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Blacklist - Blacklist - Blacklist

Titel: Blacklist - Blacklist - Blacklist
Autoren: Sara Paretsky , Pößneck GGP Media GmbH
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Calvin sich niemals leiden konnten. Ich weiß auch, dass Olin Standpunkte vertritt, die man als vernünftiger Mensch nicht unterstützen kann, aber die Liebe ist eine Krankheit, die sich nicht heilen lässt, und ich habe Olin geliebt. Weil du uns zusammen gesehen und Calvin davon berichtet hast, will Olin nun der Öffentlichkeit sagen, dass ich versucht habe, ihn zu verführen, dass ich ihn mit dem Geständnis meiner Homosexualität zutiefst schockiert habe.
    Die Wahrheit ist - niemand kennt die Wahrheit. Olin und ich wussten sofort um unsere Gefühle, als wir uns kennen lernten. Wir verliebten uns ineinander und trafen uns heimlich in New York und Washington. Und nun will er mich der Welt zum Fraß vorwerfen, um seine eigene Haut zu retten - nein, nicht einmal das, sondern um über Calvin zu triumphieren.
    Ich verabscheue das alles mit Seele, Körper und Geist, ich will nicht mehr auf der Erde weilen und mit ansehen müssen, wie du Calvin weiter liebst, während er dich sitzen lässt, wie Olin mich verrät, wie deine Mutter uns alle mit ihrem gemeinen Blick belauert. Nur Darraugh bindet mich noch an diese Welt, und er wird bald hinausziehen und mich zurücklassen. Macht mit mir, was ihr wollt, wenn ihr mich findet.
    Als ich Darraugh den Brief reichte, fuhr er in schroffem Ton fort: »Man sprach nicht über Homosexualität, als ich ein Teenager war, nicht so wie heute. Ich war zutiefst erschüttert. Alles an diesem Nachmittag war ein Schock für mich. Mir ging es wie Catherine; auch ich geriet ins Wanken, weil ich mit ansehen musste, wie meine Welt zerbrach. Als ich da bei der Leiche meines Vaters saß, hatte ich nur einen Impuls: ihn zu schützen. Vor meiner Großmutter, meiner Mutter, vor Olin. Ich hatte niemanden, mit dem ich reden konnte. In meiner Panik wandte ich mich an Renee. Ich dachte, sie als Außenstehende könne Olin vielleicht von seinen Plänen abhalten. Ich zeigte ihr den Brief, und sie sagte, sie könne etwas arrangieren, um das Geheimnis meines Vaters zu wahren.«
    »Verstehe«, sagte ich. »Renee wird mit diesem Brief Olin gezwungen haben, seine Anhörung von Calvin zu beenden. Mir ist nicht klar gewesen, warum Olin Calvins Vergehen nie ausgeplaudert hat, vor allem, als Homosexualität im öffentlichen Leben längst nicht mehr so ein Tabu war. Doch Renee muss diesen Brief all die Jahre als Druckmittel eingesetzt haben: Wenn Olin Calvin verriet, würde sie der Welt zeigen, was für ein Mensch er war - nicht, dass er schwul war, sondern dass er Ihren Vater verriet, um seine eigene Haut zu retten. Und er hielt den Mund - bis Marcus Whitby kam.« Darraugh leerte sein Glas und bestellte noch einen Martini. »Haben Sie ihr gesagt, sie könne den Brief jederzeit von Ihnen bekommen, falls sie ihn bräuchte?«, fragte ich.
    »Das hier ist eine Kopie. Ich habe den Brief abgeschrieben und mit mir herumgetragen, ohne zu wissen, was ich damit anfangen sollte. Ein Jahr lang habe ich in New York auf der Straße gelebt. Als - Strichjunge, wenn Sie so wollen. Ja, ich habe versucht, so zu leben wie mein Vater, aber dann habe ich gemerkt, dass es nichts mit mir zu tun hat, und bin nach Exeter zurückgegangen.« Das frostige Lächeln zeigte sich wieder. »Ich kann froh sein, dass sich das alles 1957 abspielte, vor AIDS. Aber ich habe andere scheußliche Krankheiten und unerfreuliche Dinge erlebt.«
    Ich griff über den Tisch und nahm seine Hand. Er schloss die Augen, doch ich hatte das Glitzern darin noch gesehen.
    Dann zog ich meine Hand zurück. »Warum waren Sie letzte Woche so wütend über den Verlauf meiner Ermittlungen? Sie haben mir auf eine Art gedroht, dass ich mir wirklich überlegen musste, ob ich jemals wieder für Sie arbeiten konnte oder wollte.«
    »Renee hatte mich angerufen. Sie sagte mir, Sie würden diesen ganzen alten Schmutz aufwühlen, über meinen Vater, Calvin, meine Mutter.« Er biss sich auf die Lippe und blickte beiseite, dann sah er mich wieder an. »Ich habe ihn geliebt. MacKenzie Graham war ein guter Mann und ein guter Vater. Sein Tod, sein Leben, dass ist eine Narbe über einer Wunde, die immer noch schmerzt. Ich dachte, Sie wollten sie wieder aufreißen. Aber ich hätte es besser wissen sollen.«

57
Liebende - getrennt und wieder vereint
    In der Woche darauf traf ich mich mehrmals mit Darraugh zum Abendessen. An einem Abend wäre ich in seinem Apartment am East Lake Shore Drive fast mit ihm ins Bett gegangen. In letzter Minute wurde mir klar, dass es nicht ging - nicht weil ich
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