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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer
Autoren: Unbekannter Autor
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gewickelt, daß der Saum an manchen Stellen fast den Boden berührte. Aus der Küche kamen die köstlichsten, pikantesten Gerüche, es duftete nach Zwiebeln, Wein und Kräutern, die Jury nicht identifizieren konnte.
    Elsie hielt die Tür weit offen. Selbstverständlich erinnerte sie sich, was für ein feines (unfreiwilliges) Publikum er bei seinem letzten Besuch abgegeben
    hatte und heute ja vielleicht wieder abgeben würde. »Du bist sicher sehr beschäftigt. Komme ich ungelegen?« fragte er ganz ernsthaft.
    Auf dieses Stichwort hin dämpfte Elsie ihre Begeisterung mit einem Seufzen. »Ach, das geht schon in Ordnung. Ich rühre nur gerade die Sauce. Für den Kockowin. Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz.«
    Als Jury sich in einem Sessel niedergelassen hatte, versuchte er, den Kockowin dingfest zu machen. Erfolglos. War es ein neumodisches Gemüse? Wie Radicchio? Er schaute auf den kleinen Garten hinaus, der Regen tropfte von den Blättern, und dachte daran, daß er unwillkürlich auf den Vergleich mit griechischen Statuen gekommen war, weil Jenny einmal in einem riesigen Haus mit Säulengängen gewohnt hatte, in dessen Hof eine Statue (aber keine griechische) gestanden hatte. Deren Bild schmuggelte sich immer in seine Gedanken, wenn er bei ihr war, dazu bedurfte es nicht einmal Jennys Gegenwart.
    Elsie strich ihre Schürze glatt und teilte ihm mit, daß Lady Kennington »in der Kneipe« sei. Wie eine eher gelangweilte junge Hausdame zog sie sich eine Illustrierte vom Couchtisch und blätterte sie beiläufig durch. Elsie war zehn und sah auch wie zehn aus, wollte sich aber gern unbekümmert und blasiert geben, wie in feineren Kreisen üblich. Der Eindruck wurde nur insofern getrübt, als es sich bei der Illustrierten, die sie nun beiseite warf, weder um Majesty noch um Country Life, sondern um Chips and Whizzer handelte. Sie sprang auf und verkündete besorgt, sie habe vergessen, den Schattenschild zu kühlen.
    Jury blieb es überlassen, das in seinem Herzen zu bewegen, aber er kam zu keinem endgültigen Schluß, bis sie zurück war. »Du hast was gekühlt?« Neugierig neigte er den Kopf zur Seite.
    »Den Wein. Zum Essen. Ich sollte ihn in den Kühler tun. Es ist ein sehr gutes Jahr für Schattenschild.« Lässig nahm sie Chips and Whizzer wieder zur Hand. »Lady Kennington hat gerade ein Pub gekauft. Das wissen Sie sicher schon.«
    Jury hatte eher den Eindruck, als wisse Elsie ganz genau, daß dem nicht so war, und weise ihn diskret darauf hin, daß nicht jeder Lady Kenningtons Vertrauen besaß. »Nein, um ehrlich zu sein, das wußte ich nicht. Ich erinnere mich aber vage, daß sie erwähnt hat, sie wolle ein Restaurant eröffnen. Wo ist die Kneipe?«
    »Ein wenig außerhalb der Stadt.«
    »Wie heißt sie? Vielleicht habe ich sie gesehen.«
    Elsie zog eine Schnute und schaute zur Zimmerdecke. »Sie wird wahrscheinlich den Namen ändern.«
    Klartext: Elsie konnte sich nicht erinnern, wie die Lokalität hieß.
    »Arbeitest du dann auch da?«
    »Ja. Wahrscheinlich serviere ich den Tee.«
    »Tee? In einer Kneipe?«
    »Also, es soll ein bißchen von allem sein«, sagte Elsie und breitete die Arme aus, um »alles« zu um-reißen. »Ein Restaurant und eine Teestube und ein Pub und vielleicht noch ein kleiner Buchladen.«
    »Das sind ja ganz schön hochfliegende Pläne.«
    »Es gibt auch viele Räume.« Sie dachte eine Weile nach. »Vielleicht auch einen Geschenkeladen.« Sie dachte noch eine Weile nach. »Und eine Disco. Das ist meine Idee.« Bei diesen Worten schaute sie Jury an, um nicht zu verpassen, wie er auf diese wahnsinnige unternehmerische Großtat reagierte, die Lady Kennington und selbstredend sie, Elsie, in Angriff nahmen.
    »Herr im Himmel, Elsie, dann hast du aber alle Hände voll zu tun.« Das Gasthausabenteuer schien mit Elsies Phantasie außer Kontrolle zu geraten. Jetzt fehlte bloß noch ein Theaterrestaurant für die Royal Shakespeare Company. »Hm, wenn Lady Kenning-ton sich um all das zu kümmern versucht, kommt sie aber bestimmt nicht vor ein, zwei Jahren zurück.« Jury schickte sich zum Gehen an.
    »Oh, so lang bleibt sie nicht. Kann sie auch gar nicht, weil sie einen Anruf von Herrn ... von jemandem erwartet.«
    In dem Bemühen, sich an den Namen zu erinnern, verzog sie das Gesicht - ohne Erfolg, nach den tiefen Falten zu urteilen. »Einerlei, er gibt ihr Geld, damit sie das Restaurant kaufen kann. Sie hat ihn auch schon in Lincolnshire besucht. Er ist reich.«
    Jury sank das Herz eine Etage
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