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Blauer Montag

Blauer Montag

Titel: Blauer Montag
Autoren: N French
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der Kommission war eine untersetzte, grauhaarige Frau, die einen Pullover in einem grellen Pinkton und eine Halskrause trug. Das faltige Gesicht über der Krause wirkte klug, und ihre grauen Augen leuchteten. Frieda fand, dass sie aussah wie ein intelligenter Frosch. Die Frau stellte sich als Thelma Scott vor. Frieda betrachtete sie interessiert. Sie hatte schon von Thelma Scott gehört, einer Spezialistin für die Bereiche Gedächtnis und Trauma, sie aber noch nicht persönlich kennengelernt. Am äußeren Ende des Tisches saß eine weitere Frau. Ihre Aufgabe war es, die Sitzung zu protokollieren.
    »Wie Sie wissen, Doktor Klein«, begann Professor Krull mit
einem Blick in die ihm vorliegenden Papiere, »handelt es sich hierbei um die Voruntersuchung einer bei uns eingegangenen Beschwerde.« Frieda nickte. »Unsere Vereinigung verfügt über einen Ethik-Kodex und eine festgelegte Vorgehensweise im Fall von Beschwerden. Mit beidem haben Sie sich bei Ihrer Aufnahme einverstanden erklärt. Wir sind heute hier zusammengekommen, um die gegen Sie eingereichte Beschwerde zu untersuchen und uns zu vergewissern, dass einer Ihrer Patienten nicht Opfer unlauterer Berufspraktiken geworden ist, sondern von Ihnen auf eine für ihn sichere und angemessene Weise behandelt wurde. Ehe wir beginnen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass keine unserer Entscheidungen oder Erkenntnisse rechtliche Konsequenzen hat.« Er las inzwischen von dem vor ihm liegenden Blatt ab. »Auch beeinträchtigt unsere Entscheidung, wie auch immer sie ausfallen mag, keineswegs das Recht der Person, die sich über Sie beschwert hat, zusätzlich rechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten, falls sie sich dazu entschließen sollte. Sind Sie sich darüber im Klaren?«
    »Ja, das bin ich«, antwortete Frieda.
    »Dieser Untersuchungsausschuss besteht aus drei Psychotherapeuten, die zusammengekommen sind, um den Fall einer unparteilichen, professionellen Prüfung zu unterziehen. Haben Sie irgendeinen Grund, an der Unparteilichkeit von einem von uns zu zweifeln, Doktor Klein?«
    »Nein.«
    »Sie haben sich dazu entschieden, ohne Beistand zu erscheinen und für sich selbst zu sprechen.«
    »Das ist richtig.«
    »Dann können wir beginnen. Die Beschwerde wurde von Misses Caroline Dekker eingereicht, und zwar im Namen ihres Ehemanns Alan Dekker. Können Sie bestätigen, dass Alan Dekker Ihr Patient war?«
    »Ja. Er hat mich im November und Dezember 2009 mehrfach aufgesucht. Ich habe die Daten sämtlicher Sitzungen vermerkt.
« Sie holte ein bedrucktes Blatt hervor und schob es über den Tisch.
    »Laut Misses Dekker ging es ihrem Mann sehr schlecht, als er zu Ihnen kam.«
    »Er litt unter schweren Panikattacken.«
    »Misses Dekker behauptet, Sie hätten ihren Mann, statt ihm zu helfen, als …« – Krull warf einen Blick in seine Unterlagen – »Schachfigur in einer polizeilichen Ermittlung benutzt. Sie hätten sich nicht wie eine Therapeutin, sondern wie eine Ermittlerin verhalten, indem Sie einen schweren Verdacht auf ihn lenkten und ihn sogar bei der Polizei meldeten, so dass er zum Verdächtigen in einem Fall von Kindesentführung wurde. Statt sich an Ihr Versprechen zu halten, die Aussagen Ihres Patienten vertraulich zu behandeln, hätten Sie auf Kosten seines Seelenfriedens und seines zukünftigen Glücks Ihre eigene Karriere vorangetrieben.«
    »Würden Sie uns bitte Ihre Version der Ereignisse erzählen, Doktor Klein?« Thelma Scott, die ältere Frau mit der Halskrause und dem hässlichen Pullover, fixierte Frieda mit ihrem scharfen Blick.
    Nun, da dieser Moment, vor dem sie sich so lange gefürchtet hatte, endlich da war, fühlte sie sich ganz ruhig. »Alan Dekker kam im November zu mir, weil ihn Fantasien quälten. Vor seinem geistigen Auge sah er sich immer wieder mit einem Sohn. Im wirklichen Leben war er kinderlos, obwohl er und seine Frau schon eine ganze Weile versuchten, ein Kind zu bekommen. Deswegen sprachen wir darüber, wieso seine Kinderlosigkeit bei ihm nicht nur großen Kummer, sondern darüber hinaus eine schwere Störung ausgelöst hatte. Zur gleichen Zeit war tatsächlich ein Junge verschwunden, Matthew Faraday. Das Kind, das Alan immer beschrieb – der Sohn, den er nie hatte –, besaß so große Ähnlichkeit mit dem verschwundenen Jungen, dass ich es für meine Pflicht hielt, die Polizei darüber zu informieren. Danach sagte ich Alan, was ich getan hatte.«

    »War er wütend?« fragte Jasmine Barber.
    Frieda überlegte einen
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