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Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung

Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung

Titel: Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
Autoren: Alice Moon
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dass er keine andere Wahl hatte. Der Tod war die einzige plausible Antwort auf sein Verschwinden, und so schmerzhaft die erste Zeit für seine Eltern auch werden mochte, sie würden seinen Tod irgendwann akzeptieren - anders als jede andere Erklärung. Sosehr Dustin den Tod auch verabscheute, in diesem Moment war er sein engster Verbündeter und er brauchte ihn.
    Dustin legte das Blatt Papier unbeschrieben zurück in seine Schublade und verwüstete sein Zimmer, bis es aussah wie nach einem Einbruch. Es gab viele Menschen, die ihre Geschäftsbeziehungen zu seinem Vater nach einem Streit abgebrochen hatten, und es hatte bereits etliche Briefe mit Morddrohungen an Alfredo di Ganzoli oder ein anderes Familienmitglied gegeben. Dustin würde erst als gekidnappt gelten, dann als verschollen und schließlich würde man ihn für tot erklären.
    Ein letztes Mal sah sich Dustin in seinem Zimmer um, das ihm bislang ein Zuhause gewesen war. Dann nahm er seine Tasche mit den wichtigsten Habseligkeiten. Als er leise die Tür öffnete, erhaschte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung am Fenster. Er schnellte herum und für den Bruchteil einer Sekunde fixierten ihn zwei graue, starre Augen hinter der Scheibe - Henry! Verdammt, das waren Henrys Augen! Doch schon im nächsten Moment waren sie verschwunden und es war nichts als die neblig-trübe Landschaft um Montebello zu sehen. Kurz überlegte Dustin, Henry nachzustellen, ihn nachträglich für Fidos grausames Ende zu bestrafen, doch er entschied sich dagegen. Auch Henry gehörte von nun an seiner Vergangenheit an und durfte keine Rolle mehr für ihn spielen. Dustin würde in dieser Stunde einen neuen Weg antreten. Einen Weg ohne Ende ...
    Fröstelnd und den Blick geradeaus gerichtet, verließ Dustin Montebello, seine Eltern und alles, was bisher sein Leben gewesen war. Er ging fort aus Italien, lernte, seine Ungebundenheit zu genießen, seinen Charme bei Mädchen und Frauen einzusetzen, ohne sich ernsthaft in sie zu verlieben. Er zehrte von dem Gefühl, niemals alt zu werden, und vergaß über alldem, wovor ihn Emilia einst gewarnt hatte: dass die Unendlichkeit auch Schattenseiten hatte, dass sie rücksichtslos und brutal sein konnte.
    Dustin gelang es, sich viele Jahre von dieser dunklen Seite fernzuhalten, bis er zum ersten Mal erkannte, dass er sich in einer ewigen Schleife befand und sich alles, was ihm anfangs noch aufregend und kostbar erschienen war, nur fortwährend wiederholte und lediglich vorgab, neu, prickelnd und wertvoll zu sein.
    Diese Erkenntnis sorgte dafür, dass Dustin Müdigkeit und Langeweile empfand und irgendwann den Wunsch verspürte, endlich etwas so Einmaliges in Aussicht gestellt zu bekommen, dass er selbst die Ewigkeit dafür eintauschen würde. Er dachte darüber nach, worin diese Einmaligkeit wohl bestehen könnte, und kam endlich zu dem Schluss, dass es die Liebe sein musste. Die wahrhafte, einzigartige Liebe, eine Liebe, die so groß und mächtig war, dass sie sich kein zweites Mal wiederholen konnte.
    Von diesem Augenblick an begann in Dustin die Sehnsucht nach solch einer Liebe zu wachsen. Anfangs war es nur ein vorsichtiger, ein leiser Wunsch, aber mit jedem Tag wurde er lauter und lauter, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Und obwohl sich Dustin lange Zeit erfolgreich darum bemüht hatte, SIE aus seinem Gedächtnis zu verbannen und ihre Drohungen als übertrieben und nach all den Jahren der Ruhe und Unbeschwertheit als hinfällig zu betrachten, spürte er plötzlich, dass auch IHRE Aufmerksamkeit durch seine sehnsuchtsvolle innere Stimme geweckt wurde und sie sich bereit machte. SIE hatte Dustin nicht vergessen, genauso wenig wie ihr Vorhaben, ihm überallhin zu folgen, ihn zu beschatten und ins Unglück zu stürzen.
    Dustin musste schon bald erkennen, dass es keinen Sinn hatte, sich etwas Gegenteiliges einzureden. SIE stellte ihm nach, verfolgte ihn, als er Elizabeth kennenlernte, und ließ ihn ihre Nähe spüren, als er Clara in Chicago traf. Sie schlich stets des Nachts in sein Gedächtnis, raunte ihm hasserfüllte Worte zu, verlachte ihn und starrte ihn mit erbarmungslosem Blick an. Aber nicht nur sie allein ...
    Was Dustin erst viele Jahrzehnte später erkennen sollte, war: Es gab jemanden, der sich an ihre Seite gestellt hatte. Jemanden, der stets so unscheinbar gewesen war, dass er in Dustins Erinnerung lediglich noch ab und an als grauer, unbedeutsamer Gedankenfetzen vorbeihuschte. Dadurch konnte ihm gar nicht bewusst sein, dass er ihm
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