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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen
Autoren: Hilary Norman
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Schuldgefühlen hatte.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie. »Glaub das keine Sekunde lang.«
    »Er ist mir gefolgt«, sagte Allbeury leise. »Die Geschichte mit Inspector Shipley war reiner Zufall, aber er muss …«
    »Er hat das nicht wegen Shipley getan«, unterbrach Lizzie ihn. »Und ganz bestimmt nicht wegen dir.« Sie blickte zur Tür. »Du weißt besser als jeder andere, warum er es getan hat.«
    Sie saßen eine Weile schweigend da.
    Schließlich sagte Allbeury: »Wenn du etwas brauchst, Lizzie, dann melde dich. Jederzeit, Tag oder Nacht.«
    »Du hast schon mehr als genug für mich getan«, sagte Lizzie.
    »Das sehe ich nicht so«, sagte Allbeury.

118.
    Sowohl Angela als auch Gilly waren in der Nähe, als Lizzie ihren Kindern die Neuigkeit überbrachte.
    Sie reagierten völlig unterschiedlich: Sophie schluchzte, ließ ihren Kummer heraus, wollte umarmt und getröstet werden und immer wieder hören, dass es nicht wahr sei und dass ihr Daddy wieder nach Hause kommen würde. Auch Edward war erschüttert, kämpfte jedoch tapfer um Haltung, als Lizzie ihn mit ihrem gesunden Arm zu umarmen versuchte.
    Jack blieb ganz still, fuhr im Rollstuhl in sein Zimmer und blieb dort stundenlang. Wenn Lizzie, seine Großmutter oder Gilly nach ihm sahen, war er weder feindselig, noch weinte er. Er saß einfach nur da.
    Am frühen Samstagabend kam Angela zu Lizzie, die im hinteren Teil des Gartens saß und endlich selbst ein paar Tränen vergoss.
    »Das ist gut«, sagte Angela leise.
    »Ich weine nicht meinetwegen«, sagte Lizzie. »Und auch nicht um Christopher.«
    »Wegen der Kinder«, sagte Angela.
    »Ja«, antwortete Lizzie.
    Ihre Mutter streckte die Arme aus, und Lizzie kam an ihre Brust.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie, »ob Jack es verkraftet.«
    »Bestimmt«, sagte Angela. »Er ist ein bemerkenswerter Junge.«
    Die Briefe fand Lizzie erst mehrere Tage später. Die Frage, ob sie den Kindern diese Briefe geben sollte, machte ihr sehr zu schaffen, da sie für Edward und Jack – wahrscheinlich auch für Sophie – ein Beweis dafür sein würden, dass ihr Vater Selbstmord begangen hatte, ein Punkt, über den bisher noch nicht gesprochen worden war.
    »Das wäre zu viel für die Kinder«, sagte Lizzie zu Angela.
    »Ich glaube, die Jungs wissen es schon mehr oder weniger.«
    »Es ist eine zu große Last«, beharrte Lizzie. »Wir könnten uns irgendeine glaubwürdige Geschichte ausdenken.«
    »Noch mehr Lügen«, sagte Angela ohne Vorwurf. »Irgendwann holen sie dich ein.«
    Als sie Sophie schließlich ihren Brief gab, schien das Mädchen Angst zu haben, ihn zu berühren, und bat ihre Mutter, ihr vorzulesen. Hinterher riss sie Lizzie den Brief aus der Hand und rannte schluchzend in ihr Zimmer.
    »Ich weiß nicht«, sagte Edward kurz darauf zu Lizzie, »ob ich meinen jetzt schon lese.«
    »Lies ihn, wenn du so weit bist«, sagte sie. »Es liegt bei dir, Schatz.«
    »Hast du deinen gelesen?«, fragte er sie.
    »Ja«, antwortete Lizzie.
    »War er schlimm?«, fragte Edward.
    »Nein«, antwortete sie. »Gar nicht schlimm. Voller Liebe.«
    »Wie Dad«, sagte er.
    Jack, der inzwischen aus seiner selbst auferlegten Isolation aufgetaucht war, suchte Lizzie in ihrem Arbeitszimmer auf und hielt ihr seinen Brief hin.
    »Ich dachte«, sagte er, »er hilft dir vielleicht.«
    »Bist du sicher?«, fragte Lizzie. »Ist er nicht zu persönlich?«
    »Ich möchte gern, dass du ihn liest«, sagte Jack. »Wenn es dir nichts ausmacht.«
    Während Lizzie ihn las, das Blatt zwischen den beiden unverletzten Fingern ihrer rechten Hand, liefen ihr wieder Tränen über die Wangen.
    »Er ist schön, nicht wahr?«, sagte sie, als sie zu Ende gelesen hatte. »Nur sehr, sehr traurig.« Sie sah Jack an. »Hat er dir geholfen?«
    »Ein bisschen.«
    Sie hatte das Gefühl, dass Jack endlich mit ihr sprechen wollte.
    »Es ist furchtbar schwer, nicht wahr, Schatz?«
    Jack nickte; er zögerte.
    Lizzie wusste, dass er an die letzte Nacht dachte, und wartete ab, bis er weitersprach.
    »Ich habe die ganze Zeit das Gefühl …« Er hielt inne.
    »Was, mein Schatz?«
    »Dass es meine Schuld ist.«
    »Natürlich ist es nicht deine Schuld«, sagte Lizzie entsetzt.
    »Aber er ist wegen mir weggegangen.« Sein Mund arbeitete. »Ich habe ihn gezwungen zu gehen.« Er schloss die Augen, Tränen quollen zwischen seinen Wimpern hervor und rannen ihm die Wangen herunter. »Wenn ich nicht so auf ihn losgegangen wäre …«
    »Nein.« Lizzies Wut auf Christopher kehrte mit
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