Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
kriegen.«
»Selbst für dich ist er zu gefährlich.«
»Aber...«
»Ich habe ihn zerstört.«
»Ich dachte, er wäre unzerstörbar?«
Er sah mich an. »Mir ist es gelungen.«
»Ich ...« Aber ich bekam keine Gelegenheit auszureden, denn am Eingang der Gasse stand Kiera, mit weit aufgerissenen Augen und dem bitteren Gefühl, verraten worden zu sein.
Meine Kleider waren verrutscht. Sie hatte gesehen, wie ich an Deacon klebte. Nicht die Vision. Aber das wilde Zucken unserer Körper. Unsere Umarmung.
Sie hatte es gesehen.
Und sie musste annehmen, ich würde mit dem Feind unter einer Bettdecke stecken.
»Kiera!«, schrie ich, aber zu spät. Sie war fort.
Ich drehte mich zu Deacon. »Sie wird zu Clarence fahren. Scheiße! Sie wird vielleicht nicht alles verstehen, aber Clarence bestimmt. Dem wird sofort klar sein, was gespielt wird.«
»Wo? Wo trifft sie sich mit ihm?«
Das wusste ich nicht. »Wir hatten nie einen festen Treffpunkt. Mal war es bei Zane. Mal tauchte er vor meiner Wohnung auf.«
»Es ist egal, wo sich Kiera mit Clarence trifft. Die Frage ist: Wo wird Clarence dich treffen? Wenn er glaubt, dass du eine Verräterin bist, hält er dann Zane für einen Verbündeten oder für einen Feind?«
Gute Frage. Ich war mir selbst nicht sicher, was Zane tun würde. Blind ergeben war er der dunklen Seite nicht, so viel stand fest. Aber er wollte seine Belohnung erhalten, und wenn er mir helfen würde, würden die anderen sich an das Versprechen, ihm die Sterblichkeit zu schenken, bestimmt nicht halten.
»Ich weiß es nicht.«
Deacon nickte. Er überlegte. »In deiner Wohnung«, sagte er schließlich. »Vielleicht irre ich mich ja, aber ich glaube, Clarence würde am liebsten dort mit dir abrechnen, wo ihr euch das erste Mal begegnet seid. Als er noch alles unter Kontrolle hatte. In Zanes Keller bist du die Stärkere.«
»In meiner Wohnung auch.«
»Deshalb wirst du ihn auch besiegen.« Er nahm mich bei der Hand. »Ich komme mit.«
»Nein. Du musst auf Rachel und Rose aufpassen. Wenn Clarence hinter mir her ist, wird er ihnen was antun, um mich zu verletzen.«
Nach kurzem Zögern erklärte er sich einverstanden. Er wusste vermutlich, dass es sinnlos war, mit mir zu streiten, wenn es um Rose ging.
Meine Wohnung lag nicht allzu weit vom Bloody Tongue entfernt. Ich stellte einen neuen Geschwindigkeitsrekord für die Strecke auf, ohne davon Notiz zu nehmen, wo ich gerade entlangfuhr. Fahren war das Einzige, was zählte. Und die Vorstellung, was ich tun würde, wenn ich Clarence sah. Denn jetzt hing alles von ihm ab. Alles.
Deacon hatte das dritte Relikt vernichtet. Wie er das geschafft hatte, war mir ein Rätsel, aber das war auch nicht weiter wichtig. Entscheidend war, dass es nicht mehr existierte, was aber offenbar niemandem bewusst war. So blieb mir wenigstens ein Hauch von Verhandlungsspielraum. Denn ich war das Mädchen mit der Karte. Und wer auf Schatzsuche war, würde doch die Karte nicht vernichten, oder?
Vor Folter hatte ich allerdings viel mehr Angst. Deshalb musste ich diese Runde unbedingt für mich entscheiden.
Außerdem hatte ich ja auch einen Plan. Einen einfachen, genialen Plan, den ich zwar noch mit Deacon durchsprechen musste, der aber auf alle Fälle klappen würde. Ganz einfach deshalb, weil er klappen musste. Viele Möglichkeiten blieben mir nicht mehr, und es war allmählich an der Zeit, dass ich auch mal Glück hatte. Wenn schon nicht für mich selbst, so doch wenigstens für Rose.
Wenn Penemue, Kokbiel und Clarence glaubten, der dritte Schlüsselteil würde noch existieren, dann glaubte Johnson das bestimmt auch. Und wenn ich Clarence’ Kopf erst mal die Formel für das Gefäß des Hüters entlockt hatte, was sollte mich dann hindern, Johnson vorzutäuschen, ich würde mich auf die Suche nach dem dritten Teil begeben?
Nichts, oder?
Und er würde darauf bestehen mitzukommen, um mir den Oris Clef abzunehmen. Aber darauf konnte er lange warten. Denn wir würden Rose herausholen, sie im Gefäß verstecken und dann schleunigst verschwinden. Rose wäre zwar körperlos, aber in Sicherheit. Und Johnson könnte dann nur noch blöd aus der Wäsche gucken.
Ich gebe zu, ich hatte noch nicht alles bis ins letzte Detail ausgearbeitet - etwa, wie lange sie in dem Gefäß bleiben konnte, bis wir einen Körper für sie finden mussten -, aber im Großen und Ganzen war das in meinen Augen ein netter Plan.
Und das Beste daran: Rose wurde Johnson los und ich Clarence. Bis zur Konvergenz waren
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