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Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)

Titel: Blut: Ein Kay-Scarpetta-Roman (German Edition)
Autoren: Patricia Cornwell
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Zweifel haben.« Ich schaue den Flur entlang zur Kontrollschleuse, wo sich einige Wachleute unterhalten. »Die Ermittlungsbehörden von Georgia, die Polizei, die Staatsanwaltschaft und das Gericht würden sicher nicht gestatten, dass Beweisstücke ohne triftigen Grund noch einmal getestet werden.«
    »Wahrscheinlich ist nicht auszuschließen, dass das Urteil aufgehoben wird. Auch andere könnten wegen guter Führung frühzeitig freikommen. Das gäbe einen fröhlichen Massenexodus im GPFW.« Der Blick der Direktorin ist hart, und inzwischen zeigt sich unverhohlene Wut darin.
    »Es ist nicht Jaime Bergers Aufgabe, Leute aus dem Gefängnis zu holen«, entgegne ich.
    »Offenbar hat sie die Seiten gewechselt. Ihre Stippvisiten in Haus Bravo waren bestimmt keine privaten Besuche.«
    »Wann genau war das? Wann war sie hier?«
    »Soweit mir bekannt ist, hat sie in Savannah eine Zweitwohnung, aber das ist nur Hörensagen«, tut sie die Information als Gerücht ab. Allerdings bin ich sicher, dass mehr dahintersteckt.
    Wenn Jaime im GPFW war, um eine Todeskandidatin zu befragen, hat sie zuvor sicher genau die gleiche Prozedur durchlaufen wie ich jetzt. Sie musste zuerst ein Gespräch mit Tara Grimm führen. Private Besuche, im Plural also. Eine Zweitwohnung, zu welchem Zweck? Das passt so gar nicht zu der New Yorker Staatsanwältin, die ich früher kannte.
    »Erst war sie hier, und jetzt kreuzen Sie auf«, fährt die Direktorin fort. »Ich habe den Verdacht, dass Sie kein Mensch sind, der an Zufälle glaubt. Ich gebe dem Wachpersonal Bescheid, dass Sie das Foto mitnehmen und Kathleen geben dürfen.«
    Während sie in ihr Büro zurückkehrt, folge ich dem langen blauen Flur zur Kontrollschleuse, wo ein Justizvollzugsbeamter in grauer Uniform und mit Baseballkappe mich auffordert, meine Taschen zu leeren und alles in ein Plastikkörbchen zu legen. Ich reiche ihm Führerschein und Autoschlüssel und erkläre ihm, das Foto sei von der Direktorin genehmigt. Der Auf- seher erwidert, er sei informiert, und ich könne es mitnehmen. Dann werde ich mit einem Scanner und mit der Hand abgetastet und bekomme einen Ausweis zum Anklipsen, auf dem steht, dass ich offiziell Besucher Nummer 71 bin. Auf meine rechte Hand stempelt man ein geheimes Codewort, das nur unter ultraviolettem Licht sichtbar sein wird, wenn ich später die Anstalt verlasse.
    »Sie kommen zwar rein, aber ohne Stempel nicht wieder raus«, verkündet der Aufseher, und ich kann nicht feststellen, ob er freundlich, witzig oder etwas ganz anderes sein will.
    Auf seinem Namensschild steht M. P. Macon, und er fordert die Zentrale per Funk auf, das Tor zu öffnen. Ein lautes elektronisches Summen ertönt, ein schweres grünes Metalltor gleitet auf und fällt hinter uns sofort wieder ins Schloss. Danach öffnet sich ein zweites, und ein Schild mit Besucherregeln weist mich in roten Buchstaben darauf hin, dass ich eine Einrichtung betrete, in der private Beziehungen zwischen Insassen und Mitarbeitern nicht gestattet sind. Der Fliesenboden ist frisch gebohnert, sodass meine Slipper kleben bleiben, als ich Officer Macon einen grauen Flur hinunter folge. Hier sind alle Türen aus Metall und abgeschlossen, und in sämtlichen Ecken sowie an den Kreuzungen zwischen zwei Korridoren hängen gewölbte Überwachungsspiegel.
    Mein Begleiter ist kräftig gebaut und strahlt eine Wachsamkeit aus, als befände er sich im Krieg. Ständig blicken seine braunen Augen in alle Richtungen, als wir eine Tür erreichen, die man nur per Fernbedienung öffnen kann. Wir treten hinaus auf den Hof und in die Hitze. Niedrig hängende Wolkenfetzen rasen über uns hinweg, als wollten sie einer herannahenden Gefahr entfliehen. In der Ferne zucken Blitze, Donner grollt, und die ersten Regentropfen hinterlassen beim Auftreffen auf dem Beton Flecken mit dem Durchmesser eines Vierteldollars. Ich rieche Ozon und frisch gemähtes Gras. Der Regen durchweicht mein dünnes Baumwollhemd, als wir weiterhasten.
    »Ich habe gedacht, dass es sich noch eine Weile hält.« Officer Macon schaut in den dunklen, aufgewühlten Himmel hinauf, der jeden Moment seine Schleusen öffnen wird. »Um diese Jahreszeit passiert das jeden Tag. Morgens scheint die Sonne, der Himmel ist blau, und es sieht nach einem wunderschönen Tag aus. Und dann, normalerweise so gegen vier oder fünf Uhr nachmittags, kriegen wir dann ein fürchterliches Gewitter. Wenigstens reinigt es die Luft. Heute Abend wird es angenehm kühl sein. Zumindest für diese
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