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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts
Autoren: Ian Banks
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eines der Antriebsräder des Fahrzeugs. »Komisch«, sagte er. »Ich bin mir nicht mal sicher, ob es einer von ihnen oder einer von uns ist.«
    »Ehrlich gesagt, ich auch nicht«, erklärte ich. Ich blickte zu der zerbrochenen Karkasse hinauf. Anscheinend breitete sich das Feuer im Innern aus; dünne blaue und gelbe Flammen zeigten sich in dem Loch, wo der Hauptgefechtsturm gewesen war.
    Auf dieser Seite waren die Raupenketten des angeschlagenen Landzerstörer, der halb trudelnd, halb rutschend in den Krater gestürzt war, noch an ihrem Platz. Auf der anderen Seite lag die weggerissene Raupenkette flach am Kraterhang, ein schrittbreiter Streifen flachen Metalls, der wie eine baufällige Rolltreppe beinahe bis an den ausgefransten Rand des Loches hinaufreichte. Vor uns ragten riesige Antriebsräder aus dem Rumpf der Kriegsmaschine heraus; die mit dicken Scharnieren verbundenen Glieder des oberen Laufs der Raupenkette ruhten darauf. Quilan war unter dem unteren Raupenband gefangen, in den Schlamm gedrückt, sodass nur der obere Teil seines Torsos frei war.
    Unsere Kameraden waren tot. Nur noch Quilan und ich waren übrig, sowie der Pilot des Leichtfliegers, der auf dem Rückweg war, um uns zu holen. Das Schiff, das sich nur ein paar hundert Kilometer über uns befand, konnte nicht helfen.
    Ich hatte versucht, Quilan herauszuziehen, ohne auf sein unterdrücktes Stöhnen zu achten, aber er steckte fest. Ich hatte die AG-Einheit meines Anzugs bei dem Versuch, das Kettenstück, das ihn gefangen hielt, zu bewegen, ausgebrannt, und ich verfluchte unsere angeblich so wundervollen Projektilwaffen der x-ten Generation; sie waren bestens geeignet, um unseresgleichen zu töten und Schutzanzüge zu durchdringen, aber überaus ungeeignet, um durch dickes Metall zu schneiden.
    In der Nähe knisterte etwas sehr laut; Funken flogen aus dem Feuer in der Gefechtsturmöffnung, stoben in alle Richtungen und vergingen im Regen. Ich spürte die Detonationen an der Erschütterung des Bodens, übertragen durch den Körper des Maschinenwracks.
    »Die Munition explodiert«, stellte Quilan mit angespannter Stimme fest. »Höchste Zeit, dass du verschwindest.«
    »Nein. Ich glaube, als der Gefechtsturm gesprengt wurde – auf welche Weise auch immer –, ist auch die ganze Munition mit in die Luft gegangen.«
    »Das glaube ich nicht. Sie könnte immer noch explodieren. Hau endlich ab!«
    »Nein. Ich fühle mich hier wohl.«
    »Wie bitte?«
    »Ich fühle mich hier wohl.«
    »Jetzt bist du völlig übergeschnappt.«
    »Ich bin überhaupt nicht übergeschnappt. Warum willst du mich unbedingt loshaben?«
    »Warum sollte ich nicht? Du bist eine Vollidiotin.«
    »Nenn mich nicht Idiotin, ja? Du bist streitsüchtig.«
    »Ich bin überhaupt nicht streitsüchtig. Ich versuche nur, dich zur Vernunft zu bringen.«
    »Ich bin bei Vernunft.«
    »Den Eindruck habe ich ganz und gar nicht. Es ist übrigens deine Pflicht, dein eigenes Leben zu retten.«
    »Und deine Pflicht ist es, nicht zu verzweifeln.«
    »Nicht zu verzweifeln? Meine Kameradin und Gefährtin benimmt sich wie eine Schwachsinnige, und ich habe…« Quilan riss die Augen weit auf. »Da oben!«, zischte er und deutete hinter mich.
    »Was denn?« Ich drehte mich blitzschnell um, brachte das Gewehr in Anschlag – und erstarrte.
    Der Kämpfer der Unsichtbaren war am Rand des Kraters und spähte herunter zum Wrack des Landzerstörers. Er hatte so etwas wie einen Helm auf, doch das Gebilde bedeckte seine Augen nicht und war wahrscheinlich wenig sinnvoll. Ich blickte durch den Regen nach oben. Er wurde vom Feuerschein aus dem brennenden Landzerstörer beleuchtet; wir waren vermutlich weitgehend im Dunkeln. Der Kämpfer hielt das Gewehr in einer Hand, nicht in beiden. Ich verhielt mich sehr still.
    Er hielt sich etwas vor die Augen und spähte prüfend um sich. Dann hielt er inne und blickte genau in unsere Richtung. Ich hatte das Gewehr erhoben und schoss, als er das Nachtsichtgerät fallen ließ und seinerseits die Waffe ansetzte. Er explodierte in einem Lichtgestöber, als auch schon ein zweiter Blitz am Himmel über uns aufzuckte. Der größte Teil seines Körpers taumelte und rutschte hangabwärts zu uns herunter, um einen Arm und den Kopf ärmer.
    »Plötzlich kannst du einigermaßen ordentlich schießen«, stellte Quilan fest.
    »Das konnte ich immer schon, mein Lieber«, entgegnete ich und klopfte ihm auf die Schulter. »Ich habe es nur für mich behalten, weil ich dich nicht in Verlegenheit
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