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Blutengel: Thriller

Blutengel: Thriller

Titel: Blutengel: Thriller
Autoren: Michael Koglin
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geöffneten Fenster hinunter.
    »Sind Sie der Hamburger Kommissar?«
    Mangold nickte, und der Polizist wies zum Eingang des Mietshauses. Dunkler, von Wind und Wetter gegerbter Ziegel, drei Stockwerke, kleine, eckige Fenster.
    Im Treppenhaus kam ihnen ein Kriminaltechniker in seinem Overall entgegen und drückte ihnen blaue Überzüge für die Schuhe in die Hand.
    »Schutzanzug wird nicht nötig sein, wir haben so weit alles an Spuren gesichert.«
    »Und der Verantwortliche aus Kiel?«
    »Ist drin«, sagte der Kriminaltechniker. »Und noch etwas …«
    »Ja?«
    »Machen Sie sich auf was gefasst.«
    Hensen blickte mit einer theatralischen Geste zum Himmel, Tannen nickte nur stumm.
    Trotz der Warnung wich Mangold unvermittelt zurück, als er das Wohnzimmer betrat. Die männliche Leiche saß auf einem schwarz glänzenden Kunststoffreifen, der als Schaukel an der Decke befestigt war. Die Handgelenke hatte der Täter an die herabhängenden Seile gefesselt. Es sah aus, als wäre der Mann gestorben, als er gerade Schwung holen wollte. Der Oberkörper war so mit Isolierband umwickelt, dass er aufrecht auf der Schaukel sitzen blieb. Auf dem Teppich hatte sich ein kreisförmiges Muster aus Bluttropfen gebildet.
    »Ein Rentner auf der Liebesschaukel«, sagte der Gerichtsmediziner.
    »Liebesschaukel?«
    »Diese Dinger da werden in Sexshops verkauft, Beischlaf auf der Schaukel und so. Sexspielchen halt.«
    »Und das Blut?«
    »Er hat ihn draufgesetzt, die Vene in der Leiste mit einem scharfen Messer geöffnet und …«
    »Und?«
    »Geschaukelt. Während er ausblutete, hat er ihn geschaukelt. Immer schön im Kreis. Sehen Sie das Blutmuster auf dem Teppich?«
    Hensen zog seinen Skizzenblock heraus und begann die Szenerie zu zeichnen. Mangold überlegte einen Augenblick, ob das nun Abgebrühtheit war oder einfach professionell. Angeblich konnte sich der Journalist so besser auf die Details konzentrieren. Und bei ihrem letzten Fall hatte ihnen das entscheidend weitergeholfen.
    Aus einem Nebenraum trat ein Mann auf Mangold zu und streckte ihm die Hand entgegen. Mangold schätzte ihn auf etwa 50, Tweedjacke mit Lederflicken an den Ellenbogen, kariertes Hemd und dünne Haare, die mit viel Sorgfalt quer über die kahle Fläche seines Schädels gekämmt waren.
    »Harder, LKA Kiel«, sagte der Mann. »Und um es gleich zu sagen, wir haben nichts, jedenfalls nichts Brauchbares. Faserspuren und die hier aufgefundenen Fingerabdrücke müssen wir noch analysieren, aber das Tatwerkzeug, also das Messer, mit dem er die Leiste seines Opfers geöffnet hat, muss er mitgenommen haben. Ebenso das Werkzeug, mit dem er das Ding da an der Decke befestigt hat. Ein paar Kollegen sind schon unterwegs und suchen die Mülleimer und Gebüsche in der Umgebung ab.«
    »Und das Opfer? Besonderheiten?«
    »Karl Wengmann. Der Mann ist 72, Rentner. Völlig unauffällig, leicht gehbehindert. Ist vor mehr als 20 Jahren mit seiner Frau hierher gezogen. Verwitwet und … na ja, eben unauffällig.«
    »Fehlt etwas?«
    »Raub?«, meinte Harder. »Sieht nicht danach aus. Wir haben in einer Schublade 600 Euro Bargeld gefunden, auch der Flachbildschirm ist noch da. Passt außerdem nicht zu dieser Nummer auf der Schaukel. Nee, ein Raubmörder schnappt sich seine Beute und verschwindet. Außerdem …«
    »Außerdem …?«, fragte Mangold.
    Harder dirigierte ihn um den nackten, immer noch auf der Schaukel sitzenden Leichnam.
    »Sehen Sie die Wunde da am Oberschenkel?«
    »Abwehrverletzung?«
    »Sieht aus, als hätte sich der Täter da verewigt. Aber sicher sind wir uns erst, wenn der Pathologe den Leichnam auf seinem Tisch gehabt hat.«
    »Eine markante Täterhandschrift«, sagte Mangold.
    »Und was für eine. Genau deshalb sind Sie hier. Sie taucht zum zweiten Mal auf. Könnte der Beginn einer Serie sein.«
    Mangold beugte sich über die Wunde am Oberschenkel, konnte aber lediglich erkennen, dass der Täter etwas hineingeritzt haben musste.
    »Und was ist es? Eine Unterschrift?«
    »Keine Ahnung. Ihr Chef Wirch erwartet Sie und Ihre Leute in einer halben Stunde unten am Hafen. Das, was ich weiß, ist viel zu bruchstückhaft, außerdem …«
    »Ja?«
    »Ihr Kriminaldirektor Wirch hat mich um Zurückhaltung gebeten. Es geht um diese verfluchten Kompetenzen. Ein durchgedrehter Typ schlachtet einen Menschen ab, lässt ihn wie ein Schwein ausbluten – und wir unterhalten uns über Kompetenzen!«
    Einer der Forensiker stieß mit dem Oberkörper gegen die Seile der Schaukel. Der
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