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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen
Autoren: Hilary Norman
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widerstrebte ihr, ihre Kinder längere Zeit allein zu lassen.
    Dann machte ausgerechnet Christopher es nicht nur möglich, sondern fast unvermeidlich, das Angebot zu akzeptieren.
    »Ich komme mit nach Europa«, verkündete er, »mit den Kindern und mit Gilly.«
    »Wie willst du das denn anstellen?« Lizzie dachte an seine täglichen Anforderungen im Krankenhaus.
    »Es ist schon so gut wie organisiert.« Er sah ihr Gesicht.
    »Selbstverständlich nur in der Theorie. Und vorausgesetzt natürlich, du machst keine Einwände.«
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    Es war angenehm warm für März, und sie saßen in dicke Wollpullover eingemummelt auf der Terrasse im Garten und tranken Kaffee.
    »Erstens«, sagte Christopher, »weißt du, dass niemand dich hinsichtlich spezieller Bedürfnisse nervt, wenn ich dabei bin.«
    Damit hatte er so Recht, dass ihr keine passende Antwort einfiel.
    »Zweitens könnten wir viel für unsere gute Sache bewirken.«
    Christopher warf Lizzie einen herausfordernden Blick über den Rand seiner Brille zu. »Besonders, falls du dich entschließen solltest, einen Teil deiner Honorare zu spenden.«
    »Oh.« Lizzie war verblüfft.
    »Es würde dir doch nichts ausmachen, oder, Liebling? Dalia war hin und weg, als ich ihr von der Idee erzählte.«
    Falls es einen Weg gab, Geld aus einem Stein zu pressen, war Dalia Weinberg von der HANDS-Hauptgeschäftsstelle in der Regent Street die Richtige. Sie war mittlerweile über sechzig, doch ihr Enthusiasmus und ihre Tatkraft stellten so manchen in den Schatten, der halb so alt war.
    »Du hast schon mit Dalia gesprochen? Eher als ich?«, fragte Lizzie.
    »Tut mir Leid, ja. Ich hab mich hinreißen lassen. Du musst zu der Spende nicht Ja sagen. Es war nur eine Idee.«
    »Es wäre ziemlich unhöflich von mir, jetzt noch abzulehnen, nicht wahr?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Hm.« Lizzie beobachtete ein Spatzenpaar, das einige Meter entfernt in Sophies Vogeltränke badete.
    »Aber mal abgesehen von HANDS«, sagte Christopher, »hätte es noch einen weiteren großen Vorteil, wenn du zustimmst.«
    »Der da wäre?«
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    »Wir«, sagte er.
    Lizzie sagte nichts, doch die Bedeutung hinter diesem einzelnen Wort ließ sie erschaudern. Denn so aufrichtig Christophers bekundete Motive sicherlich waren – eine Gelegenheit für eine Reise mit der ganzen Familie, von der auch HANDS profitieren würde: Sie fühlte sich dennoch betrogen. Es Dalia zu sagen, bevor er mit ihr gesprochen hatte, ihr jeden Fluchtweg abzuschneiden …
    Denn wahrscheinlich hätte sie sich genau dafür entschieden: Sie hätte Andrew gebeten, sie bei Howard Dunn und den Essen-und-Trinken-Fernsehleuten zu entschuldigen und ihnen zu sagen, dass sie es einfach nicht schaffte.
    Doch dafür war es jetzt zu spät. Lizzie wäre nicht einmal überrascht gewesen, hätte Christopher Dalia bereits erlaubt, das Vorhaben der Presse gegenüber bekannt zu geben; das war genau sein Stil, wenn er etwas unbedingt wollte. Auf diese Weise war er zu einem so unglaublich erfolgreichen Menschen geworden, voller Entschlossenheit und – verborgen unter Charme und Höflichkeit – einem gewissen Maß an
    Rücksichtslosigkeit.
    Jetzt würden nicht nur Dalia, sondern auch die Vicuna Press und die Leute vom Fernsehen besonders erfreut sein, dass sie, Lizzie, einen Teil ihrer Honorare spendete, denn das bedeutete mehr positive Presse und zusätzliche Medienaufmerksamkeit.
    Und bald würden auch die Kinder und Gilly Luftsprünge machen, und vielleicht würde Angela – seit kurzem verlobt mit William Archer, einem Börsenmakler im Ruhestand – an irgendeinem Punkt der Reise zu ihnen stoßen wollen, und Andrew würde wahrscheinlich versuchen, ihnen einen Tisch im The Ivy oder The Caprice zu besorgen, um die Neuigkeit zu feiern.
    Doch statt sich auf die Reise und die kreative Herausforderung zu freuen und das Kompliment zu genießen, das ihr sowohl Vicuna als auch der Essen-und-Trinken -Fernsehkanal gemacht 32
    hatten, konnte Lizzie an nichts anderes denken als an die Aussicht, mit ihrem Ehemann in allen möglichen Hotelzimmern zu sitzen wie eine Gefangene, umgeben von ihrer Familie und unter den Blicken von Kollegen.
    Ja, das ließ sie erschaudern.
    Es war lange her, dass sie sich so sehr in der Falle gefühlt hatte.
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    6.
    n einem sonnigen Aprilnachmittag Ende der Neunziger A holten Joanne Patston, bis vor kurzem
    Kundendienstmitarbeiterin der Chingforder Filiale einer Baugenossenschaft, und ihr Ehemann Tony – Mechaniker mit eigener Einmannwerkstatt in der
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