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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser
Autoren: László Darvasi
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Schuhe, Lehmklümpchen flogen ihren Fußsohlen hinterher, das Mädchen meinte die schmatzenden Geräusche zu hören. Einer der Jungen verhedderte sich in einem Fischernetz, verzweifelt gestikulierte er seinen Kameraden hinterher. Als der träge Schiffskörper auf der Höhe der Hexeninsel war, donnerten seine Mörser dreimal. Der Wind wehte ihnen leichte Wolken herüber. Vom stechenden Geruch des Schießpulvers musste Klara niesen, der Vater lachte, und sie sah unverwandt in den rasch verfliegenden Rauch.
    Ich will mich an alles erinnern. Sie schloss die Augen. Und das, woran ich mich erinnern kann, soll mir helfen! Und auch was nicht wichtig ist, soll morgen wichtig sein! Alles soll wichtig sein!
    An Deck des Schiffes schwenkte Graf István Széchenyi seinen Hut. Erschrocken sah das Mädchen den Vater an, er rang nach Luft, Klara hatte ihn noch nie so aufgewühlt gesehen. Nicht die Nähe des ambitionierten Grafen hatte ihn aus der Ruhe gebracht, das Schiff interessierte ihn, und nachdem es Anker geworfen hatte, bettelte er so lange, bis man ihn an Deck ließ, wo er dann aufgeregt den Maschinenraum und den Passagierbereich in Augenschein nahm, er streichelte das Steuerrad, den Fußboden und die Instrumente, betastete die Segeltaue, berührte vorsichtig die Stahlplatten des heißen Dampfschornsteins und des Rauchschornsteins, betrachtete die stampfende Dampfmaschine, umsich dann über die Treppe, die ins Schiffsinnere führte, in den Salon zu begeben, und von dort rief er, Klara, Klarika, das ist so wunderbar! Daran werden wir uns immer erinnern!
    Als er den Kopf herausstreckte, sagte er nur: Dass du deiner Mutter nichts davon erzählst!
    Was Pelsőczy vorhatte, war ebenso einfach wie absurd. Er musste Geld auftreiben, viel Geld. Und wer in seiner Umgebung, den er nicht schon angepumpt hätte, verfügte noch über beträchtliches und leicht bewegliches Kapital?! Nur ein einziger fiel ihm ein, Jónás Benedek, sein Schwiegervater, ein Grundbesitzer, der schon immer lamentierend auf mehr Geld saß, als er brauchte. Wenn die Rede auf Geld kam, hielt der Alte sich den Kopf und beklagte sich bitter. Dabei besaß er in Rochus ertragreiche Weingärten, und auf den Wiesen oberhalb der Stadt weideten seine fetten Herden. Dennoch nagten er und seine Frau fast am Hungertuch, und natürlich war auch die Mitgift seiner Tochter nicht so reichlich ausgefallen, wie Pelsőczy angenommen hatte.
    An dem Abend, an dem die einheimischen Herrschaften Széchenyi mit Wein aus der Gegend bewirteten und den Grafen davon zu überzeugen versuchten, dass es ihn an einen der malerischsten Orte des ungarischen Vaterlands verschlagen hatte, kleidete sich Pelsőczy sorgfältig an. Margits Hand schob er weg. Sie senkte den Kopf. Nicht dass sie sich selbst leidgetan hätte, nein, sie weinte vor Hilflosigkeit. Als sie wieder aufsah, war ihr Mann verschwunden. Doch hatte ihn nicht die Nacht verschluckt; kurze Zeit später klopfte sich Pelsőczy vor Frau Lénis Gasthaus den Lehm von den Schuhen, drinnen nahm er nach einigem Halsverrenken neben einer langnasigen Gestalt Platz, bestellte Wein und trat in ernsthafte Unterhandlungen.
    Herr Wurm widersprach und breitete theatralisch die Arme aus, oh, ich bitte Sie, was Sie verlangen ist unmöglich, Herr Pelsőczy!
    Wurzelmama kann man in Liebesdingen nicht beeinflussen!
    Pelsőczy verlor die Geduld, er schlug mit der Faust auf denTisch, dass die Gläser tanzten, und das brachte ihn wieder zur Besinnung, er erging sich in blumigen Phrasen und machte allerlei Versprechungen. Wurm betrachtete seine schmutzigen Fingernägel, irgendwann nickte er gnädig.
    Dann gibt es aber kein Zurück mehr, keine Ausreden, es sei nicht ernst gewesen! Mit Wurzelmama kann man keine Scherze machen! Das heißt, man kann, grinste Wurm, doch nur als Privilegierter.
    Er kippte den restlichen Wein hinunter.
    In Ordnung, Herr Pelsőczy, wir können es versuchen, doch alles hat seinen Preis. Sie wissen ja gar nicht, was für einen Preis!
    Das war keine Drohung, Wurm wollte nur bedeutender scheinen, als er in Wirklichkeit war.
    Als Wurzelmama am nächsten Vormittag auf dem Markt ihre Waren feilbot – gerade hatte sie ein paar Petersilienwurzeln und Kohlköpfe verkauft –, machte Wurm sich an sie heran, flüsterte ihr ins Ohr, er nahm sich sogar heraus, ihre Hüfte anzufassen. Einem anderen hätte sie für diese Dreistigkeit eins übergebraten. Wurm aber verdrehte die Augen und fuchtelte herum wie ein Dirigent. Wurzelmama schüttelte den
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