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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz
Autoren: Timo Leibig
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zielgerichtet lenkt und steuert. Der Mensch wird zu einem Werkzeug der Natur und dieses Werkzeug sind wir. Der Orden. Meine Brüder und ich.
    Aber das ist noch nicht alles!
    Das Kollektiv hat sich nach Jahrhunderten entschlossen, sich nicht nur zu schützen, sondern anzugreifen. Sie hat lange genug zugesehen, wie sie von uns Menschen vernichtet wird. Immer weiter. Es bestand lange Zeit die Hoffnung, dass der Mensch irgendwann einsehen würde, dass er falsch handelt, aber wir haben es nicht eingesehen. Wir machen weiter. Immer weiter. Die schier endlose Geduld des Kollektivs ist nun verbraucht.
    Also bleibt nur noch eine Möglichkeit: Ein beispielsloses Exempel zu statuieren.
    Und das ist die Wende! Sie hat bereits begonnen! Seht diese Schneeflocken. Ein Werk meiner Brüder. Die Wende ist heran und nicht mehr aufzuhalten. Die Welt wird im Chaos versinken.« Reimund lachte leise. »Ihr versteht es immer noch nicht, oder? Ich habe im Auftrag des Kollektivs mit einem Tornado halb Berlin zerstört. Ich habe die Küsten des Mittelmeeres mit einem Tsunami überschwemmt. Bruder Toss hat England unter Schnee begraben und wird nun ganz Europa in den Winter stürzen. Und das Gleiche passiert überall auf der Welt: Amerika, Asien, China, Russland, Afrika. Egal wo ihr hingeht, die Welt versinkt im Chaos. Im absichtlich herbeigeführten Chaos! Die Wende hat begonnen und ist nicht mehr aufzuhalten!“
    »Du bist wahnsinnig«, stellte Erik mit zitternder Stimme fest. »Ist dir klar, wie viele Menschen sterben werden? Millionen werden sinnlos verrecken!«
    Reimund schüttelte entschieden den Kopf. »Nein Erik, du liegst falsch. Sie sterben nicht sinnlos. Die Erde ist dem Untergang geweiht, wenn wir die Menschheit nicht dezimieren. Wir rasen auf den Abgrund zu und das Kollektiv versucht die Notbremse zu ziehen.
    Du hast Recht. Milliarden werden sterben, nicht nur Millionen! Aber nicht umsonst. Sie hinterlassen die Erde in einem bereinigten Zustand. Die wenigen, die überleben, können von vorne beginnen. Sie werden die Lektion gelernt haben und dann im Einklang mit der Natur eine neue Welt aufbauen. Eine Symbiose. Kein Schmarotzertum. Kein Parasitismus. Das ist die Wende. Der Beginn eines neuen Zeitalters.
    Die Erde kann sich erholen. Noch ist es nicht zu spät. Aber fast.
    Aber deswegen müsst ihr auch sterben. Du, Erik, hast uns in einer Phase bedroht, in der wir kurz vor der Wende standen. Wäre etwas an die Medien gedrungen, wäre es uns unmöglich geworden, den Auftrag des Hains durchzuführen. Und es wäre immer noch gefährlich, euch laufen zu lassen. Die schnell vernetzte Welt ist unser Feind. Facebook, Twitter und Co. würden die Neuigkeiten schneller als jedes Lauffeuer verbreiten. Wir wären der Buhmann der Welt, obwohl wir sie doch nur retten wollen.«
    »Euer Verein ist größenwahnsinnig!« zischte Alexander. »Aus deinem Mund kommt nett verpackte Scheiße. Das Kollektiv! Der erste Wald! Die Wende! Eine neue Welt! Bullshit! Ich will wissen, wo Natalja ist. Wir werden von hier verschwinden. Jetzt sofort!«
    Die letzten Worte waren eine heiser ausgesprochene Drohung.
    Natalja stellten sich die Nackenhaare auf, so stark spürte sie den Hass ihres Bruders.
    »Selbst wenn ich dir sage, wo sie ist, wird es dir nichts bringen«, erwiderte Reimund kalt. Alexanders Drohgebärden zeigten bei ihm offensichtlich wenig Wirkung. »Sie ist hier in sicheren Händen. Sie wird die Wende überleben. Ihr nicht. Hier hat sie eine Chance auf eine Zukunft. Draußen nicht.«
    Natalja reichte es. Sie hatte genug von Reimunds Worten gehört. Ihr Bruder hatte Recht. Sie mussten von hier verschwinden, solange es noch möglich war.
    Sie hörte sich selbst laut »ALEXANDER!« schreien.
    Als ihre Stimme durch die Säulen tönte und den Hain erreichte, riss der Rabe überrascht den Kopf zu ihr herum.
    Im selben Augenblick leuchteten Reimunds Hände gefährlich blau auf.
    Gleichzeitig krachte ein Schuss durch die Nacht.
    ***
     
    Der flackernde Schimmer, der von Reimunds Händen ausstrahlte, tauchte Alexanders Blickfeld für einen Moment in kränklich bläuliches Licht.
    Der Schuss, der sich gleichzeitig krachend neben ihm löste, hallte ohrenbetäubend in seinem Trommelfell wieder. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht sah Alexander, wie Bruder Raphaels Kopf nach hinten zuckte. Etwas am Hinterkopf wurde dabei abgesprengt, ließ Blut und Gehirn durch die Luft spritzen. Die Augen des Mönchs standen vor Überraschung weit offen.
    Auch Erik taumelte keuchend
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