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Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Titel: Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Autoren: Hilary Norman
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gerettet zu werden, um danach vor sich hin zu siechen.
    Jetzt spürte er ihn, den lodernden, alles verzehrenden Schmerz, und als er benommen auf seine Füße sah, sah er sie brennen, sah Fleisch und Knochen schmelzen, und sein Magen rebellierte und seine Blase schrie auf, und er glaubte seinen eigenen Urin zischeln zu hören, und dann hörte er seinen eigenen Aufschrei, der nicht aus ihm selbst zu kommen schien …
    Und dann sah er auf einmal, dass das Feuer sich nicht auf seinen Scheiterhaufen beschränkte.
    Es fraß sich mit flackernden, lodernden Zungen zum Haus hin.
    »Nein!«, protestierte er, auch wenn sich das Wort nie formte, denn inzwischen hatte sein Körper Feuer gefangen, und er lag bereits im Sterben, und vielleicht stimmte es ja, dass Verbrennungen dritten Grades die Nervenenden zerstörten, aber oh, lieber Apollon, diese Zerstörung war die reinste Folter , und o Gott, jetzt wurden seine Lungen gegrillt , und Fleisch und Knochen und Muskeln und Fett brutzelten und stanken wie die Grillparty des Satans persönlich, und er sehnte sich nach dem Tod, aber er lebte noch immer, fühlte noch immer …
    Er konnte sehen, dass Benzin auf den Fußweg gespritzt war und verdorrte Unkrautbüschel zwischen Steinplatten den hungrigen Flammen Nahrung gaben. Feuerzungen leckten an den Kissen, die er zur Seite geworfen hatte, und eine alte Hollywoodschaukel mit einem Stoffbaldachin stand nahe der Verandatür der Beckets, und ein Flammentuch griff bereits nach dem Haus selbst.
    Nein! , schrie sein Verstand, denn jetzt würden diese alten Leute im Haus vielleicht auch verbrennen, und das hatte er nicht gewollt, er hatte kein Leben gefährden wollen, nicht einmal ihres. Er hatte sie nur erschrecken wollen, ihnen Angst einjagen, und er hatte den Hippokratischen Eid in drei Fassungen abgelegt, hatte ihn mit größter Feierlichkeit geschworen, mit nur seinen Büchern als Zeugen …
    Und sein vorletzter Gedanke, während er auf seinem selbst errichteten Scheiterhaufen verbrannte, war, dass er seinen Eid, seinen Schwur, letztendlich doch gebrochen hatte – und dass er sogar dabei gescheitert war.
    Und dann, als er schon nichts mehr sehen konnte, als sein Haar in Flammen stand, kurz bevor die verschlungenen Wunder seines Gehirns zu schmelzen begannen, begriff er, dass die Feuerwehrleute oder welche armen Teufel auch kommen würden, um seine verkohlten Überreste einzusammeln, zusammenzusetzen und zu analysieren, vielleicht schon wussten, dass er nicht wirklich Dr. George Wiley war.
    Dass er von seiner Geburt bis zu seinem Tod ein ehrgeiziger, unnützer Dummkopf namens Gregory Wendell geblieben war, dessen eigene Eltern ihn verachtet hatten, und das zu Recht.

154.
    Die Feuerwehr kam rechtzeitig, um das Haus zu retten, auch wenn die Flammen bereits die Verandatür herausgerissen und einen Teil der Vorhänge und das alte Sofa verschlungen hatten.
    Die Rettungskräfte kamen früh genug, um die schockierten älteren Eheleute zu untersuchen, die körperlich unversehrt waren und es ablehnten, sich ins Krankenhaus bringen zu lassen.
    Und Sam kam rechtzeitig, um den schwelenden Albtraum in ihrem Garten zu sehen und seinen Vater und Mildred vom Ort des Geschehens wegzubringen.
    Er nahm sie mit zurück auf die Insel, wo Grace zutiefst bestürzt war, als sie den Schrecken in Mildreds und Davids Gesichtern sah.
    So gut Grace’ Vorstellungskraft auch war – sie wusste, dass sie sich das schiere Grauen, das die beiden mit angesehen hatten, niemals auch nur ausmalen konnte.
    »Wie sollen sie darüber je hinwegkommen?«, fragte sie Sam leise.
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete er. »Auch wenn wir wissen, dass sie beide sehr stark sind.«
    »Das werden sie auch sein müssen«, sagte Grace.

*
    Sie übernachteten in Cathys altem Zimmer. David bestand darauf, dass Mildred sich ausruhte, obwohl er selbst kein Auge zutat und auf sie aufpasste. Nur von Zeit zu Zeit nickte er ein, um dann erschrocken hochzufahren.
    »Ich glaube, wir sollten möglichst bald nach Hause zurückkehren«, sagte Mildred um kurz nach fünf. »Wenn wir zu lange warten, könnte es noch schlimmer werden.«
    »Sam sagt, wir sollten erst zurück, wenn die Reparaturarbeiten abgeschlossen sind.«
    Der Geruch eines brennenden Hauses war schon schlimm genug, selbst ohne …
    David schauderte.
    »Ich sehe es immer wieder vor mir«, sagte Mildred. »Ich sehe ihn vor mir.«
    »Ich weiß«, sagte David. »Ich auch.«
    »War es wegen uns, was meinst du?« Ihre Lippen
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