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Blanche - Die Versuchung

Blanche - Die Versuchung

Titel: Blanche - Die Versuchung
Autoren: Jane Christo
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„laCroix“ unter dem Arm g e klemmt. Wie immer trug er einen hellgrauen Wintermantel mit ausgefransten Säumen. Darunter schien er nichts weiter anzuhaben als eine anthrazitfarb e ne Hose, die in dunkelbraunen Panama-Stiefeln steckten. Silberne Ketten baumelten an seinem Hals, an denen verschiedene Schlüssel befestigt waren. Obwohl die Schließfächer über ein Ziffernfeld verfügten, passte einer dieser Schlüssel zum Fach 214. Deswegen Fragen zu stellen , war die reinste Zei t verschwendung.
    Seine Augen waren geschlossen als sie sich ihm näherte, dennoch zweifelte sie keine Sekunde, dass er sie spüren konnte, vermutlich , seit sie den Bah n hof betreten hatte. Als er die Lider hob, traf sie das Leuchten seiner türki s farbenen Augen wie ein Sonnenstrahl, sodass sie um ein Haar zurückgeta u melt wäre. Ihre Haut prickelte , während sein intensiver Blick an ihren Armen herabwanderte. Goldene Funken tanzten in seiner Iris, sogar das silbrige Haar, das wie Strohbüschel unter der schwarzen Mütze hervorlugte, schien in diesem Moment zu schimmern.
    „Ich sehe, du hattest alle Hände voll zu tun“, sagte er mit tiefem Bariton.
    „Danke für deine Hilfe!“
    Die Brauen unter der Mütze hoben sich.
    „Brauchtest du mich?“
    „Das werden wir wohl nie erfahren, nicht wahr?“
    Bevor sie ahnte , was er vorhatte, lagen ihre verletzten Hände in den s einen. Plötzlich dämmerte ihr, dass Leo auf sein Geheiß gekommen war. Intere s sant. Vorsichtig fuhr Miceal mit den Daumen über die tiefen Schnitte, die sich unter seiner Berührung schlossen. Toller Trick, dachte sie und entzog ihm ihre Hände. „Wo ist Beliar?“, fragte sie barscher , als sie vorhatte.
    Der Engel sah an ihr vorbei zu den nächtlichen Passanten in der Halle. „Du meinst, er ist nicht bei dir?“
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Warum zum Teufel klang er übe r rascht? Wütend packte sie ihn am Revers und zog ihn zu sich herunter. „Lass die Spielchen, verdammte Scheiße, ich will wissen , wo er steckt!“
    „Ich dachte , er wäre bei dir“, gab er irritiert zurück und blickte sich abe r mals um.
    Blanche ließ ihn los, als hätte sie sich verbrannt. Ihre Knie wurden weich, und wenn Miceal nicht ihren Arm ergriffen hätte, wäre sie der Länge nach auf dem Boden gelandet.
    Beli a r war nicht bei Miceal.
    Er war nicht hier.
    Er war fort.
    Ihr Herzschlag donnerte wie ein Presslufthammer in den Ohren, sie hatte das Gefühl, als würde sie in Gelee stecken. Sie konnte sich nicht bew e gen, nicht einmal atmen. Es kam ihr vor, als würde sich die Zeit verlangs a men, stehen bleiben und sie in einen Kokon aus Unendlichkeit einschli e ßen   – ersticken.
    Zoey hatte gesagt, dass Beliar sich auflösen würde, wenn er noch einmal mit schwarzer Materie in Kontakt kam.
    Du kannst nur einmal für deine Sünden büßen. Landest du zweimal in derselben Schlaufe, f liegst du aus der Kurve.
    Seine Worte auf dem Eiffelturm hämmerten durch ihr Bewusstsein, und diesmal war sie es, die das Gefühl hatte , sich übergeben zu müssen. Er würde niemals zu ihr zurückkommen, dachte sie, als sich ihre Welt auf die Größe eines Reiskorns zusammenzog. Kalter Schweiß strömte über ihren Rücken, dann gingen ihre Lichter aus.

13
     
     
    B
    lanche erwachte am Ufer eines grasbewachsenen Sees. Sonne n strahlen bahnten sich einen Weg zwischen herzförmigen Blä t tern eines Baumes, dessen Art sie nicht bestimmen konnte. Sein pelziger Stamm roch nach Pfeffer und die fleischigen Blätter waren violett.
    Vorsichtig setzte sie sich auf und fuhr mit der Hand über die weiche Ri n de. Wo wuchs so ein Zeug? Als die Blätter bei ihrer Berührung raschelten, zuckte sie zurück und rückte vom Stamm weg. Ihr Blick glitt über die sku r rilste Landschaft, die sie je gesehen hatte. Sie blinzelte einmal, zweimal. Dreimal.
    Heilige Scheiße, sie war besoffen. Oder tot. Oder beides.
    Ein purpurfarbener See füllte das Tal unter ihr aus. Er wurde von einem magentafarbene n Wasserfall gespeist, der auf der anderen Seite des Gewä s sers in ein tiefer gelegenes Becken abfloss. Der Anblick des Wassers kitzelte ihre Augen. Es sah nicht wie Wasser aus, sondern wie ein Blick in ein and e res Universum – oder die Milchstraße, sie kannte sich da nicht so genau aus. Wahrscheinlich reflektierte die Wasseroberfläche nur die Sonne. Tatsächlich wirkte es jedoch, als würden sie Millionen Sterne anfunkeln.
    Auch sonst machte die Gegend einen ziemlich abgefahrenen Eindruck. Das Gras
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