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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)
Autoren: Patricia Cornwell
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Schwierigkeiten gebracht hatte, schienen hinter ihr zu liegen. Sie hatte keine Inkassounternehmen mehr im Nacken, musste nicht mehr ungedeckte Schecks ausschreiben und alle paar Monate von einer heruntergekommenen Wohnung in die nächste ziehen. Und sie betrank sich nicht mehr in der Öffentlichkeit.
    »Kings Bay?« Colin nimmt an, dass Gabe Mullery beruflich mit dem knapp hundertfünfzig Kilometer entfernten Heimathafen der mit Atomwaffen bestückten Trident-II-U-Boote zu tun hat, die zur Atlantikflotte gehören.
    »Ich bin Taucher und Sanitätsoffizier der Reserve«, entgegnet er. »Und ich arbeite hier im Regional Hospital. Notfallmedizin.«
    Wieder ein Arzt in diesem Haus, denke ich, und ich hoffe, dass er hier glücklicher ist als Clarence Jordan. Vermutlich hatte der alle Hände voll damit zu tun, seine Frau zu bändigen, und das so diskret wie möglich. Sicher hat er sich dabei auf seine langjährige Freundschaft mit dem Vorstandsvorsitzenden des Medienkonsortiums verlassen, zu dem damals die wichtigsten regionalen Zeitungen, TV- und Radiosender gehörten.
    Deshalb wurde auch kein Wort darüber berichtet, als Gloria Jordan wieder in ihre alten Verhaltensmuster zurückfiel. Die Serie trauriger und demütigender Ereignisse begann im Januar 2001, als sie wegen Ladendiebstahls verhaftet wurde, weil sie ein teures Kleid unter ihren Sachen versteckt hatte, ohne zuvor die Diebstahlssicherung zu entfernen. Ein Schrei nach Aufmerksamkeit. Vielleicht aber steckten auch hinterhältigere Motive dahinter, wie ich beinahe vermute, seit ich Lucys Mail gelesen habe.
    Mrs. Jordan hat sozusagen um sich geschlagen, um ihren Mann zu bestrafen, der sie vernachlässigte und ausgesprochen konservative Vorstellungen hatte, was die Rolle und das Verhalten seiner Frau betraf. Und so hat sie sich gerächt, indem sie seinen Stolz, seine gesellschaftliche Rolle und seine unerträglich hohen Ansprüche unterminierte. Nicht einmal zwei Monate nach dem Ladendiebstahl in der Oglethorpe Mall fuhr sie mit dem Auto gegen einen Baum und wurde wegen Alkohols am Steuer angeklagt. Und vier Monate später, im Juli, rief sie in betrunkenem und aggressivem Zustand die Polizei an und behauptete, bei ihr zu Hause sei eingebrochen worden. Als die Detectives eintrafen, sagte sie aus, die Haushälterin habe Goldmünzen im Wert von mindestens zweihunderttausend Dollar gestohlen, die unter der Dachisolierung auf dem Speicher versteckt gewesen seien. Die Haushälterin kam nie vor Gericht, da Dr. Jordan der Polizei mitteilte, er habe die Münzen, eine Geldanlage, die er schon seit Jahren besäße, anderswo hingeräumt. Sie lägen wohlbehalten im Haus, und nichts fehle.
    Doch was wurde zwischen Juli und dem 6. Januar aus dem Gold? Natürlich hätte Dr. Jordan es verkaufen können, aber der Preis hatte 2001 einen historischen Tiefstand von knapp dreihundert Dollar die Feinunze erreicht. Er hätte mit Sicherheit abgewartet, bis die Preise wieder stiegen, zumal er das Gold bereits seit längerer Zeit besaß. Außerdem weist nichts auf finanzielle Schwierigkeiten hin, denn in seiner Steuererklärung aus dem Jahr 2001 werden Einkünfte und Zinserträge von über einer Million Dollar aufgeführt. Was auch immer aus dem Gold geworden sein mag, jedenfalls ist es offenbar erst nach den Morden verschwunden.
    Gloria Jordan hat eindeutig nicht von dem Goldschatz profitiert, obwohl sie es vermutlich war, die ihn am Nachmittag vor ihrer Ermordung an einem anderen Ort versteckt hat. Auch wenn die wahren Ereignisse wahrscheinlich für immer ein Geheimnis bleiben werden, habe ich aus den mir bekannten Tatsachen eine Theorie abgeleitet. Ich denke, sie hat den Einbruch inszeniert, um eine Erklärung für das Fehlen von Gegenständen zu haben, die sie selbst zu stehlen plante. Und dann hat sie sich überlegt, dass sie die Beute nicht mit einer oder mehreren Mitverschwörerinnen würde teilen müssen, wenn sie einfach vorgab, sie nicht finden zu können. Anscheinend habe ihr Mann das Gold schon wieder woanders hingeräumt. Es täte ihr schrecklich leid, aber schließlich sei es nicht ihre Schuld.
    Ich kann mir nur vorstellen, mit welchen Worten sie ihre Komplizin – oder waren sie zu zweit? – empfangen hat. Allerdings hatte sich Mrs. Jordan mit Menschen eingelassen, die so böse, intelligent und grausam waren, wie sie es sich in ihren schlimmsten Alpträumen nicht hat ausmalen können. Ich habe den Verdacht, dass sie in den frühen Morgenstunden des 6. Januar gezwungen worden
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