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Bloss kein Kind

Bloss kein Kind

Titel: Bloss kein Kind
Autoren: Cornelia Lotter
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sich trennten, war ich 14 und schon relativ abgenabelt. Mein Vater hat mich immer dafür verantwortlich gemacht, dass ich daran Schuld war, dass meine Mutter zurück nach Deutschland gegangen ist und deshalb die Ehe zerbrach. Für mich war es eher umgekehrt. Aber ich war ja auch Schuld gewesen, dass sie überhaupt heiraten mussten. Wie auch immer, für meinen Vater hat sich dadurch, dass wir ihn verlassen haben, die Erfahrung seiner Kindheit wiederholt.
     
    Sein eigener Vater war im Krieg gefallen, er hat ihn nie kennen gelernt; die Mutter war psychisch nicht besonders stabil, hat sich selber innerhalb der Familie rumschubsen lassen, hat ihre Kinder immer mit rumgezogen, wenn sie zum Arbeiten von ihren Geschwistern geholt wurde. Aus diesem Grund ist mein Vater auch relativ früh von zu Hause weg, hat versucht, über den Beruf seine Bestätigung zu bekommen. Verantwortung zu übernehmen hat er nie gelernt. So hat er zum Beispiel meiner Mutter keinen regelmäßigen Unterhalt gezahlt. Das war wohl als Strafe für das Verlassen gedacht gewesen. Meine Mutter wusste nicht, wo sie das Geld zum Leben hernehmen sollte und mein Vater hat drüben in Amerika einen gut florierenden Betrieb besessen.
     
    Das Verhältnis zu meiner Mutter fing an schwierig zu werden, als meine Schwester zur Welt kam, da war ich sieben. Also war ich relativ lange Einzelkind. Es hat einfach nicht funktioniert. Meine Mutter und ich, wir konnten nicht miteinander. Das lag auch daran, dass ich ihren unerfüllten Wünschen und Sehnsüchten nicht gerecht werden konnte. Das gut erzogene, folgsame und funktionierende Mädchen war ich nicht. Vor allem hat sie mich aber dafür verantwortlich gemacht, dass sich ihr Leben durch meine frühe Geburt anders entwickelt hatte, als sie sich das vorgestellt haben mochte.
     
    Auf Grund der Initiative meiner Großmutter, die mit mir 14-jährigem Teenager überfordert war, wurde dann Kontakt mit dem Jugendamt aufgenommen, was zur Folge hatte, dass ich auf ein Internat kam. Weil meine Mutter aber Probleme bekam, das dafür nötige Geld aufzubringen, holte sie mich wieder nach Hause zurück. Die Probleme wurden natürlich nicht besser und deshalb kam ich mit 15 ½ in eine Wohngruppe vom Betreuten Wohnen und das war auch nicht schlecht. Da konnte ich in meinem Umfeld bleiben und war auch nicht ganz weg von der Oma. Die war zwar wie ein Fähnchen im Wind, leicht beeinflussbar, aber doch meine einzige und wichtigste Bezugsperson. Meine Mutter ist dann alle paar Jahre umgezogen, die sah ich kaum noch, aber das war mir auch recht. Denn auch zu meiner Schwester hatte ich nie ein gutes Verhältnis.
     
    Von Seiten der Männer her muss ich sagen, dass ich sehr, sehr lange nichts mit ihnen anfangen konnte. Das geht bis heute so. Männer in einer bestimmten Altersgruppe - so plus/minus 60 - die kann ich einfach nicht ernst nehmen. Alle, die in der Altersgruppe von meinem Vater sind. Ich hatte nie viel mit Männern am Hut. Das hat mich alles nicht interessiert. Männer haben mir immer irgendwie Angst gemacht. Der Vater meiner Mutter war ein pädophiles Schwein. Das sind alles Dinge, die mir erst viel später hochkamen.
     
    Klar gabs in meiner Jugendzeit immer auch Jungs, die ich nett fand. Aber da hat sich nie mehr entwickelt. Und ich hab da auch ziemlich geblockt. Das wollt ich irgendwie nicht.
     
    Bis ich Mitte 20 war, hatte ich nie eine längere Beziehung oder überhaupt eine Beziehung. Mit Mitte 20 war ich dann ein halbes, dreiviertel Jahr mal mit einem Mann zusammen und als das auseinander ging, hat es mir das Herz gebrochen. Die kommenden Jahre wollte ich aus dem Grund nichts mehr von Männern wissen.
     
    Zu diesem Zeitpunkt war für mich vollkommen klar, dass ich nie heiraten werde und nie Kinder haben möchte. Denn so, wie ich “Familie” erlebt habe, wollte ich das meinen Kindern nicht zumuten. Da hatte ich meine Idealvorstellungen. Es war auch kein Partner da, um ernsteren Gedanken in dieser Richtung nachzugehen. Und so gingen dann die Jahre vorbei.
     
    Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon in verschiedenen Situationen gemerkt, dass ich, obwohl ich nie so sein wollte, wie meine Eltern, manchmal eben doch nicht aus meiner Haut kann. Du willst nie so werden, aber manchmal stellst du dann Züge und Verhaltensweisen fest, wo du denkst: hupps…
     
    Mit 31 habe ich meinen Mann kennen gelernt, wir sind dieses Jahr 10 Jahre verheiratet - ich hätt’s nie gedacht - aber zu einem Zeitpunkt, wo ich mein Leben im Griff hatte:
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