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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer
Autoren: Unbekannter Autor
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dämliche kaputte Mauern und Touristen. Aber schlußendlich brauchte man in jedem Job eine gehörige Portion Humor und Phantasie, in dem hier allemal. Das sagte er ja immer zu Freddie: Was dir fehlt, alter Junge, ist Phantasie.
    Weit in der Ferne blitzte es, ein eindrucksvoller Anblick. Der Regen war immer noch ziemlich weit weg. Aber er würde kommen. Schwer, hier Entfernungen abzuschätzen. Wieder erhellte ein Lichtstrahl den Turm der Kathedrale von Salisbury. Bildschön, wenn man - wie er - einen Blick für das Kunstzeugs hatte. Wenn er sich nicht für Geschichte begeistert hätte, hätten es die schönen Künste sein müssen, dann hätte er eine künstlerische Laufbahn eingeschlagen. Ja, er wußte diese Sonnenaufgänge zu genießen, auch die Sonnenuntergänge. Nun beobachtete er, wie der goldene Streifen trügerischen Lichts milchig wurde, sich auflöste und beinahe verschwand. O doch, er wußte auch die Natur zu schätzen, schon immer.
    Er drückte die Zigarette aus - hätte er doch bloß mit dem Anzünden noch ein wenig gewartet -, blies sich auf die Hände und bewegte sie wie einen Blasebalg. Die Finger würden ihm abfrieren, wenn er die Eintrittskarten ausgab. Aber heute würden eh nicht viele Touristen kommen, nicht im Februar.
    Trevor langte bei einer der Latrinen an, über die er sich so amüsiert hatte. Wer weiß, was für Ausdrücke sie im Mittelalter für Aborte gehabt hatten. Es gab mehrere auf der gesamten Anlage, der hier war innerhalb der Mauer und vermutlich für die Wachen bestimmt gewesen. Da mußte er immer lachen. Plumpsklos! Er ging ein paar Meter den Hügel hinunter und kam zu dem Eisengeländer, das man um das große rechteckige Loch errichtet hatte, damit die Leute nicht hineinfielen. Oder hineinpißten. Ha, ha.
    Er beugte sich über das Geländer und schaute so weit hinunter, wie er konnte. O Gott, man stelle sich vor, an einem Februarmorgen aus dem Bett zu steigen und mit nackten Füßen über die eiskalten gepflasterten Wege zu tapern, bis man zu diesem Loch kam. Trev überlegte, warum es so lange gedauert hatte, Wasserklosetts zu erfinden. So toll war die Erfindung ja nun auch wieder nicht. Man mußte nur an einer dämlichen Kette ziehen, und in der Toilette in seinem Haus sogar mehr als einmal.
    Er kniff die Augen zusammen und beugte sich noch ein wenig weiter vor. Seine Augen waren auch nicht mehr das, was sie mal waren. Er konnte sich also irren.
    Er irrte sich nicht: In der tiefen Dunkelheit unten auf dem Grund lag etwas. Er versuchte sich einzureden, daß es keine Leiche sein konnte, dort unten doch nicht, aber er wußte, es war eine.
    Trevor fuhr so abrupt auf, daß er beinahe gestolpert wäre, rückwärts allerdings. Er fing an zu schreien und wußte gleichzeitig, es war sinnlos. Innerhalb einer Meile gab es niemanden, der ihn hätte hören können. Er drehte sich um und ging im Kreis, als ob er ein Ritual brauchte, das ihm sagte, was zu tun sei. Na los, alter Junge, sei kein Waschlappen und benutz deinen Grips, darauf kommt's jetzt an. Klapp nicht zusammen wie ein altes Weib. Natürlich, das Kartenhäuschen. Da war ein Telefon. Von dort konnte er im Krankenhaus anrufen, nein, bei der Polizei. Wer auch immer da unten lag, der brauchte keinen Krankenwagen mehr, dazu war's zu spät.
    Er rannte los und blieb nur einmal kurz stehen, um sich mit zitternden Händen eine Zigarette in den Mund zu stecken. Diese Fluppen, die bringen mich noch mal ins Grab.
2
    Trevor Hastings stand im Rampenlicht, und nach den anfänglichen Schrecksekunden wollte er es jetzt auch auskosten. Erst als Detective Chief Inspector Rush von der Kripo in Wiltshire in schwarzem Auto und schwarzem Regenmantel auftrat, wurde Trevor nervös. Der Mann zog den Regenmantel so eng um sich zusammen, daß er aussah wie ein Exhibitionist. Aber DCI Rush entblößte nichts, weder seinen Körper noch etwas in seinem Gesicht.
    Und Trevor begriff erst, nachdem Rush eine Reihe schmallippiger Fragen an ihn gestellt hatte: Er wurde verdächtigt! Daß er die Leiche hier entdeckt hatte, machte ihn verdächtig! Dabei hatte er doch nur seine Bürgerpflicht getan und die Polizei gerufen. Er hätte auch einfach abhauen können. Von wegen telefonieren, er hätte sich in seinen Mini setzen und wegfahren können. Wäre er ja wohl auch, wenn er den da unten runtergeschubst hätte? Keine Frage.
    Wie dem auch sei, Trevor wurde gebeten - nein, ihm wurde befohlen -, an Ort und Stelle zu bleiben. Als wäre er ein dämlicher Hund. Platz! Der
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