Stiletto-Absatz hoch. «Zweihundert Pfund», antwortete Hoffman auf Arabisch. «Bieten Sie ihm einhundert», sagte sie gerissen. Und Hoffman tat es. Scheiß auf Charles Jourdan. Die Araber hatten das Geld, und sie konnten tun, was sie wollten. Der Saft floss jetzt in die umgekehrte Richtung.
    Aber eigentlich schien jeder ein Stück vom Kuchen abzubekommen, außer dem armen Mr. Pinta, der eine tote Frau hatte und niemanden, der ihm half, bis auf Sam Hoffman.
     
    Eine Ecke weiter fand Hoffman, was er suchte. Es war eine kleine Seitengasse, gerade breit genug für einen Müllwagen, die zum Hintereingang des grauen Bürogebäudes führte. Am Ende der Gasse befand sich auf einer Art Laderampe ein großer Müllcontainer. Hoffman ging schnell hin. Als er sich ihm näherte, spürte er eine angenehme Aufwallung der Angst. Er hievte sich auf die Rampe und öffnete vorsichtig den Container.
    Der Abfall war in grünen Plastiksäcken gesammelt worden. Hoffman öffnete den obersten Sack und ging den Inhalt durch. Er fand Zigarettenkippen, alte Zeitungen und Zeitschriften, nicht entzifferbare Telefonnachrichten und ein paar Bündel Altpapier mit dem Logo «Swami to the Stars». Er prüfte jedes Stück, fand aber nichts, was er mit Coyote Investment in Verbindung bringen konnte. Ein zweiter Sack enthielt eine ähnliche Ansammlung von Müll plus benutzte Teebeutel und Kaffeefilter. Ein dritter war voller Computerausdrucke, die vielversprechend aussahen, sich aber bei genauerer Prüfung als die Außenstände einer finnischen Import-Export-Firma herausstellten, die sich im neunten Stock befand. Ein vierter roch nach verfaulenden Melonen, und ein fünfter war voller feuchter Papiertücher. Aber der sechste Sack enthielt den Jackpot, den er gesucht hatte.
    Als Hoffman eines der zerknüllten Papiere oben im Sack auseinanderfaltete, sah er den Namen «Coyote» und darunter die Worte «Direktionsabteilung N. H. Hammud». Es war ein Memo an die Reiseabteilung mit der Bitte, die nötigen Arrangements für seinen Cousin Hussein zu treffen, der bald aus Bagdad eintreffen würde. Es war mit «Hammud» unterschrieben, und daneben hatte die Sekretärin «Vorstandsvorsitzender» getippt. Hoffman lächelte. Der Besitzer der mysteriösen Coyote Investment war also tatsächlich ein Iraki. Das war doch was.
    Der Rest des Sacks war hauptsächlich unbrauchbar. Aber ziemlich weit unten, in einer kleineren Plastiktüte, fand Hoffman einen Schatz. Er hätte ihn beinahe gar nicht geöffnet, so leicht war er. Aber als er die Tüte gegen das Licht hielt, sah er, dass sie winzige Papierstreifen enthielt. Es war der Abfallbeutel eines Aktenvernichters! Hoffman drückte die Lippen in einem Kuss gegen die Tüte. Das reichte für einen Nachmittag. Hammuds Memo und die Tüte fest im Griff, eilte er die Gasse hinunter zur Hauptstraße, bevor der Hausmeister mit der nächsten Ladung kam.
    Hoffman trug seine Beute durch den Hyde Park zu seinem Büro in der North Audley Street. Seine Begeisterung wuchs, als er anfing, die Papierfetzen auf dem Boden zusammenzusetzen – er legte die Streifen einen nach dem anderen aus und reihte die Stücke mit getippten Buchstaben wie bei einem Puzzle nebeneinander auf. Sie zusammenzufügen war leichter, als er erwartet hatte, und es fiel ihm plötzlich auf, dass es zu leicht war. Bis auf ein paar Zeilen in einer Ecke waren die Streifen alle leer.
    Nachdem er mehrere davon zusammengesetzt hatte, erkannte Hoffman, dass es alles leere Blätter Firmenpapier waren. Jedes hatte oben den gleichen Briefkopf. «Oscar Trading Co., S. S.», gefolgt von einer Postfachnummer in Panama City, Panama. Darunter waren zwei Telefonnummern – eine in Tunis, die andere in Genf. Und sonst nichts. Er klebte einen Musterbogen mit Tesafilm zusammen und legte ihn in eine Schreibtischschublade. Er war so enttäuscht, dass er erst sehr viel später darauf kam, sich zu fragen, wieso jemand sich die Mühe machen sollte, leeres Firmenpapier in den Aktenvernichter zu geben.

3
    Lina Alwan zählte zu den Schweigsamen. Ihr Büro war ein kleiner Raum in der Buchhaltungsabteilung von Coyote Investment, auf der anderen Seite des Flurs, wo die Computer standen. Auf dem grauen Metallschreibtisch stand eine Lampe, zusammen mit Bildern ihrer Eltern in Silberrahmen, die sie einmal die Woche polierte. Ansonsten war das Büro ebenso spartanisch wie die der anderen «vertrauenswürdigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher