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Blut im Schnee

Blut im Schnee

Titel: Blut im Schnee
Autoren: Sophie R. Nikolay
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besser anfühlen würde, wenn du es selbst in die Hand nimmst. Dafür gehst du aber dann in den Bau.“
    Thorsten nickte. „Ich muss hier raus. Sollen wir was frühstücken gehen?“
    Kim sprang sofort auf. „Du glaubst gar nicht, wie sehr ich das verstehe.“
    Fünf Minuten später waren sie auf dem Weg runter in die Stadt. Thorsten hatte keine Ahnung, wohin Kim mit ihm in ihrem knallroten Mini Cooper fuhr, es war ihm auch egal. Hauptsache raus aus dem Haus, das nur noch eine leere Hülle zu sein schien, selbst wenn er darin war.
     
    ***
     
    Gruber wusste inzwischen, wann Martin Brauer den Deutschen Hof verlassen hatte. Er war mit einigen der anderen Gäste losgezogen und Bärbel Stockmann, eine ehemalige Mitschülerin, die im Hotel geschlafen hatte, wusste auch, wohin. Sie war beleidigt gewesen, als die anderen sie nicht hatten mitnehmen wollen. Einer der Männer hatte sie ausgelacht und gesagt, sie würden in die Hafenmelodie gehen, da hätte sie als Frau ja nichts zu suchen. Gruber fragte sich allerdings, was Martin Brauer da gewollt hatte. Zumindest musste er dem Nachtclub jetzt auch noch einen Besuch abstatten. Allerdings glaubte er kaum, dass er am noch recht frühen Sonntagmorgen jemanden dort antreffen würde.
    Stattdessen rief er zwei seiner Kollegen an, die sich um den Wagen von Brauer kümmern sollten. Dieser stand auf dem Hotelparkplatz. Eine zugeschneite Limousine Marke BMW. Nun fragte er sich, ob die Gruppe zu Fuß bis in die Karl-Marx-Straße gelaufen, oder mittels Fahrgemeinschaft zu dem Club aufgebrochen war. Um alle Details zu klären, musste jeder Einzelne befragt werden, der mit Martin Brauer zusammen gewesen war.
     
    ***
     
    Kim lenkte den Wagen in eine Parklücke, während Thorsten nur nach vorne durch die Scheibe starrte. Er hatte nichts mehr gesagt, seit sie das Haus verlassen hatten. Was sollte er auch großartig Worte verlieren, wenn er gar nicht die fand, die ausdrückten, was er fühlte?
    „Wolltest du jetzt hier sitzen bleiben und Wurzeln schlagen?“
    Thorsten antwortete nicht, löste aber den Gurt und stieg aus. Sobald er die Füße auf dem Boden stehen hatte, sortierte er all seine Extremitäten zurück in ihre normale Position. Mit seinen eins vierundneunzig war er nicht sonderlich Mini tauglich. Es wunderte ihn, dass Kim dieses Auto gekauft hatte, denn für eine Frau war auch sie mit etwa eins fünfundsiebzig nicht gerade klein.
    Warum mache ich mir jetzt über so etwas Gedanken?
    „Darf ich dich etwas fragen?“ Kim sah ihn von der Seite an, als sie nebeneinander in Richtung Innenstadt liefen.
    Thorsten zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“
    „Weißt du eigentlich, dass ich dich immer beneidet habe? Du konntest Martin so nah sein, wie ich es nie hätte sein können. Es gab eine Zeit, da habe ich gehofft und mir gewünscht, da wäre mehr als Freundschaft. Es hat lange gedauert, bis ich darüber hinweg war. Ich würde gerne wissen, ob ihr Pläne hattet. Vielleicht klingt das jetzt blöde für dich, aber Martin war in vielen Dingen Perfektionist, und ich würde wetten, er hat für den Fall der Fälle sogar ein Testament hinterlegt.“
    Die weiße Wolke, die aus Thorstens Mund stob, als er heftig die Luft ausstieß, wurde von einem leicht entsetzten Ton begleitet. Wie konnte sie nur so denken? Die gemeinsame Zeit mit Martin war doch viel zu kurz gewesen und es gab nichts, was daran beneidenswert wäre. Eher das Gegenteil war der Fall. In ihm herrschten Leere und das ohnmächtige Gefühl, dass sich an der Situation nichts ändern ließe, gleich, was er tat. Es kam ihm so vor, als habe sich der schwarze Mantel der Traurigkeit nicht nur auf ihn gelegt, sondern ihn vollkommen ausgekleidet.
    „Kim! Wie kannst du jetzt an so was denken! Und außerdem bist du es, die zu beneiden ist. Du hast ihn jahrelang gekannt. So viel Zeit! Die ich mit ihm nicht hatte.“
    „Ja, irgendwie schon. Als Freundin, vielleicht wie die kleine Schwester … du aber bist der, der mit ihm Dinge geteilt hat, die ich nicht hatte. Zweisamkeit, Leidenschaft. Glaub mir, du kanntest ihn besser als ich.“
    Thorsten verdrehte die Augen. Dafür konnte er sich auch nichts kaufen. Martin käme nicht zurück, egal wie er es drehte und wendete. Das Schicksal war nicht bestechlich, das wusste er nur zu gut aus seinem alten Leben. Er war nicht gläubig, absolut nicht. Aber jetzt im Moment wünschte er sich, es gäbe Himmel und Hölle. Martin wäre sicher gut aufgehoben dort oben bei all den Engeln. Und für den
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