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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts
Autoren: Ian Banks
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weilte, und er wusste seit langem, dass sie sich gern mit alten Gegenständen umgab; ein Beispiel dafür war dieser alte Kahn und die antiken Möbel und Einrichtungsgegenstände, die er enthielt.
    Selbst das physische Make-up der Maschine zeugte von einer Art Antikfanatismus. Es war eine allgemein verlässliche Regel: je größer eine Kultur-Drohne erschien, desto älter war sie. Die ersten Exemplare, die aus der Zeit vor acht- oder neuntausend Jahren datierten, hatten die Größe von stämmigen, hochgewachsenen Menschen gehabt. Nachfolgende Modelle waren immer mehr geschrumpft, bis die fortschrittlichsten Drohnen seit einiger Zeit so klein waren, dass sie in eine Tasche passten. Tersonos meterhoher Körper mochte die Vermutung nahe legen, dass er vor Jahrtausenden geschaffen worden war, obwohl er in Wirklichkeit erst ein paar Jahrhunderte alt war, und der zusätzliche Raum, den er einnahm, war Folge der Trennung seiner inneren Bestandteile, um desto besser die zarte Durchsichtigkeit seiner unorthodoxen Keramikhülle zur Geltung zu bringen.
    Ziller trank sein Glas leer und zog eine Pfeife aus einer Westentasche. Er sog daran, bis eine kleine Rauchwolke aus dem Kolben aufstieg, während die Drohne mit dem Homomdaner Freundlichkeiten austauschte. Der Komponist versuchte immer noch, Rauchringe herzustellen, als Tersono schließlich sagte: »… was mich zu dem Grund bringt, warum ich Sie beide hergerufen habe.«
    »Nämlich?«, fragte Ziller.
    »Wir erwarten einen Gast, Br. Ziller.«
    Ziller sah der Drohne geradewegs in die Augen. Dann ließ er den Blick durch die breite Kabine schweifen und betrachtete die Tür. »Wie, jetzt? Wen denn?«
    »Nicht jetzt. In etwa dreißig oder vierzig Tagen. Ich fürchte, wir wissen noch nicht genau wen. Aber es wird jemand aus Ihrem Volk sein, Ziller. Jemand von Chel. Ein Chelgrianer.«
    Zillers Gesicht bestand aus einer pelzigen Kuppel mit zwei großen, schwarzen, beinahe halbkreisförmigen Augen über einem grau-rosafarbenen, haarlosen Nasenbereich und einem teilweise zum Greifen geeigneten Mund. Jetzt zeigte es einen Ausdruck, den Kabo noch nie zuvor gesehen hatte, obwohl er zugegebenermaßen den Chelgrianer seit nicht einmal einem Jahr und auch nur sehr oberflächlich kannte. »Kommt er hierher?«, fragte Ziller. Seine Stimme klang… eisig – das war das richtige Wort, sagte sich Kabo.
    »Ja. In dieses Orbital, auf diese Platte.«
    Zillers Mund arbeitete. »Kaste?«, fragte er. Das Wort wurde mehr ausgespuckt als ausgesprochen.
    »Ein Berührter oder möglicherweise ein Geschenkter«, sagte Tersono gleichgültig.
    Natürlich. Ihr Kastensystem. Zumindest ein Teil des Grundes, warum Ziller hier war und nicht dort. Ziller betrachtete eingehend seine Pfeife und blies weiteren Rauch in die Luft. »Möglicherweise ein Geschenkter, wie?«, murmelte er. »Nun, Sie können sich das als große Ehre anrechnen. Hoffentlich machen Sie keine Fehler hinsichtlich deren heikler Etikette. Am besten fangen Sie gleich mal an zu üben.«
    »Wir glauben, diese Person kommt vielleicht hierher, um Sie zu besuchen«, sagte die Drohne. Sie drehte sich in dem Flechtspansessel ein klein wenig um und fuhr ein Manipelfeld aus, um die Schnüre zu bedienen, die die Vorhänge aus Goldstoff über die Fenster senkten und so den Blick hinaus auf den dunklen Kanal und die schneebedeckten Kais versperrte.
    Ziller klopfte gegen den Kolben seiner Pfeife und betrachtete sie stirnrunzelnd. »Ach, wirklich?«, sagte er. »Na ja. Wie schade. Ich hatte eigentlich vorgehabt, mich schon vorher an Bord eines Kreuzers zu begeben, um den tiefen Raum zu bereisen. Für mindestens ein halbes Jahr. Vielleicht auch länger. Um genau zu sein, ich bin ziemlich fest entschlossen, es zu tun. Sie werden meine Entschuldigung irgendeinem affektierten Diplomaten oder hochnäsigen Adeligen – wen immer sie uns schicken mögen – übermitteln. Ich bin sicher, man wird Verständnis haben.«
    Die Drohne senkte die Stimme. »Ich bin sicher, dass man das nicht haben wird.«
    »Ich auch. Ich hab es ironisch gemeint. Aber die Sache mit der Kreuzfahrt meine ich ernst.«
    »Ziller«, sagte die Drohne leise. »Sie bestehen auf ein Treffen mit Ihnen. Selbst wenn Sie sich auf eine Kreuzfahrt begeben, würden sie zweifellos versuchen, Ihnen zu folgen und Sie auf dem Schiff zu treffen.«
    »Und natürlich würden Sie nichts unternehmen, um sie davon abzuhalten.«
    »Wie könnten wir das tun?«
    Ziller sog eine Weile lang bedächtig an seiner Pfeife. »Ich
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