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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition)
Autoren: Kasie West
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ablenken.«
    »Es ist halb vier morgens. Glaubst du nicht, dass er schläft?«
    Sie schaut auf ihr Handy, das ihr die Uhrzeit bestätigt. »Wahrscheinlich nicht. Er ist eine Nachteule.«
    »Meiner Meinung nach endet die Nacht um zwei. Er muss also eine Frühaufsteher-Eule sein.«
    »Warum sollte die Nacht um zwei zu Ende sein?«
    »Keine Ahnung. Länger als zwei schaffe ich normalerweise nicht aufzubleiben – also muss die Nacht zu diesem Zeitpunkt enden.«
    Sie lacht und schickt eine SMS ab. »Wenn er zurückschreibt, ist er wach, wenn nicht, schläft er.«
    »Wow, das ist ja eine ziemlich ausgeklügelte Methode herauszufinden, ob jemand wach ist oder schläft.«
    Sie gibt mir einen spielerischen Klaps auf den Kopf. »Wie schön, dass du deinen Sarkasmus nicht verloren hast.«
    Irgendwann am frühen Morgen beschließe ich, dass Henry ein netter Kerl ist. Ich bin froh, dass Skye über seine spitze Nase hinwegsehen konnte. Während er Gitarre spielt, schlafe ich ein.
    Als ich meine Augen öffne, sehe ich Skye auf der anderen Seite des Zimmers am Telefon. Von einer Sekunde auf die andere bin ich hellwach, springe vom Sofa auf und falle beinahe über Henry, der auf dem Fußboden schläft. Sie sieht mich kommen, wedelt mit der Hand und schüttelt den Kopf. Dann formt sie stumm mit dem Mund »Xander«. Augenblicklich drehe ich mich wieder um und lasse mich auf das Sofa sinken. Hoffentlich schafft sie es, die Nummer meiner Großeltern ohne große Schwierigkeiten zu bekommen; und dann kann er mich endgültig aus seinem Leben streichen.
    »Nein«, sagt Skye. »Sie schläft.«
    Wie spät ist es überhaupt? Ich strecke meinen Arm nach unten und drehe die Armbanduhr an Henrys Handgelenk, bis ich sie lesen kann. Halb elf. Wow. Ich habe mindestens fünf Stunden geschlafen. Wie kommt es dann, dass es sich immer noch anfühlt, als hätte mir jemand mit einer Keule ins Gesicht geschlagen? Und warum ist Skye immer noch am Telefon? Wie lange kann es dauern, eine Telefonnummer und eine Adresse aufzuschreiben?
    »Xander, bitte«, höre ich sie sagen. Sie ist viel zu nett. Ich hätte die Nummer schon längst. Vielleicht sollte ich, während ich warte, im Krankenhaus anrufen. Ich suche nach dem Telefon, aber dann wird mir klar, dass Skye es in der Hand hat. Warum hat sie nicht ihr Handy genommen? Was ist, wenn das Krankenhaus versucht, uns in diesem Moment zu erreichen? Meine Wut auf Xander kehrt mit voller Wucht zurück.
    »Nein«, sagt Skye mit einem Seufzer. Ich bin kurz davor, aufzustehen und ihr das Telefon wegzunehmen, als sie Danke sagt und etwas auf den Zettel schreibt, den sie in der Hand hält. »Ja. Na klar. Ich werd's ihr ausrichten.« Sie legt das Telefon auf.
    »Was sollst du mir ausrichten?«
    »Dass er mit dir sprechen will.«
    »Gut zu wissen. Ich aber nicht mit ihm.«
    »Ich weiß.« Sie reicht mir den Zettel, hockt sich dann neben Henry und streichelt ihm über die Wange. »Henry, wach auf.«
    Ich gebe seinem Bein einen kleinen Stoß und er fährt mit einem Ruck hoch. »Manchmal muss man eben ein bisschen Gewalt anwenden, Skye.«
    Sie verdreht die Augen, aber lächelt dabei. Und ich würde sie um nichts auf der Welt ändern wollen.
    Eine Stunde später stehe ich in der Eingangshalle des Krankenhauses und warte darauf, dass mir jemand weiterhilft. Niemand hatte sich bei mir gemeldet, aber nachdem Skye zur Arbeit musste und ich die Eltern meiner Mom angerufen und sie informiert hatte, habe ich es zu Hause nicht länger ausgehalten. Endlich legt die Empfangsdame den Hörer auf und sagt: »Zimmer dreihundertfünf. Nimm den Fahrstuhl und fahr in den dritten Stock. Dort wird dich jemand in die Station lassen.«
    »Danke.«
    Ich bin nervös. Ich möchte einfach nur meine Mom sehen. Dann wird es mir bestimmt besser gehen. Der größte Teil meiner Wut hat sich in Sorge verwandelt, aber die Wut ist immer noch da und ich möchte, dass sie verschwindet. In dem Moment, als ich in ihrem Zimmer stehe und ihr Gesicht sehe, blass aber friedlich, stoße ich einen Seufzer der Erleichterung aus. Ich ziehe einen Stuhl an ihr Bett und zwinge mich, ihre Hand zu nehmen. »Hey Mom«, flüstere ich. Sie rührt sich nicht.
    Ich weiß nicht, wie lange ich an ihrem Bett gesessen und ihre Hand gehalten habe (Eine Stunde? Zwei?), aber irgendwann kommt der Arzt herein und gibt mir ein Zeichen, mit ihm auf den Flur zu kommen.
    »Es tut mir leid, dass ich dich gestern Abend nicht zu ihr lassen konnte, aber die Räume unten, wo sie gestern lag, sind
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