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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)
Autoren: Kjell Ola Dahl
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den Sessel, auf dem Edel immer gesessen hatte.
    Dabei fiel ihm auf, dass Tove, wenn sie ihn besuchte, nie auf diesem Sessel saß. Gleichzeitig musste er zugeben, er selbst saß auch nie dort. Warum hatte er sich nie von ihm getrennt?
    Das Telefon klingelte.
    Es war Vibeke Starum. Ihre Stimme klang tonlos und wenig optimistisch. »Die Festplatte ist nirgends zu finden. Wir haben jedes Teil in ihrem Medizinschrank umgedreht, in ihrem Kühlschrank und anderen Schränken, wir haben Toilettenspülkästen und Abflüsse demontiert, Matratzen und Kissen überprüft. Es gibt keinen Millimeter in dieser beschissenen Wohnung, den wir nicht untersucht haben.«
    Er hielt das Handy ans Ohr. Ging zu dem leeren Sessel, den er die ganze Zeit angestarrt hatte, und setzte sich, steif, auf den äußersten Rand. Dann sagte er: »Sie werfen das Handtuch?«
    »Bald. Warten Sie«, sagte sie, »Ich rufe gleich zurück.«
    »Was ist denn?«, fragte er scharf. »Haben Sie etwas gefunden?«
    »Nein«, flüsterte Starum. »Aber wir bekommen Besuch, von der Wohnungsinhaberin. Ich rufe wieder an.«
    Gunnarstranda stand auf, ging rückwärts in die Mitte des Wohnzimmers und betrachtete den leeren Sessel. Groß und schwer okkupierte er mehrere Quadratmeter des Raumes. Warum zum Teufel habe ich den Sessel nicht längst weggeworfen ?
    Er ging um den Tisch herum und setzte sich in den Sessel, in dem er gesessen hatte, bevor das Telefon klingelte. Besser. Er überlegte, ob er sich ein Glas Malt-Whisky einschenken sollte, und sah sofort auf die Uhr. Es war mittlerweile elf Uhr abends. Aus irgendeinem Grund gab es Gedanken, die unwillkürlich dazu führten, dass er auf die Uhr sah. Ich will einen Machallan , dachte er, und außerdem will ich ein paar Züge von einer Selbstgedrehten .
    Er stand auf und holte sich eine noch ungeöffnete Flasche aus der alten Seemannskiste neben dem Fernseher. Öffnete den Eckschrank und fand ein flaches, breites Glas. Schenkte das Glas halb voll und sog den Duft des zwölf Jahre alten Malt-Whiskys ein, hob das Glas und sah in die braunrote Flüssigkeit, die ihn an Teak und Kirschbaumholz denken ließ. Die Zigarette fiel ihm wieder ein, und er stellte das Glas ab. Aus dem Eckschrank holte er ein neues Päckchen Tabak. Es duftete säuerlich. Er öffnete ein ebenfalls neues Päckchen Zigarettenpapier, verteilte ein Häufchen Tabak auf einem Blättchen, entfernte die etwas gröberen Tabakteile, rollte die Zigarette gekonnt ein, leckte am Papier und klebte sie zu, um dann die Reste des Tabaks, der an beiden Seite herausragte, abzukneifen. Er legte die Zigarette neben das Glas mit dem Whisky und genoss den Kontrast zwischen der Farbe der Flüssigkeit und der weißen Zigarette, als das Telefon erneut klingelte.
    Er steckte sich die Zigarette an und blies einen Rauchring in die Luft, bevor er abnahm.
    »Ich bin es noch einmal«, sagte Vibeke Starum mit leiser Stimme. »Maria Hoff war hier und ist wieder gegangen. Sie hat behauptet, sie sei gekommen, um ihr Auto zu holen. Die Frau ist kalt wie ein Schellfisch. Sie hat nicht einmal eine Augenbraue hochgezogen, als sie uns in der Wohnung vorfand. Ich glaube, die ganze Aktion hier war völlig umsonst. Sie muss die Festplatte bei der Arbeit aufbewahrt haben, und da kommen wir niemals dran.«
    Gunnarstranda dachte nach. An dem Tag, als sie beide Maria Hoff vernommen hatten, war sie erschrocken gewesen. Sie war nach Hause gefahren und über zwanzig Minuten in der Wohnung geblieben. In dieser Zeit musste sie die Festplatte ausgebaut haben, um dann das Gerät einzupacken und damit zur Mülldeponie zu fahren. Wenn die Festplatte nicht in der Wohnung war, wo konnte sie dann sein?
    »Sind Sie noch da?«, fragte Starum.
    »Ja.«
    »Was tun Sie gerade?«
    »Rauchringe blasen. Jeden Abend sitze ich mit einem Glas Schnaps und blase Rauchringe. Versuche, sie so zu blasen, dass sie in der Luft zittern und dann in das Glas sinken. Ich versuche das schon dreißig Jahre, ohne Erfolg.«
    »Tja, es macht jedenfalls keinen Sinn, hier weiterzusuchen.«
    »Wie lange ist es her, seit sie wieder gegangen ist?«
    »Ein paar Minuten«, sagte Vibeke Starum.
    »Das Auto«, rief Gunnarstranda aufgeregt. »Sie hat sie im Auto!« Weiter kam er nicht. Vibeke Starum hatte aufgelegt.
    Aus lauter Frustration blies er einen weiteren Rauchring. Zitternd sank er zur Öffnung des Glases hinunter. Traf auf den Rand und löste sich auf. Der halbe Ring blieb draußen. Eine Schicht aus blauem Rauch legte sich über den Whisky
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