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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater
Autoren: Walter Farley
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den Seitengang entlang, hielt aber inne, als er den breiten Gang erreichte. Sollte er gleich zum Stall gehen oder erst in das Zimmer mit dem Sattelzeug und dem Feuerschweif? Er entschied sich für das Zimmer und ging langsam darauf zu. Er fand es, wie er es verlassen hatte; niemand war zu sehen, es sei denn... Sich dicht an der Wand haltend, schlich er zu dem schwarzen Vorhang hinüber, der die Nische verdeckte, und riß ihn beiseite, gefaßt auf einen Schlag oder Stoß. Nichts erfolgte, der Schweifkragen mit seinen glitzernden Metallfäden hing an seinem Haken; der Rennsattel und das Zaumzeug waren da, desgleichen der Leuchtstab mit roter Lampe und der Plastikhuf. Somit war er hier am falschen Platz. Er rannte zurück, zu Ziyadahs Stall hinüber. Das Licht brannte, die Tür war nur angelehnt. Als Alec sie aufstieß, sah er, was er nach allem Vorangegangenen erwartet hatte: Kein Goldfuchs stand unter der Deckenlampe — Ziyadah war draußen!
    Alec lauschte, ob er Hufschläge hörte, als er erst durch den langen Gang, dann durch den Tunnel lief. Auch dort brannten die Lampen, aber nichts war zu hören. Als er bei dem Fahrstuhl anlangte, fand er ihn auf sich warten. Zum ersten Mal zögerte er; der Anblick war gar zu einladend, um unverdächtig zu sein. Natürlich hatte es ihn verraten, daß er den Fahrstuhl beim Beginn seiner Suche nicht nach oben geschickt, sondern hier unten gelassen hatte. Ziyadah war damit hinaufbefördert worden. Dann hatte sein Reiter den Fahrstuhl wieder hinabsinken lassen — für ihn. Warum wohl?
    Alec drückte auf den Schalter und betrat den strohbedeckten Boden des Aufzugs. Das leise Summen setzte ein, und der Fahrstuhl glitt langsam in die Höhe. Alec schob seine Hand in die Tasche, um sich zu vergewissern, daß er den Schlüssel für Blitz’ Stall nicht etwa verloren hatte. Er hegte keinen Zweifel, daß Ziyadah und sein Reiter draußen auf ihn und Blitz warteten. Das war ein Teil des tödlichen Spiels, um das es jetzt ging. Und er war gewillt mitzumachen, denn er war sicher, daß Blitz mit seinem Vater fertig werden würde, während er mit dem Reiter abrechnete...
    Als er oben war, sah er sogleich, daß die Stalltür weit offenstand. Dann sah er auch den Hengst, kaum hundert Meter vom Stall entfernt — und auf seinem Rücken saß ein Reiter! Beide erwarteten ihn, wie er es sich gedacht hatte!
    Der Wind wehte wild, und es regnete immer noch. Er hörte Blitz heftig wiehern, als er die Tür zu seinem Stall aufschloß. »Du hast ein schweres Rennen vor dir!« sagte er zu seinem Pferd. »Fang ihn, so schnell du kannst! Wenn er in die Berge entkommt, hat er gewonnen; denn dahin folgen wir ihm nicht!«
    Blitz hörte nicht zu; er hatte Ziyadah erspäht und stampfte ungeduldig den Boden, während Alec ihm das Zaumzeug anlegte. Er wieherte wieder, und Ziyadah antwortete ihm.
    »Er weiß, daß du ihn verfolgen wirst«, murmelte Alec und führte Blitz hinaus. Seine Mähne flatterte im Wind, als Alec sich auf seinen breiten Rücken schwang.
    Gleich darauf zerschlugen galoppierende Hufe die nächtliche Stille — Ziyadah war auf und davon in rasendem Lauf!
    Blitz stürmte ihm nach, und Alec setzte sich zurecht. Wahrscheinlich würde er diesmal reiten müssen wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er beobachtete, wie weich und wiegend Ziyadah galoppierte; er glich in der dunklen, stürmischen Nacht tatsächlich einem Geisterroß; sein Reiter war kaum zu sehen. Beide Hengste rannten noch mit verhaltener Kraft; das große Haus und die Ställe lagen längst hinter ihnen, und Ziyadah flog über das erste Hindernis, eine niedrige Mauer. Blitz folgte. Alec überließ es ihm, selbst zu entscheiden, wie er springen wollte. Mit spielender Leichtigkeit flog Blitz über die Mauer hinweg, landete gut und raste im gleichen Tempo weiter hinter Ziyadah her über die kalten, windgepeitschten Weiden. Die Hufschläge klangen dumpf auf dem aufgeweichten Boden. Hier wogte Nebel, der die Körper der rennenden Hengste ab und zu verbarg. Alec sah Ziyadah wieder auftauchen, und sein Herz wurde schwerer, denn sie waren ihm nur wenig näher gekommen. Er nahm die Mauern zwischen den Koppeln mit einer Leichtigkeit, als wären sie gar nicht vorhanden. Ihm auf den Fersen zu bleiben erfordere Mut und Schnelligkeit im gleichem Maß.
    Blitz hätte festen Boden dem aufgeweichten Wiesengrund vorgezogen, aber er nahm die Herausforderung seines Erzeugers an und beschleunigte plötzlich sein Tempo. Er übersprang die nächste Mauer beinahe
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