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Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)

Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)

Titel: Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)
Autoren: Florian Sitzmann
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klären, haben Sie gute Chancen, den Umbau schnell und zufriedenstellend über die Bühne zu bringen.
    Die erste Wohnung von einem Menschen mit Handicap, die ich sah und die ich ganz wunderbar fand, war die von einem ehemaligen Chef. Diese Wohnung zu sehen, inspirierte mich bei der Auseinandersetzung mit meiner eigenen Wohnung, denn sie hatte überhaupt keine Merkmale, die darauf hätten schließen lassen, dass hier jemand wohnt, der im Rollstuhl sitzt. So normal wie möglich zu scheinen, das war fortan die Herausforderung für meine eigenen vier Wände.
    Ein ebenerdiger Eingang war Grundvoraussetzung. Dann natürlich eine Dusche, die ebenfalls bodengleich ist. Außerdem mussten auf jeden Fall breite Gänge und Bewegungsräume vorhanden sein, damit ich jeden Quadratzentimeter gut erreichen und sauber machen kann – ich habe es gerne rein und ordentlich.
    Diese Bewegungsfreiheit kann in kleinen Reihenhäusern allerdings nicht immer gewährleistet sein. Die sind zumeist nicht darauf eingerichtet, dass man da mit Fuhrpark statt Beinen unter dem Hintern wohnt. Doch hier kommt mittlerweile wieder der demografische Wandel ins Spiel. Auch Menschen mit Rollatoren wollen sich in Reihenhäusern bewegen. Und deswegen ist es gut möglich, dass in naher Zukunft auch klassische Reihenhäuser ganz anders aussehen. Wie in meiner Wohnung. Das barrierefreie Bad. Das nebenbei bemerkt nicht nur etwas für alte Leute und Menschen im Rolli ist, sondern es ist obendrein wirklich schick. Mir vermittelt mein Bad oft ein Gefühl von Urlaub, purer Luxus, geradlinige Eleganz – und sogar genug Platz für meine Tochter Emely, um darin zu tanzen. Und schon hat die Dusche noch einen Fan ...

    Es sind oft die Kleinigkeiten, die mir beim Wohnen Komfort bieten. Zum Beispiel, dass die Steckdosen in der richtigen Höhe montiert sind, sodass ich nicht Gefahr laufe, aus
meinem Stuhl zu fallen, nur weil ich mal den Stecker vom Staubsauger anschließen möchte. Oder dass ich leicht zum Öffnen ans Fenster kann, denn sobald eine Couch davor steht, ist es für mich schon wieder schwierig. Raus aus dem Stuhl, rauf auf die Couch, Fenster aufmachen, runter von der Couch und wieder rein in den Stuhl. Was für ein Aufwand. Und dasselbe noch mal, wenn ich es wieder schließen will. So viel Akrobatik für einen Handgriff – das muss nicht sein.
    Deswegen ist es klar, dass zwischen Couch und Fenster genügend Abstand sein muss, damit ich mit dem Rollstuhl durchkomme. Und das muss wiederum das Zimmer hergeben.
    Die Möbel dürfen für mich als temporären Grobmotoriker auch nicht wackelig sein. Kleine filigrane Schreibtischchen sind nichts für mich. Ich rolle da dran, halte mich daran fest und will mich vielleicht zur Entlastung meines Gesäßes auch mal aufstützen. Je filigraner so ein Teil ist, desto eher kippt es dann um, verschiebt sich oder geht im schlimmsten Fall sogar in die Brüche ...
    Sie kennen vielleicht diesen berühmten Sketch von Loriot: Erst hängt nur ein Bild schief und am Schluss ist die ganze Wohnung demoliert. So schnell kann es auch bei mir gehen, wenn die Schwerkraft wieder mal ihre Existenz beweist: Ich versuche noch, die fallende Vase zu halten, und gerate prompt selbst ins Straucheln. Im Nullkommanichts steht das ganze Wohnzimmer auf dem Kopf und ich liege, unsanft gelandet, auf dem Boden.
    Möbel müssen also immer stabil sein, damit sie einen festen Stand haben. Dazu ist aber natürlich auch ein entsprechender Boden notwendig, der einerseits glatt und solide, andererseits aber rutschfest sein muss, damit ich mich gut und sicher fortbewegen kann.
    Ganz wichtig ist für mich auch das Bett. Es muss die richtige Höhe haben, damit ich mich mit möglichst wenig Kraftaufwand selber hinein- und heraushieven kann. Für mich ist Aufstehen nur bequem möglich, wenn ich leicht und schnell vom Bett in den Rollstuhl komme, wozu das Bett am besten etwa dieselbe Höhe des Rollstuhles haben sollte.
    Wer als Mensch mit Behinderung mit einem Standardbett nicht zurecht kommt, der hat übrigens immer die Möglichkeit, mit Hilfe seiner Krankenkasse an ein spezielles zu kommen. Da hat der Reha-Fachhandel einiges zu bieten.
    Auch die Sitzgelegenheiten um mich herum sollten statisch so konstruiert sein, dass sie mich gut tragen können. Denn wenn ich mich anziehe, brauche ich einen stabilen Untergrund. Und ganz ehrlich, ich möchte nicht immer im Rollstuhl sitzen, sondern genieße es, mal ein anderes Polster unter meinem Hintern zu haben. Gerade wenn
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