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Blitz bricht aus

Blitz bricht aus

Titel: Blitz bricht aus
Autoren: Walter Farley
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mit dir vorhatte.« Alec schritt weiter auf den Hengst zu und sprach mit leiser, sanfter Stimme auf ihn ein. Er hob dabei weder die Hand, noch machte er eine andre Bewegung. Nur einmal unterbrach er sein beruhigendes Gemurmel mit einem leise, aber bestimmt gesprochenen Befehl. Als er neben Blitz angekommen war, packte er den mit Schaum bedeckten Halfter. Der Hengst zitterte, und einen Augenblick lang blitzten seine Augen auf. Alec wiederholte ruhig den Befehl, aber Blitz zog den Kopf mit einer schroffen, trotzigen Gebärde zurück.
    Alec ließ den Halfter nicht los und folgte der Bewegung des Pferdes, bis es stehenblieb. Der Junge wartete geduldig, ohne seine Augen auch nur eine Sekunde von denen des Hengstes zu lösen, auch sprach er weiter auf ihn ein. Mit einer Bewegung des Kopfes deutete er Henry an, daß er Weggehen sollte, dann wendete er den Rappen zum entgegengesetzten Ende der Koppel, um seine Aufmerksamkeit von Vulkan und Henry abzulenken. Mit seiner freien Hand versuchte er den unmutig stoßenden Kopf zu besänftigen, und endlich brachte er den Hengst dazu, ein paar Schritte mit ihm zugehen. Dann blieb Blitz erneut stehen und wollte den Kopf umdrehen. Alec hielt ihn fest und wartete eine Weile, ehe er ihn weiterführte. Vulkan und Henry hatten unterdessen die Koppel verlassen, daher war es jetzt ein wenig leichter. Blitz folgte Alec ein Stückchen, hielt aber dann wieder an, um sein wildes, kurzes Wiehern auszustoßen. Alec blieb ruhig neben ihm stehen; der Wind machte seinen Pyjama flattern. Er wußte, daß sich Blitz jetzt bald beruhigen würde und daß er ihn dann in den Stall führen konnte; vorläufig mußte er jedoch fortfahren, auf ihn einzureden, ihn zu streicheln und geduldig warten.
    Als er ihn wieder zum Gehen bewegen konnte, überlegte er, was wohl die Ursache für den plötzlichen, bösartigen Angriff auf Vulkan gewesen sein mochte. Warum war Blitz in dieser Nacht rückfällig geworden, nachdem er so viele Monate das Betragen eines wohlerzogenen Hengstes gezeigt hatte? Und was sollte er jetzt mit ihm tun?
     

ZWEITES KAPITEL

Erkenntnis!
     
    Alec stand außen vor der schweren Eichenholztür von Blitz’ Box. Er hörte das Stroh rascheln und sah ihn durch das mit einem Eisengitter versehene Fenster ruhelos hin und her gehen. Das wilde Blitzen stand nicht mehr in seinen Augen, und Alec wußte aus Erfahrung, daß er nach wenigen Minuten aussehen würde, als ob er diesen schrecklichen Wutanfall nie gehabt hätte. Trotzdem würde der wilde Naturinstinkt, Vulkan und jeden andern Hengst zu töten, in ihm weiterleben, gleichsam unter der Asche schwelen, bis ihn ein Funke wieder zu hellem Brand auflodern ließ. Und dieser Instinkt würde niemals völlig erlöschen.
    Alec wandte sich von Blitz ab, Henry zu, der in dem langen Stallgang hin und her ging und mit lauter Stimme auf den Hengst schimpfte. Genau wie Blitz brauchte Henry Zeit, um sich zu beruhigen; dann erst war wieder ein vernünftiges Wort mit ihm zu reden.
    »Er würde Vulkan umgebracht haben!« rief Henry gerade. »Eine Minute später wäre es geschehen! Und mich hätte er ebenfalls abgetan—wie nichts!« Er schnippte mit den Fingern, um anzudeuten, wie wenig Kraftaufwand das den riesigen Hengst gekostet haben würde.
    Henry ging an Napoleons Box vorüber. Der alte Graue ließ seinen schweren Kopf hängen, als ob Henrys lautes Schelten ihn beträfe. Vulkan stand in seiner am äußersten Ende des Stallgebäudes befindlichen Box, und dort blieb Henry stehen und sprach freundliche Worte. Kein Zweifel, er liebte Vulkan über alles, seine Blicke und seine Stimme bewiesen es. Er hatte Vulkan großgezogen, hatte ihn nach allen Regeln der Kunst und auf Grund der Erfahrung seines langen Trainerlebens zu einem großen Champion der Rennbahn gemacht.
    Alec wartete, ohne sich von Blitz’ Box zu entfernen, während Henry sein Hinundherwandern wieder aufnahm. Die grelle Deckenbeleuchtung war unbarmherzig für seinen alten Freund, sie verschärfte die tiefen Furchen in Henrys Gesicht, ließ sein Haar noch weißer und dünner erscheinen. Allmählich mäßigte Henry sein Tempo, und er schalt auch nicht mehr so laut. Alec wußte, daß es nun bald möglich sein würde, vernünftig mit ihm zu sprechen, mit ihm die Gründe zu erwägen, die Blitz zu seinem schrecklichen Angriff auf Vulkan veranlaßt hatten, und zu überlegen, was für Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden mußten, um etwas Ähnliches für alle Zukunft zu unterbinden. Endlich blieb Henry vor ihm
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