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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass
Autoren: John Sandford
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endgültig zur Ruhe gesetzt. Sie hatten drei Kinder, doch die waren fortgezogen, zwei in die Twin Cities und eines nach Sioux Falls.
    Beide waren über achtzig und bei guter Gesundheit. Bei schönem Wetter spielte Russell immer noch täglich neun Löcher im Club, und Anna war in mehreren Frauengruppen. Sie hatten eine Haushälterin, eine illegale mexikanische Einwanderin namens Mayahuel Diaz, die bei allen, die sie kannten, gut gelitten war und an allen Wochentagen kam.
    Drei Wochen und vier Tage, bevor Virgil in die Stadt kam, hatte Russell am Freitagnachmittag eine Runde Golf gespielt, die allerdings abgebrochen wurde, weil es anfing zu regnen. Danach hatte er mit seinen Golfkumpels ein paar Drinks zu sich genommen und sich anschließend mit seiner Frau getroffen. Sie hatten im Holiday Inn zu Abend gegessen. Auf dem Heimweg hatten sie bei einer SuperAmerica-Tankstelle angehalten. Laut Kreditkartenbeleg hatten sie um zwölf Minuten nach neun an der Kasse bezahlt.
    Um elf Uhr in dieser regnerischen Nacht war ein Nachbar von seiner Frau in die Stadt geschickt worden, um einen Liter Milch zu kaufen. Als er am Haus der Gleasons vorbeikam, bemerkte er hinter dem Gebäude eine merkwürdige Figur, wie eine Puppe oder eine Vogelscheuche, die von der Hofbeleuchtung angestrahlt wurde.
    Er holte die Milch, kam mit dem Auto wieder den Hügel herauf, fuhr am Haus der Gleasons vorbei und sah erneut die Vogelscheuche oder was auch immer es sein mochte. An der Einfahrt zu seinem Haus dachte er sich, verflixt noch mal, diese Vogelscheuche ist doch wirklich zu seltsam, und beschloss, vorbeizugehen und zu fragen, ob alles in Ordnung sei.
    Das war es nicht.
    Die Vogelscheuche war Russell Gleason, gestützt von einem Stock, die Augen ausgeschossen.
     
    Die Schüsse waren im Haus abgefeuert worden. Anna war auf einer Couch im Wohnzimmer getötet worden, wo sie gesessen hatte - ein Schuss direkt ins Herz. Auf Russell war dreimal geschossen worden, einmal ins Kreuz und in beide Augen. Dann war seine Leiche nach draußen gezerrt und dort aufgebaut worden, wo er mit offenem Mund und leeren Augenhöhlen ins Dunkel starrte.
    »Es sieht so aus, als hätte er versucht wegzulaufen, es aber nicht geschafft«, sagte Stryker. »Aus diesem Grund war er wohl aufgestanden, während Anna saß. Der Mörder hat ihr ins Herz geschossen. Da Russell weglaufen wollte, hat der Mörder ihm von hinten ins Kreuz geschossen, und zwar als er gerade das Esszimmer erreicht hatte.«
    »Wie weit ist das? Wie weit ist er gelaufen?«
    »Ungefähr drei Schritte. Bevor du gehst, geb ich dir einen Schlüssel vom Haus. Wir haben zwei in der Asservatenkammer«, sagte Stryker. »Jedenfalls geht das Esszimmer vom Wohnzimmer ab, und es sieht so aus, als wäre er erschossen worden, als er ins Esszimmer wollte. Er ging zu Boden und rollte auf den Rücken, und der Mörder stand vor ihm und hat noch zweimal auf ihn geschossen, in jedes Auge einmal. Verdammt kaltblütig.«
    Die Kugeln waren Hohlspitzgeschosse Kaliber.357. Sie hatten Gleasons Hinterkopf durchschlagen und waren in den Fußboden gedrungen, wo man sie, wenn auch völlig deformiert, sicherstellen konnte.
    »Die Sache mit den Augen und wie man ihn voll angestrahlt im Garten aufgestellt hat, das hat irgendwie was Rituelles«, sagte Virgil.
    »Sieht so aus, aber ich kann mir keinen Reim drauf machen«, erwiderte Stryker kopfschüttelnd. »Der zweite Schuss war bereits reine Munitionsverschwendung, so viel kann ich dir sagen. Und der Mörder ist ein Risiko eingegangen. Das Haus der Gleasons ist zwar hundert Meter vom nächsten Nachbarn entfernt, und es regnete. Deshalb waren in allen Häusern Fenster und Türen geschlossen, und die Klimaanlagen liefen. Trotzdem erzeugt eine .357er einen verdammt lauten Knall. Wenn gerade jemand vorbeigegangen wäre … Und der dritte Schuss war noch ein zusätzliches Risiko.«
    »Wegen des Kicks? So was hab ich schon erlebt«, sagte Virgil. »Da fängt ein Typ an abzudrücken und kann nicht aufhören.«
    »Eine Kugel in jedes Auge? Dazu musste er sich Zeit lassen«, sagte Stryker. »Ich meine, er hat zwar aus einem guten halben Meter Entfernung direkt nach unten gezielt, aber man muss sich trotzdem ein bisschen Zeit lassen, um direkt ins Auge zu treffen.«
    »Also ist er durchgeknallt. Etwas Rituelles oder Rache … Oder vielleicht eine Warnung?«
    Stryker seufzte. »Die ganze Situation deutet letztlich darauf hin, dass es jemand von hier ist, jemand, den wir alle kennen. Jemand, der genau
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