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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew
Autoren: Stephen King
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mir aufschütten musste, also rund eineinhalb Meter. Der Arbeiter verlangte achtzig Piepen für die Sache, und der Sand ist nie in Bewegung geraten. Wie dem auch sei, man kann heute keinen Sandstrand auf seinem Land mehr aufschütten. Jetzt, wo die Abwasser der blühenden Bauindustrie die meisten Fische getötet und den Rest praktisch ungenießbar gemacht haben, hat die Umweltschutzbehörde das Anlegen von Sandstränden verboten. Wissen Sie, die könnten die Ökologie des Sees durcheinanderbringen, und momentan ist es allen, außer Baubonzen, gesetzlich verboten, das zu tun.
    Billy watete zur Flagge, dann blieb er stehen. Im selben Moment spürte ich, wie Steff in meinem Arm steif wurde, und sah es selbst: die Harrison-Seite des Sees war verschwunden. Sie war unter einer grellweißen Nebelbank begraben wie unter einer vom Himmel gefallenen Schönwetterwolke.
    Mein nächtlicher Traum fiel mir wieder ein, und als Steff mich fragte, was das sei, wäre mir um ein Haar das Wort Gott entschlüpft.
    »David?«
    Man konnte nicht einmal eine Andeutung des Ufers dort drüben sehen, aber da ich den See jahrelang betrachtet hatte, war ich überzeugt, dass das Ufer nicht weit entfernt sein konnte; möglicherweise nur Meter. Der Rand des Nebels war schnurgerade.
    »Was ist das, Dad?«, rief Billy. Er stand bis zu den Knien im Wasser und tastete nach der durchnässten Flagge.
    »Nebelbank«, sagte ich.
    »Auf dem See? «, fragte Steff zweifelnd, und ich konnte Mrs. Carmodys Einfluss in ihren Augen sehen. Verdammtes Weib! Mein eigenes flüchtiges Unbehagen legte sich wieder. Träume sind schließlich nichts Handfestes – ebenso wenig wie Nebel.
    »Sicher. Du hast doch schon oft Nebel über dem See gesehen.«
    »So einen noch nie. Der sieht mehr wie eine Wolke aus.«
    »Das liegt an der grellen Sonne«, sagte ich. »Wenn man mit dem Flugzeug über Wolken fliegt, sehen sie genauso aus.«
    »Aber woher kommt er? Wir haben sonst nur bei feuchtem Wetter Nebel.«
    »Jetzt haben wir ihn auch so«, sagte ich. »Zumindest in Harrison. Es ist ein Überbleibsel des Sturms, weiter nichts. Zwei Fronten, die aufeinandergeprallt sind. Irgend so was.«
    »David, bist du dir da ganz sicher?«
    Ich lachte und legte meinen Arm um ihren Nacken. »Nein, ich verzapfe bestimmt einen hanebüchenen Unsinn. Wenn ich mir sicher wäre, könnte ich die Wettervorhersage in den Sechsuhrnachrichten machen. Geh jetzt, und stell deine Einkaufsliste zusammen.«
    Sie warf mir einen zweifelnden Blick zu, schirmte mit der Hand ihre Augen vor der Sonne ab und betrachtete kurze Zeit die Nebelbank. Dann schüttelte sie den Kopf. »Sonderbar!«, sagte sie und ging aufs Haus zu.
    Für Billy hatte der Nebel seine Neuartigkeit verloren. Er hatte die Flagge und eine Taurolle aus dem Wasser gefischt. Wir breiteten sie zum Trocknen auf dem Rasen aus.
    »Ich hab gehört, dass es ein Verbrechen ist, wenn man die Flagge jemals den Boden berühren lässt«, sagte er in einem geschäftsmäßigen Erledigen-wir-das-rasch-Ton.
    »Ja.«
    »Ja. Victor McAllister sagt, dass Leute dafür lektrizitiert werden.«
    »Dann sag Vic mal, dass er voll von dem Zeug ist, das Gras grün macht.«
    »Pferdescheiße, richtig?« Billy ist ein kluger Junge, aber seltsam humorlos. Für ihn ist alles eine ernste Angelegenheit. Ich hoffe nur, dass er lange genug leben wird, um zu lernen, dass diese Einstellung in unserer Welt sehr gefährlich ist.
    »Ja, richtig, aber erzähl deiner Mutter nicht, dass ich das gesagt habe. Wenn die Flagge trocken ist, werden wir sie zusammenlegen. Wir werden sie sogar zu einem Dreispitz falten, damit wir hier auf sicherem Grund und Boden sind.«
    »Daddy, werden wir das Bootshausdach reparieren und eine neue Fahnenstange anbringen?« Zum ersten Mal sah er etwas ängstlich aus. Er hatte wohl für die nächste Zeit genug von Verwüstungen.
    Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Du bist verdammt schlau.«
    »Darf ich zu den Bibbers rüber und schauen, was dort passiert ist?«
    »Nur ein paar Minuten. Sie werden auch beim Aufräumen sein, und manchmal haben die Leute dann eine Wut im Bauch.« So wie ich im Augenblick auf Norton.
    »Okay. Tschüs.« Und weg war er.
    »Steh ihnen nicht im Weg herum. Und noch was, Billy!« Er blickte sich um.
    »Denk an die Stromleitungen. Wenn du noch andere siehst, bleib weg!«
    »Klar, Dad.«
    Ich stand da und betrachtete zuerst noch einmal den Schaden, dann starrte ich wieder auf den Nebel. Er schien näher zu sein, aber es war schwer, das mit
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