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Blitz bricht aus

Blitz bricht aus

Titel: Blitz bricht aus
Autoren: Walter Farley
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die Herausforderung an den Hengst im übernächsten Pferch, zurück. Die Zeit dazu war noch nicht gekommen! Blitz war schlau und durchaus fähig, den grausamen Zorn, der aus seinem gewaltigen Körper ausbrechen wollte, zu beherrschen. Der Wind peitschte seine Mähne, und sein hochgetragener Schweif wehte hinter ihm her. Jetzt hielt er an, um die Höhe des Zaunes abzuschätzen. Trotz seiner langen Beine mußte er den Kopf in die Höhe recken, wenn er die oberste Planke berühren wollte. Er setzte sich wieder in Bewegung und lief zur vorderen Grenze seiner Koppel, die dem Stall gegenüber lag. Hier drückte er seinen massigen Körper gegen die mittleren Latten. Sie bogen sich ein wenig. Als er stärker drückte, knackten sie zuerst, und schließlich brachen sie. Er hielt inne, wie um zu überlegen, was er jetzt tun sollte. Das böse Feuer in seinen Augen brannte heftiger.
    Bedachtsam legte er sich auf den Boden und preßte das Gewicht seines Körpers gegen die untersten Latten. Dann wälzte er sich weg und schlug mit seinen Hinterhufen dagegen. Sie zersplitterten wie die andern. Jetzt wälzte er seinen enormen Körper wie ein Pendel vor und zurück, vor und zurück gegen die noch intakten Latten. Dabei bearbeitete er mit List und Geschicklichkeit nur die Latten, die bereits angebrochen waren und daher am ehesten völlig zerbrechen würden. Endlich war es soweit; sie zersplitterten vollends und gaben ihm den Weg frei—den Weg zum Ausbruch aus seiner Koppel!
    Mit seinem herrlichen Körper ging eine auffallende Veränderung vor. Jetzt war er nicht mehr ruhig und verhalten, jetzt zitterte er vor rasender Lust zu töten, denn der furchtbare, aber natürliche Instinkt, den Kampf mit dem andern Hengst aufzunehmen, hatte ihn überwältigt. Er starrte mit blutunterlaufenen Augen zu Vulkan hinüber, der im übernächsten Pferch stand. Dann schrie er seine Herausforderung in die Nacht hinaus, so schrill, daß er das Rauschen des Windes übertönte. Er raste bereits den Sandweg entlang, der an den Koppeln vorüberführte, als der graue Wallach an den Zaun gestürzt kam. Blitz schenkte ihm nicht die geringste Beachtung. Der Graue galoppierte mit zurückgelegten Ohren und versuchte, zwischen den Latten der Einfriedigung nach Blitz zu schnappen, weil er das Ziel seiner wilden Angriffswut kannte und ihn zurückhalten wollte. Aber das nützte nichts. So wieherte er laut und unaufhörlich, als er ans Ende seiner Koppel gekommen war, weil er wußte, dies war das einzige, was von Nutzen sein konnte, wenn man es im Wohnhaus hörte. Aber sein Alarm verhallte im Sausen des Windes; im Haus blieb alles dunkel.
    Der riesige Hengst bog jetzt von dem Sandweg in den Gang zwischen den Koppeln ein. Man hatte jede mögliche Vorsicht walten lassen, um die Koppeln zu sichern und die Hengste auseinanderzuhalten, ja selbst, um einem so unerwarteten Ausbruch zuvorzukommen, wie er eben stattfand.
    Die Koppelzäune waren hoch und solid, der Gang dazwischen breit; allein Blitz war frei, und nur dieser eine Zaun trennte ihn noch von Vulkan. Seine Wut steigerte sich von Minute zu Minute, er raste in dem Gang auf und ab, warf sich gegen den Zaun und prallte zurück. Dem grauen Wallach, der jeder seiner Bewegungen folgte und immer noch laut wieherte, schenkte er überhaupt keine Beachtung; er hatte nur Augen für seinen Feind, den riesigen schwarzen Hengst, der ruhig in der Mitte seiner Koppel verharrte. Es machte Blitz immer wilder, daß sich Vulkan nicht rührte und seine herausfordernden Schreie unbeantwortet ließ. Weit aufgebläht atmeten seine Nüstern die Witterung des verhaßten Rivalen ein, als er endlich aus dem Gang herauslief und sich Vulkans Koppel von vorn näherte.
    Laut schreiend trat er an den Zaun heran und hob seinen Kopf so hoch, daß er mit der Nase die oberste Latte berührte. Dann erhob er sich auf den Hinterbeinen, um die Vorderhufe auf die Latte zu schmettern. Er war vor Wut von Sinnen, denn es war nutzlos, was er jetzt tat. Seine vorher gezeigte kalte Berechnung war blindem Zorn gewichen. Er stieg erneut in die Höhe und versuchte den Zaun zusammenzuschlagen. Die Hufe schmerzten ihm von der Wucht seiner Schläge; jedoch der Zaun blieb heil. Er wirbelte sich, noch auf den Hinterbeinen stehend, mit unerhörter Anmut und Schnelligkeit herum und raste am Zaun entlang. Es waren nicht ganz dreihundert Meter bis zum Stallgebäude; dort hielt er mit scharfem Ruck inne und schüttelte den Kopf, daß die Mähne flog. Ohne Zögern warf er sich
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