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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz
Autoren: Timo Leibig
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Blazer, unter dem eine blütenweiße Bluse zum Vorschein kam, die ihre üppige Oberweite hervorhob. Ihre Augen waren zart, aber exotisch anmutend schattiert, das Dekolleté mit einer feinen, silbernen Kette mit dunkelrotem Herzanhänger geschmückt. Die noble Blässe ihres hellen Teints betonte noch mehr ihre Grazie und sie wirkte insgesamt wie das perfekte Vorbild für all die Businesspüppchen, die sich auf Messen mit dem strahlendsten Lächeln präsentierten, das man überhaupt aufsetzen konnte. »Die beiden Herren Beiersdorf und Kühnle sind soeben eingetroffen.«
    »Schicken Sie sie rein und Frau Schwarz, bieten Sie ihnen doch gleich noch einen Kaffee an.«
    Seine Sekretärin nickte und öffnete die Türe vollständig. Mit einer lasziven Geste bugsierte sie zwei Herren ins Büro, die alles andere als gut gelaunt wirkten. Ihre Frage nach einem Kaffee wurde nur mit einem Schnauben von Herrn Kühnle quittiert. Herr Beiersdorf hingegen wirkte unschlüssig, schwieg jedoch und folgte dem anderen Mann auf dem Fuß, wie ein kleiner, abgerichteter Chihuahua.
    Erik und sein Anwalt erhoben sich im selben Augenblick, wobei sie beide ihre Geschäftsmienen aufsetzen. Während die zwei Waldbauern auf sie zuliefen unterzog Erik beide einer genauen Musterung, da bisher nur Eschle die gesamten Verhandlungen geführt hatte.
    Kühnle stolzierte mit forschem Schritt voran und es war nicht zu übersehen, wer von den beiden das Wort ergreifen würde. Man sah es bereits an seinen grimmig funkelnden Augen, die Erik taxierten und ihm unmissverständlich sagten, dass Krieg herrschte. Beiersdorf hingegen wirkte verängstigt und zurückhaltend. Seine blauen Augen lagen müde in tiefen Höhlen und dunkle Augenringe umrandeten die Augenpartie. Er war sichtlich erschöpft. Er hätte einen Kaffee gut vertragen können. Er war der Knackpunkt. Er würde nachgeben und als erster der beiden sein Angebot annehmen. Wenn das passieren sollte, war es nur eine Frage der Zeit, bis der andere fiel. Es war wie beim Schach: Fiel der Bauer, der Deckung gab, war die andere Figur ebenfalls so gut wie tot. Würde Beiersdorf nachgeben, dann stand Kühnle alleine auf weiter Flur.
    Die beiden kräftigen Männer waren heran und Erik reichte routiniert Herrn Beiersdorf zuerst die Hand. Der eindringliche Geruch einer gerade gequalmten Zigarette war zu vernehmen.
    »Herzlich Willkommen. Nehmen Sie doch bitte Platz. Darf ich Ihnen etwas anderes anbieten? Ein Glas O-Saft vielleicht? Oder ein Weißbier?«
    »Nix können Sie mir anbieten. Weder a Glas Saft noch an Batzen Geld! Ich lass mi net aus meinem Heim vertreiben, nur weil Sie als geldgieriger Hai a Waldhotel bauen möchten.« Die Kriegserklärung von Kühnle war ausgesprochen. Er blieb vor dem Glastisch stehen und verschränkte demonstrativ die bulligen Arme. Beiersdorf schwieg.
    »Nun setzen Sie sich doch erst mal. Mit diesem Ton kommen wir alle nicht weiter.« Eschle schaltete sich sofort in die Verhandlung ein. Jetzt würde sich zeigen, ob er sein Geld wert war oder nicht. »Herr Kühnle, Herr Beiersdorf, ich hatte Ihnen ein lukratives Angebot unterbreitet, das bereits beträchtlich über denen der anderen Waldbauern lag. Alle haben zugestimmt nur Sie beide nicht. Sogar der Bauausschuss hat dem ganzen seinen Segen gegeben und ich sage es ganz offen, an ein Paar Euro soll es nun auch nicht scheitern.«
    Beiersdorf wollte etwas erwidern, doch Kühnle kam ihm zuvor. »Mich interessiert Ihr dreckiges Geld net. Sobald die Bürgerinitiative durch ist, werden Sie sich Ihre Pläne an den Hut stecken können.« Von sich selbst überzeugt reckte Kühnle sein kantiges Kinn angriffslustig nach vorne. Er erinnerte Erik an Rambo, der sich grimmig ins Gefecht stürzen wollte.
    »Herr Kühnle.« Eschle legte einen Kunstpause ein, »zu ihrer Information: Die Bürgerinitiative hat sich heute Mittag aufgelöst. Der Bauausschuss hat einstimmig für das Projekt gestimmt und alle anderen Formalitäten sind bereits durchgeführt. Sogar das Kloster hat unserem Wunsch entsprechend reagiert.«
    Eine knackige Lüge. Eschle spielte wirklich alle Karten aus. Er witterte seine Chance und setzte alles auf eine Karte. Der Mann gefiel Erik immer besser. Das Kloster hatte sich nämlich noch gar nicht auf ihre Anfragen gemeldet, doch dies sollte das kleinste Problem werden. Herr Kühnle war die Nuss, die es zu knacken gab und bei den letzten Worten von seinem Anwalt hatte die harte Schale einen ersten Riss bekommen.
    Zum ersten Mal meldete sich
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