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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew
Autoren: Stephen King
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mit«, sagte ich. »Sehen wir uns den Schaden an.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Wenn ich Schäden betrachten will, kann ich mich ins Wohnzimmer setzen.«
    »Dann mach einen kleinen Jungen glücklich.«
    Wir gingen Hand in Hand die Steintreppe hinab. Wir waren gerade auf dem ersten Absatz angelangt, als Billy aus der anderen Richtung angesaust kam und uns fast über den Haufen gerannt hätte.
    »Sachte!«, sagte Steff und runzelte ein wenig die Stirn. Vielleicht sah sie im Geiste, wie er in dieses tödliche Leitungsnetz hineinraste anstatt in uns beide.
    »Das müsst ihr sehen«, keuchte Billy. »Das Bootshaus ist total kaputt! Ein Dock liegt auf den Felsen … und Bäume in der Bootsbucht … Herrgott!«
    »Billy Drayton!«, donnerte Steff.
    »’tschuldige, Ma … aber du müsstest … o Mann!« Und schon war er wieder weg.
    »Der Unheilsbote hat gesprochen und zieht von dannen«, sagte ich und Steff musste wieder kichern. »Hör zu, wenn ich diese Bäume über der Auffahrt durchgesägt habe, werd ich beim Zentralen E-Werk in der Portland Road vorbeifahren und Bescheid sagen, was bei uns los ist. Okay?«
    »Okay«, sagte sie erleichtert. »Was glaubst du, wann du fahren kannst?«
    Ohne den großen Baum – den mit dem schimmeligen Mooskorsett – hätte ich die Arbeit in einer Stunde geschafft. Aber mit diesem Schwergewicht würde ich kaum vor elf fertig sein.
    »Dann mache ich hier für dich Mittagessen. Aber du musst nachher im Supermarkt einiges für mich einkaufen … wir haben fast keine Milch und Butter mehr. Außerdem … na ja, ich werde dir eine Liste machen.«
    Kaum passiert eine Katastrophe, werden Frauen zu Hamstern! Ich umarmte sie und nickte. Wir setzten unseren Weg ums Haus fort. Auf den ersten Blick verstanden wir, warum Billy ein bisschen außer sich gewesen war.
    »Ach Gott«, murmelte Steff mit schwacher Stimme.
    Unser Standort war hoch genug, um das Ufer fast eine Viertelmeile weit überblicken zu können – das Anwesen der Bibbers links von uns, unser eigenes und Brent Nortons rechts.
    Die riesige alte Tanne, die unsere Bootsbucht bewacht hatte, war auf halber Höhe abgeknickt. Was von ihr übrig war, sah aus wie ein roh zugespitzter Bleistift, und das Bauminnere wirkte glänzend weiß und wehrlos gegen die vom Alter und Wetter dunkel gewordene Rinde. Die obere Hälfte der Tanne – etwa dreißig Meter – lag in unserer schmalen Bootsbucht, teilweise unter Wasser. Ich dachte, dass wir großes Glück gehabt hatten, dass unser kleiner »Star Cruiser« nicht darunter begraben war. Er hatte eine Woche zuvor einen Motorschaden gehabt und wartete in der Werft von Naples geduldig darauf, repariert zu werden.
    Auf der anderen Seite unseres kleinen Küstenstreifens lag ein anderer großer Baum auf dem Bootshaus, das mein Vater gebaut hatte – dem Bootshaus, das einst eine 18-Meter-Jacht beherbergt hatte, als das Vermögen der Familie Drayton größer gewesen war als jetzt. Ich sah, dass es derjenige war, der auf Nortons Seite der Grundstücksgrenze gestanden hatte. Das trieb mir die Zornesröte ins Gesicht. Der Baum war seit fünf Jahren abgestorben gewesen, und Norton hätte ihn schon längst fällen lassen sollen. Nun hatte unser Bootshaus seinen Fall nach drei Vierteln des Weges aufgehalten. Das Dach sah trunken und windschief aus. Die Schindeln aus dem Loch, das der Baum geschlagen hatte, waren vom Wind in der ganzen Umgebung des Bootshauses verstreut worden. Billys Beschreibung »total kaputt« konnte nicht treffender sein.
    »Das ist Nortons Baum!«, sagte Steff. Und sie sagte es mit so gekränkter Eitelkeit, dass ich trotz meines eigenen Kummers lächeln musste. Die Fahnenstange lag im Wasser, und die Flagge »Old Glory« trieb als durchgeweichtes Bündel daneben. Und ich konnte mir Nortons Antwort vorstellen: Verklagen Sie mich doch!
    Billy stand auf dem Felsen, der uns als Wellenbrecher diente und betrachtete das Dock, das angespült worden war. Es hatte fröhliche blaue und gelbe Farbstreifen. Er warf uns über die Schulter hinweg einen Blick zu und rief vergnügt: »Es gehört den Martinses, richtig?«
    »Richtig«, sagte ich. »Gehst du rein und fischst die Flagge raus, Big Bill?«
    »Klar!«
    Rechts vom Wellenbrecher befand sich ein kleiner Sandstrand. 1941, bevor Pearl Harbor die große Wirtschaftskrise mit Blut ausbezahlte, hatte mein Dad einen Mann eingestellt, der den feinen Sand mit dem Laster – sechs Wagenladungen voll – herbeischaffen und etwa auf Brusthöhe von
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