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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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Manöver, doch vergebens. Sein Vater machte Ernst. Keine finanzielle Unterstützung außer der Miete. Lars fühlte sich verraten und im Stich gelassen. Eine ziemlich übertriebene Reaktion – schließlich machte er lediglich die Erfahrung, dass das Leben nicht immer nur ein Zuckerschlecken ist. Er brauchte zwei Tage, um zu einem Entschluss zu gelangen.
    Na gut, dachte er, suche ich mir wieder einen Job. Auf einmal sah er Amsterdam mit ganz anderen Augen, er spähte nur noch in die Schaufenster, ob dort irgendwo eine Aushilfe gesucht oder eine Teilzeitstelle für einen Verkäufer angeboten wurde. So fuhr er an einem Tag fast fünfzehn Kilometer mit dem Fahrrad kreuz und quer über die Kanäle. Es machte ihm sogar Spaß, sich zwischen den vielen Fußgängern durchzuschlängeln und den anderen Radfahrern auszuweichen. Es war fast wie ein Spiel. Am späten Nachmittag machte er auf einer Brücke Halt, schaute in den Sonnenuntergang – nicht zum ersten Mal – und erfreute sich am Spiel von Licht und Schatten. Die Mühe war nicht vergebens gewesen. Gleich zwei Stellen waren ihm angeboten worden, eine in einer Kneipe, eine in einem Schuhgeschäft. Immerhin ein Anfang, wenn auch der Verdienst nicht seinen Vorstellungen entsprach.
    Bevor er nach Hause fuhr, schaute er auf ein Glas im Café Luxembourg vorbei, einem Lokal mit Stil und Tradition. Die Einrichtung war von einladend geschwungenen Kurven und warmen Holztönen geprägt, eine gemütliche Atmosphäre für zwanglose Gespräche. Er zog zwei Gratis-Anzeigenblätter aus seinem Rucksack und überflog sie. Es gab nicht viele Stellenangebote, diese Blätter vermittelten hauptsächlich Wohnungen, Gebrauchtwagen und Kontaktanzeigen für romantische Abende und mehr – »bei gegenseitiger Sympathie«. Doch bei einer Anzeige blieb Lars hängen.
    »Labor sucht junge, gesunde, sportliche Männer für Versuchsreihe. Aufwandsentschädigung bis zu 4000 Euro!
    [email protected]
    Lars wurde sofort neugierig und schickte dem Labor eine Mail. Die Antwort war nicht sehr erhellend: Er solle vorbeikommen, dann würde er Genaueres erfahren. Und nun stand er vor dem Haus. Medikamententests – das weckte bei ihm die Vorstellung von Versuchskaninchen und üblen Krankheiten. Doch eine Recherche im Internet hatte ihn etwas beruhigt. Meistens spürten die Teilnehmer an solchen Versuchen keine nennenswerten Nebenwirkungen.
    Endlich fasste er sich ein Herz, betrat den Innenhof und ließ den Blick auf der Suche nach dem Eingang zum Büro von KPharma umherschweifen. Auch am Tag drang nicht viel Licht in den Hof. Die terrassenförmig nach oben strebenden Mauern endeten in einem schmutzigen Glasdach, das ein fahles Licht durchließ. Über einer brandneuen Holztür, die von der grauen Mauer abstach, entdeckte Lars das Firmenschild von KPharma. Er klingelte und schaute nach oben, ob sich irgendwo an einem Fenster etwas regte. Das Ganze wirkte eher wie eine Wohnanlage und nicht wie ein Bürokomplex. Eine etwa dreißigjährige Frau mit ausdruckslosem Gesicht ließ ihn ein. Ohne ein Wort zu sagen umrundete sie ihren Schreibtisch, nahm Platz und musterte ihn fragend. Lars, durch diesen kühlen Empfang verunsichert, versuchte Haltung zu bewahren, versenkte die Linke in der Hosentasche und stützte die Rechte lässig in die Hüfte. Doch seine Stimme verriet sein Unbehagen.
    »Guten Tag. Ich habe Ihnen heute Morgen eine Mail … es geht um … also, ich komme wegen der Tests, ich weiß nicht, wie das abläuft … aber ich würde gern …«
    »Sie wollen an einer Versuchsreihe teilnehmen?«
    »Ja. Ist das möglich?«
    »Das hängt davon ab, ob Sie unserem Profil entsprechen. Haben Sie etwas Zeit?«
    »Ja.«
    »Gut. Es dauert ungefähr fünfundvierzig Minuten. Sie müssen einen Fragebogen ausfüllen und einen Fitnesstest machen. Danach wird ein Spezialist mit Ihnen die Ergebnisse durchgehen. Er wird all Ihre Fragen beantworten.«

    Der Ton der Sekretärin schien keinen Widerspruch zu dulden. Lars folgte ihren Anweisungen, überrascht, dass alles so glattging.
    Das Interieur war strahlend weiß, die Möbel wetteiferten miteinander um klare Linien. Alles sah ganz anders aus, als Lars es sich von außen vorgestellt hatte. Gläserne Etageren an den Wänden präsentierten die Produkte, deren Verpackung an Parfüm denken ließ. Nichts ließ darauf schließen, dass es sich hier um ein Pharmalabor handelte. Die Atmosphäre entsprach eher der Lobby eines großen Hotels oder eines edlen Juweliers.
    Die Sekretärin
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