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BLUFF!

BLUFF!

Titel: BLUFF!
Autoren: Manfred Lütz
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vordrängt und in der der Tod, der wirkliche Tod, nicht vorkommt, die Liebe nicht und auch nicht das Gute, das Böse oder Gott. Es ist die Welt der Wissenschaft, der Psychologie, der Medien, der Ökonomie, der Plastikreligionen. Und diese Welten behaupten einfach dreist, aus ihnen bestünde die einzig wahre Welt, der richtige Film, und sie verkünden lauthals, dass jeder sein Leben verpasst, der nicht mitspielt in diesem Film, der angeblich, wie doch alle wissen, das Leben, das wirkliche Leben ist.
     
    Es gibt einen Kinofilm, der das beunruhigende Problem mit der wirklichen Welt, das wir alle haben, ob wir wollen oder nicht, bis zum Äußersten treibt: »Die Truman-Show« erzählt von einem jungen Mann, dessen Leben von Geburt an im Fernsehen gezeigt wird und der in einer künstlichen Welt voller raffinierter Kulissen und bezahlter Komparsen der Einzige ist, der wirklich echt ist, aber auch der Einzige, der das nicht weiß. Alles, aber auch wirklich alles, ist künstlich, der Himmel, das Meer, die kleine Stadt Seahaven, in der er lebt, und sogar das künstliche Lächeln seiner Frau ist wirklich künstlich, denn wie sein Vater und seine Mutter ist auch sie in das gigantische Spiel eingeweiht, das nur ihm selbst, Truman Burbank, verborgen bleibt.
    Das riesige Studio, das sogar von Satelliten aus zu sehen ist und in dem 5000 Kameras jede Bewegung von Truman verfolgen, hat eine Wand aus Pappmaschee. Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, der Mond und das Wetter, all das wird mit großem technischem Aufwand künstlich produziert, und alle Menschen, die Truman auf dem Weg zur Arbeit in einem Versicherungsunternehmen begegnen, sind Schauspieler, die stolz darauf sind, dass alle Welt sie sehen kann, dass Milliarden von Menschen sie tagein, tagaus beobachten können. Nur Truman selbst, der unfreiwillige Hauptdarsteller, hat keine Ahnung, dass alles in der Welt, in der er lebt, in Wahrheit falsch ist.
    Am Ende sind es kleine Pannen und die einzige echte Liebe einer Frau, die Truman Burbank misstrauisch machen. Er versucht zu fliehen, zu Fuß, im Auto und zum Schluss mit einem Boot, das ihn am Ende vor eine Pappwand bringt, auf der ein blauer Himmel gemalt ist. Der Star-Regisseur des Ganzen, ein gewissenloser und zugleich gefeierter Ästhet, der sogar die verlogenen Worte von Trumans Jugendfreund, »Ich würde dich nie belügen«, vorformuliert, der in Kauf nimmt, Truman ertrinken zu lassen, mit der zynischen Begründung: »Er wurde schließlich auch live vor dem Publikum geboren«, dieser »Schöpfer der Fernsehsendung, die Millionen Menschen inspiriert«, wie er selbst sagt, versucht ihn ganz am Schluss mit einfühlender Stimme aus dem gemalten Himmel vom Schritt durch die Tür nach draußen abzuhalten:
    »Da draußen findest du auch nicht mehr Wahrheit als in meiner Welt, aber in meiner Welt bist du sicher.«
    Doch diese Welt ist eine Fälschung, und in ihr gibt es dann eben auch keine echte Liebe. Der Himmel ist bloß Kulisse, und alles, restlos alles, wird gewissenlos der Unterhaltung, der Chance, durchs Fernsehen berühmt zu werden, und dem Profit geopfert, den diese lukrative Dauer-Soap mit eingestreuter Produktwerbung abwirft. »Du hast Angst, deshalb kannst du nicht weggehen«, versucht der diabolische Regisseur am Schluss aus seinem künstlichen Himmel herab Truman eindringlich zu beschwören. »Bitte Gott, du kannst es!«, sagt die Frau, die ihn liebt. Und Truman geht durch die Tür.
    Als am Anfang des Films jener Regisseur gefragt wird, warum Truman dreißig Jahre lang nichts gemerkt hat, gibt er die lapidare Antwort: »Wir akzeptieren die Welt, die uns dargeboten wird, so einfach ist das.« Genau das ist es, was den Film so beunruhigend macht.
    Und die Behauptung dieses Buches ist, dass wir alle, ob wir wollen oder nicht, weitgehend auch in so einer künstlichen Welt leben, mit der wir uns arrangiert haben, die wir mit den Jahren für die einzig wahre halten und die wir aus Gewohnheit oder aus Angst vor dem Unbekannten nicht aufgeben wollen. Wer die Regisseure der künstlichen Welten sind, in denen wir leben, das gilt es jetzt aufzuklären.
     
    Doch dies ist kein resignatives Buch, das bloß unsere vielfachen Verstrickungen beschreibt und hinter den Kulissen unseres Lebens nur Unrat und Niedertracht wittert. Denn am Schluss werden wir uns mit dem Ausgang befassen, den es erfreulicherweise für jeden von uns gibt. Die wichtigste Frage in der Psychiatrie ist bekanntlich: Wie geht es hier raus? Und genau diese Frage
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