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Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Titel: Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
Autoren: Julie Kenner
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Beschwörungsformeln zu sprechen. Die Fälligkeit, die Landkarte richtig zu deuten, die selbst jetzt auf meinem Arm brannte. Dinge zu finden - Relikte, Gefäße, Schlüssel, alles Mögliche.
    Über Deacons sagenumwobenen Schlüssel erfuhr ich nichts, hatte aber auch nicht die Zeit, lange zu suchen. Ich wollte nur einen kurzen Blick reinwerfen. Nur um mich zu vergewissern, dass die Formeln ihren Ursprung in ihm hatten - in seiner Essenz - und nicht etwa aus einem Buch stammten.
    Ich wollte mich vergewissern, dass ich die Fähigkeit, die ich benötigte, auch wirklich erlangen würde, wenn ich ihn tötete. Dass ich wirklich eine Beschwörerin würde. Jetzt war ich mir sicher. Ich riss mich los, während er noch immer vor Überraschung und aus Protest aufjaulte.
    Das Ganze dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, doch das reichte Kiera. Als ich mit dem Messer zustieß, rammte sie mich von der Seite, sodass mir die Klinge verrutschte. Sie schrammte über seinen Körper, schlitzte sein Hemd auf und zog eine dünne Spur schwarzen Dämonenschleims, aber sie brachte ihn nicht um. Sie verletzte ihn nicht einmal groß.
    »Er ist ein Dämon!«, brüllte ich sie an, während ich gleichzeitig ihre Schläge abwehrte. »Er ist ein gottverdammter, beschissener Dämon!«
    Ich rollte sie herum, damit sie es sehen konnte, und wusste, dass sie mir glaubte, als ich sie leise fluchen hörte. Der schwarze Schleim war Beweis genug.
    Doch als ich mich wieder aufrappelte, wurde mir klar, was sie wirklich überzeugt hatte: Clarence’ Kleidung war aufgeplatzt, als seine wahre Gestalt aus ihm herausbrach. Ihm wuchsen Flügel und Klauen. Die Augen traten ihm hervor, Augen, die starr auf mich gerichtet waren.

24
    »Was zum Teufel wird hier gespielt?«, schrie Kiera, aber ich hatte keine Zeit zu antworten. Clarence lebte. Er lebte, und er war sauer und brandgefährlich.
    Zum ersten Mal in unserer kurzen Bekanntschaft hatte ich vor dem Kerl richtige Angst. Denn jetzt war er nicht mehr mein umgänglicher Betreuerfrosch. Jetzt war er ein ausgewachsener, mächtiger Dämon. Penemues rechte Hand.
    »Miststück«, knurrte er. »Verräterschwein!«
    »Ich?« Mit dem Messer in der Hand umkreiste ich ihn und versuchte, seine Angriffstaktik zu erahnen. »Ich habe doch nicht gelogen und behauptet, ein Gesandter des Himmels zu sein. Wer zum Teufel bist du?« Ich fragte deswegen, weil ich keine Sekunde mehr glaubte, dass dieses Untier tatsächlich Clarence hieß.
    »Ich bin Clarvek«, grollte er. »Und du wirst dich mir anschließen.«
    Hinter mir schnappte Kiera nach Luft. Im Moment interessierte mich jedoch nur wenig, dass sich ihr Weltbild verschoben hatte. Im Moment musste ich einfach nur Clarvek töten.
    »Du spinnst wohl.«
    »Du bist ebenso ein Diener der Dunkelheit wie ich«, fuhr er fort und spreizte die Flügel.
    »Einen Scheiß bin ich«, rief ich und stieß zu, verwegen und stürmisch. Aber er hatte den Trumpf ausgespielt, der mir garantiert unter die Haut ging. Denn egal wie sehr ich mir das Gegenteil wünschte, die Finsternis steckte in mir.
    Und wisst ihr, was? In der Situation freute mich das sogar. Ich freute mich über die Notwendigkeit, zu töten. Über die Begierde, zu verstümmeln. Das drängende Bedürfnis, einen weiteren Dämon zwischen die Finger zu kriegen und ihm alle Lebenskraft abzusaugen.
    Als Waffe hatte ich nur mein Messer, aber ich machte das Beste draus. Ich wirbelte herum, fetzte hin und her, rief alle Dämonen in mir zu Hilfe, all ihre Tricks, all ihre Kraft.
    Doch auch damit war ich für Clarvek keine ebenbürtige Gegnerin. Der Junge hatte jede Menge Erfahrung, und er war schnell. Er schlug mit den Klauen zu, seine Arme waren zu Flügeln geworden, die mich in einem Strudel aus Luft und Wut von den Beinen fegten.
    »Lily!« Kiera hatte ihre Armbrust dabei. Sie brachte sie in Anschlag und zielte.
    Doch diese tödlichen Krallen schlugen seitlich aus, rissen Kiera die Waffe aus den Händen und zerfetzten ihr Gesicht. Sie heulte auf, sprang und landete einen satten Tritt gegen seine Brust. Nicht dass es was gebracht hätte. Er holte tief Luft und blies - und Kiera segelte durchs Zimmer und knallte dermaßen an die Wand, dass eine Delle in den Rigipsplatten zurückblieb.
    Sie schüttelte sich und sah mich an. In ihren Augen lag gleichzeitig Verblüffung und Furcht.
    Ich hatte keine Zeit, ihr Mut zuzureden. Ich wägte meine Möglichkeiten ab. Clarvek mochte riskieren, Kiera zu töten, mein Leben würde er nicht aufs Spiel setzen. Er
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