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Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Titel: Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Autoren: Hilary Norman
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auf den Verlust von allem, wonach er gestrebt hatte, tausendmal schlimmer war.
    Er würde niemals als Märtyrer angesehen werden, das akzeptierte er, aber er konnte zumindest dafür sorgen, dass sein letzter Akt vielleicht von Interesse für Psychologen und insbesondere Studenten des Suizids sein würde.
    Vielleicht würde er eine Erwähnung in einem Aufsatz oder sogar einem Lehrbuch verdienen.
    Aber vermutlich würde über sein Leben und seinen Tod nur in irgendeinem Lokalblatt berichtet werden.
    Verbitterung stieg wieder in George Wiley auf, dem Doktor der Medizin, und rief ihm erneut in Erinnerung, für wie viel diese Leute sich zu verantworten hatten.
    Er schaute auf die Armbanduhr.
    Zeit, sich vorzubereiten.

150.
    Es war wieder dunkel, als Sam endlich nach Hause kam.
    Er und Martinez hatten Chauvin auf den Weg zurück nach Europa gebracht. Anschließend hatten sie sich im Büro durch den Papierkram gequält, bis Martinez erklärt hatte, genug sei genug, und es sei Zeit, Schluss zu machen.
    Der kleine Joshua schlief bereits. Dass Sam wieder einmal zu spät nach Hause kam, um seinem Sohn auch nur eine Gutenachtgeschichte vorzulesen, war in letzter Zeit einfach zu oft vorgekommen …
    »Lass uns ein paar Tage wegfahren«, sagte er beim Abendessen. Ausnahmsweise aß er mit seiner Frau zusammen. Grace hatte Ossobucco alla Milanese mit Risotto gekocht. Sam war bis auf die Knochen erschöpft, sodass Grace angeboten hatte, ihm ein Tablett hochzubringen, aber er wollte lieber bei ihr sein.
    »Nur ein verlängertes Wochenende«, sagte er jetzt. »Wir könnten nach Neuengland, wenn du Lust hast. Wie wär’s?«
    »Das wäre wundervoll, Sam.«
    Nach dem Essen drehte Sam mit Woody eine Runde um den Block. Anschließend sahen sie nach ihrem schlafenden Sohn, strichen ihm übers Haar und küssten seine zarte Wange.
    Dann wurde die Last der Erschöpfung zu viel für Sam. Er kroch noch vor Grace ins Bett und bekam nur noch undeutlich mit, wie sie ihm eine gute Nacht wünschte.

151.
    28. Mai
    George Wiley war kalt.
    Es war keine körperliche Kälte, denn die Nacht war warm und feucht, und er hatte kein Fieber, war nicht krank.
    Es war eine Kälte der Seele. Die Wärme wich bereits aus seinem Körper.
    Er war schon vor einer Weile angekommen, war zweimal um den Block gefahren und hatte gesehen, dass das Haus im Dunkeln lag. Es war mit einer Alarmanlage gesichert, aber es standen keine Streifenwagen in der Nähe.
    Dann hatte Wiley in der nächsten Seitenstraße geparkt.
    Dort hätte es enden können, wenn irgendjemand einen verdächtigen Burschen gemeldet hätte, der schwer aussehende Taschen zu Dr. David Beckets Haus hinaufschleppte und dann hinter der weißen Steinmauer verschwand, die das Erdgeschoss des Hauses fast vollständig vom Ocean Boulevard abriegelte.
    Wenn es dort geendet hätte, mit einer weiteren Festnahme, hätte er noch einmal von vorn anfangen müssen, hätte neu überlegen müssen, vermutlich aus dem Gefängnis heraus …
    Der Gedanke elektrisierte ihn.
    Er hatte nicht sterben wollen. Er wollte nicht sterben. Er wollte leben .
    Aber nur als Arzt.
    Und damit war es jetzt zu Ende.

*
    Die Bücher waren schwer gewesen, ebenso die beiden Benzinkanister und seine Instrumente. Alles andere war geradezu lächerlich leicht: gerahmte Diplome, weiße Kittel, zwei Fleecejacken als Zunder, zehn Packungen hölzerne Zungenspatel als Anmachholz, sein Stethoskop, George Wileys Ausweispapiere, Führerschein und Sozialversicherungskarte, zwei große Schachteln Streichhölzer und zwei Sicherheitsfeuerzeuge – die hatte er kaufen müssen, da er nie geraucht hatte.
    Niemand hielt ihn auf, als er um das Haus herum nach hinten schlich. Kein Flutlicht erfasste ihn mit einem gleißenden Strahl. Die Alarmanlage blieb still und würde es vermutlich bleiben, da er nicht die Absicht hatte, einzubrechen.
    Er schaltete seine kleine Stiftlampe ein, schaute sich um und sah alles, was er brauchte.
    Gartenmöbel aus Holz.
    Zufrieden machte er sich an die Arbeit.
    Zuerst den Tisch.
    Dann die Stühle darüberstapeln.
    Leise, vorsichtig.
    Er arbeitete geschickt, sorgfältig, ebenso rasch wie leise, und brauchte keine Zeit mehr zum Nachdenken.
    Denn jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Es hatte seit Tagen nicht mehr geregnet, deshalb waren der Tisch und die Stühle trocken.
    Er war fast fertig.
    Er brauchte nur noch seine ausgewählten Zuschauer.
    Und Flammen.
    Und Mut.
    Zumindest hierbei hoffte er Erfolg zu haben.

152.
    Im ersten Moment dachte
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