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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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haben und wie viel Alkohol Sie getrunken haben. Das wird Sie allerhöchstens eine halbe Stunde Zeit am Tag kosten, manchmal werden Sie auch nur zwei Zeilen zu notieren haben, keine große Sache also.«
    Dr. Neumann trug ihm auf, eine Art Tagebuch zu führen. Ein wenig Engagement wurde also schon von ihm verlangt, obwohl der Test ziemlich einfach schien. Von Geld war noch gar nicht die Rede gewesen. Lars hoffte, der Arzt würde noch auf diesen Punkt zu sprechen kommen, bevor er irgendetwas unterschreiben musste.
    »Das wär’s eigentlich. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
    »Nein.«
    »Gut. Sie müssen einen Vertrag unterschreiben, in dem Sie in die Teilnahme an unserem Test einwilligen. Nach unserem Terminplan können Sie Ihren ersten Klinikaufenthalt dann Anfang nächster Woche antreten. Sie erhalten zehn Prozent der Aufwandsentschädigung im Voraus, das wären bei diesem Test 350 Euro.«
    Lars konnte sich also auf 3500 Euro für die zweimonatige Teilnahme freuen. Zwei Monate, vermutlich ohne großen Stress, sofern sich keine Nebenwirkungen einstellten. Doktor Neumann brauchte nur noch seine Unterschrift. Lars unterzeichnete den Vertrag und bekam am folgenden Mittwoch einen Termin für seinen ersten Klinikaufenthalt.
    Nachdem er gegangen war, sortierte der Arzt die Papiere seines neuen Patienten in eine Kladde ein und legte einen Ordner in seinem Computer an. Dann griff er zum Telefon.
    »Guten Tag, ist der Chef zu sprechen?«
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Doktor Neumann. Das Labor in Amsterdam.«
    »Einen Augenblick. Ich stelle Sie durch.«
    »Hallo Doktor Neumann, was gibt es?«
    »Ich glaube, wir haben ein interessantes Objekt gefunden.«
    »Sehr gut. Halten Sie mich auf dem Laufenden. Ich will alle Informationen, auch Teilergebnisse. Wie alt?«
    »Zweiundzwanzig. Passt genau ins Profil.«

2

    Der Gegensatz zu Spiel ist nicht Ernst,
sondern – Wirklichkeit.
    Sigmund Freud, Der Dichter und das Phantasieren

    Amsterdam
    Dr. Neumann verließ das NH Barbizon Palace, eines der besten Hotels der Stadt. Durch die Glastüren konnte man imposante Marmorsäulen erahnen, die eine luxuriöse Innenausstattung verhießen. Dr. Neumann hätte bestätigen können, dass es sich so verhielt, nachdem er dort den Abend im Restaurant Vermeer in Gesellschaft eines illustren Gastes verbracht hatte. Mit dem Mantel über dem Arm wartete er darauf, dass ein Hotelpage seinen funkelnagelneuen Mercedes vorfuhr – S-Klasse, versteht sich. Das Trinkgeld entsprach dem Wagen, und er überreichte es mit einer Handbewegung, die eine gewisse Selbstzufriedenheit verriet. Entschlossen steuerte er die Limousine ins Innenstadtgewühl. Er rief seine Frau an, um sich noch einmal zu entschuldigen. Sie waren eigentlich an diesem Abend mit Freunden zum Essen verabredet gewesen, doch er hatte schon geahnt, dass daraus möglicherweise nichts werden würde, als am Nachmittag auf dem Display seines Telefons eine ihm wohl vertraute Nummer erschien.
    »Wir müssen unbedingt miteinander reden. Ich komme gerade aus Boston und habe ein Zimmer im Barbizon reserviert. Haben Sie um 20 Uhr Zeit?«
    Eine rein rhetorische Frage – Dr. Neumann wusste, dass er nicht nein sagen konnte. Ein solch überraschender Besuch aus den Vereinigten Staaten kam nicht zum Plaudern hierher. Er fuhr noch rasch nach Hause, um sich umzuziehen. Seine Frau war nicht bloß enttäuscht über die Änderung ihrer Pläne, sie war sauer. Sie knallte die Badezimmertür hinter sich zu, nicht ohne ihm noch bissig »einen schönen Abend« gewünscht zu haben. Doch Dr. Neumann war in Gedanken schon ganz bei dem überraschend anberaumten Treffen. Während eines vierstündigen Essens, bei dem die Namen der Gerichte um Originalität wetteiferten, musste er detailliert über den Stand seiner Forschungsarbeit berichten. Sein Gast, der sich jede Äußerung peinlich genau notierte, hatte ihm mit unangenehmen Fragen zugesetzt, und er hatte des Öfteren Zuflucht zu Floskeln nehmen müssen. Ihm war nicht entgangen, dass dies seinen Gesprächspartner irritierte, der ihm die Wichtigkeit des Projekts für den Konzern in Erinnerung gerufen und sogar erklärt hatte, er hoffe, es nicht bedauern zu müssen, ihn, Dr. Neumann, mit diesem Projekt betraut zu haben.
    Nun setzte ihm das Leben gleich von zwei Seiten zu. Er fuhr ziellos umher und dachte an die Blicke, die ihm seine Frau und sein Gast zugeworfen hatten. Beide würden es nicht hinnehmen, von ihm enttäuscht zu werden. Schließlich hielt er vor dem Büro von
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