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Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Titel: Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Autoren: Hilary Norman
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ungerecht.

*
    Er hatte seine Verbrechen und ihr Strafmaß zusammengezählt, hatte es ausgerechnet, so gut er konnte. Ausübung des Arztberufs ohne Zulassung, Fälschung von Diplomen, Körperverletzung von Patienten – denn er nahm an, dass eine Untersuchung durch einen nicht zugelassenen Arzt vermutlich als eine Art Körperverletzung galt, selbst wenn sie geschehen war, um den Patienten zu helfen .
    Außerdem hatte er Rezepte ausgestellt, hatte Spritzen und Pillen verabreicht.
    Nicht zu vergessen das größte Verbrechen in den Augen des Gesetzes: Identitätsdiebstahl. Ein Schwerverbrechen.
    Bis zu fünfzehn Jahre allein schon dafür.
    Und selbst wenn er das alles überlebte, wenn er seine Zeit absaß und lebend wieder aus dem Gefängnis kam, würde es nichts mehr für ihn geben.
    Keine Medizin mehr.
    Keinen Sinn mehr.
    Deshalb wollte er nicht warten.

148.
    Als sie zu seiner Ferienwohnung in Surfside kamen, bat Thomas Chauvin die Detectives, im Wagen zu warten, während er hineingehen und packen wollte.
    »Wir haben versprochen, Ihnen zu helfen.« Sam stieg aus dem Saab.
    »Sie sind schließlich verletzt.« Martinez öffnete die hintere Wagentür.
    Sie spürten beide, dass der jüngere Mann deutlich nervöser wurde, als sie die Treppe zum ersten Stock hinaufstiegen, und behielten ihn zwischen sich, bis sie zur Wohnungstür kamen.
    Chauvin fummelte mit den Schlüsseln.
    »Gestatten Sie«, sagte Sam, ließ sich die Schlüssel geben und öffnete.
    Die schmale, weiß gestrichene Diele war ordentlich und sauber.
    Das Zimmer des Studios jedoch verschlug den beiden Ermittlern den Atem.
    »Verdammt«, stieß Martinez hervor.
    »Scheißkerl«, sagte Sam leise.
    »Das sind nur Fotos«, murmelte Thomas Chauvin.
    Da hatte er recht.
    Die Wände waren bedeckt davon. Auf mattem Papier ausgedruckt.
    Hauptsächlich von Grace. Und von Cathy.
    Sam ging im Zimmer umher und betrachtete die Bilder genauer. Es bestand kein Zweifel, dass die meisten Aufnahmen von Grace in der Schweiz entstanden waren, ohne ihr Wissen. Mehrere Aufnahmen zeigten sie auf einem Podium in einem Konferenzsaal, und auf drei Bildern war sie mit einem Mann und einer Frau vor einem Restaurant zu sehen – auf einem dieser Fotos schien Grace genau in die Kamera zu schauen, auch wenn sich Sam sicher war, dass Chauvin den Schnappschuss nur gut abgepasst hatte.
    Die Fotos von Grace ärgerten ihn schon mehr als genug, aber nicht so sehr wie die von Cathy, zumal er wusste, dass Cathy Chauvin gebeten hatte, mit dem Fotografieren aufzuhören – was der Kerl aber erst getan hatte, als Sam zufällig anrief.
    »Wie soll es jetzt weitergehen, Sam?«, fragte Martinez.
    »Ich werde die Fotos abnehmen«, sagte der Franzose. »Wenn ich sowieso abreisen muss.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Sam.
    »Sie meinen, ich kann bleiben?«
    Sam ging die Fakten rasch in Gedanken durch. An den Fotos war nichts offenkundig Unrechtes. Nichts, was in irgendeiner Weise unanständig war. Keines der Bilder schien manipuliert oder retuschiert worden zu sein, was aber nicht heißen musste, dass Chauvin solche Spiele nicht auf seinem Computer spielte.
    Er konnte den Kerl hierbehalten und die Fotos als Teilbeweise für Stalking verwenden, würde damit aber kaum etwas ausrichten. Eine illegale Durchsuchung kam nicht infrage und brachte sowie nichts, und um einen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen, reichte der Tatverdacht nicht aus. Der beste Weg, einen Schlussstrich unter dieses Kapitel zu ziehen, war deshalb immer noch, Chauvin nach Hause zu schicken.
    »Packen Sie Ihre Sachen«, sagte Sam.
    »Bist du sicher, Mann?«, fragte Martinez leise.
    Sam nickte grimmig. »Ich will, dass er verschwindet.«
    Thomas Chauvin nickte und streckte die Hand aus, um eines der Fotos von Cathy von der Wand zu nehmen.
    »Lassen Sie das.« Sams Stimme war messerscharf.
    »Die Abzüge sind mein Eigentum«, sagte Chauvin.
    »Treiben Sie es nicht auf die Spitze, Kumpel«, zischte Martinez.
    »Während Sie packen«, sagte Sam, »würde ich mir gern Ihre Kamera ansehen.«
    »Meine Kamera? Die gebe ich Ihnen auf gar keinen Fall.«
    »Ich werde sie nicht behalten«, sagte Sam. »Ich will sie nur bewundern.«
    »Und die Originale löschen«, sagte Chauvin.
    »Schön wär’s«, erwiderte Sam. »Aber wenn Sie mir die Kamera nicht zeigen wollen … okay, dann eben nicht.« Er zuckte die Schultern. »Ich nehme an, Sie haben die Fotos sowieso schon auf Ihren Heimcomputer kopiert.«
    »Oder an irgendeine gottverdammte Cloud
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