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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer
Autoren: Kevin Brooks
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weiß, es ist unmöglich zu vergessen. Der Augenblick ist in mein Gedächtnis geätzt, eingebrannt in meine Gedanken – heute genauso abscheulich lebendig wie all die Monate bisher.
    Pauly Gilpin.
    Tot.
    Ich weiß noch immer nicht, wieso er es getan hat.
    Und ich werde es wohl niemals wissen.
    Denn ich glaube nicht, dass ich ihn überhaupt jemals gekannt habe.
    Nicht dass das wirklich eine Rolle spielt.
    Warum
er sich umgebracht hat und wer er gewesen sein mag – er ist und bleibt tot.
    Genauso wie Stella.
    |501| Sie sind jetzt beide fort.
    Und wir Übrigen...?
    Nun ja, wir sind noch da.
    Wir leben noch unsere Momente.

    Eric Leigh und Wes Campbell wurden beide an jenem Tag in der alten Fabrik verhaftet. Campbell wurde direkt zum Verhör gebracht, Eric blutete noch immer sehr stark, weshalb er schleunigst in die Notaufnahme des Krankenhauses gefahren wurde. Er hatte viel Blut verloren und musste eine Weile im Krankenhaus bleiben, doch es stellte sich heraus, dass das Messer nicht die Arterie durchtrennt, sondern nur ein paar Adern getroffen hatte, weshalb es keine allzu schwere Verletzung war. Er wurde noch im Krankenhaus von der Polizei vernommen und später, als sein Zustand so war, dass er wieder gehen konnte, dann auf dem Revier.
    Ich weiß nicht, was er ihnen über Stella erzählt hat, und ich weiß auch nicht, was Campbell ausgesagt hat, doch sie wurden schließlich beide gegen Kaution vorläufig freigelassen. Ich hab keine Ahnung, was mit ihnen geschehen wird. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie wegen irgendwas angeklagt werden, aber ob es bis zu einem richtigen Prozess kommt...
    Keine Ahnung.
    Es ist mir auch ziemlich egal.
    Ich habe keinen von beiden gesehen, seit das alles passiert ist, und ich hoffe, es bleibt so. Nicht dass ich besonders bitter bin wegen dem, was sie mir angetan haben, und ich habe auch keine Angst mehr vor ihnen... ehrlich gesagt empfinde ich, was die beiden angeht, eigentlich gar nichts mehr. Ich will sie nur einfach nicht mehr sehen.
    |502| Nie mehr.
    Was wahrscheinlich nicht leicht sein wird, besonders bei Eric, denn ich habe irgendwie angefangen mich wieder mit Nicole zu treffen.

    Nachdem ihre Eltern den Umzug nach Paris wegen der Geschichte mit Eric verschoben haben, hat Nic beschlossen, dass sie genauso gut aufs Oberstufen-College gehen kann. Das alles erzählte sie mir, als wir uns am ersten Tag des neuen Trimesters zufällig in der Schulkantine über den Weg liefen.
    »Ich will mich für den Theaterkurs anmelden«, erzählte sie mir, »aber leider hab ich ein bisschen lange damit gewartet, weißt du...«
    »Ja«, sagte ich verlegen, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
    Zu dieser Zeit hatte keiner von uns den Mut, über das zu reden, worüber wir eigentlich sprechen wollten, und wir waren beide ganz froh, so zu tun, als ob wir in Eile wären und irgendwo anders hinmüssten. Einige Wochen später, als ich sie an der Bushaltestelle traf, lief es auch nicht viel anders: ein paar dahingemurmelte Worte, verlegene Blicke, verkrampftes Lächeln, scharrende Füße...
    Doch dann, am nächsten Abend, rief sie mich an.
    Und wir redeten.
    Und wir weinten beide ein bisschen.
    Seitdem haben wir uns ziemlich regelmäßig getroffen, noch viel mehr geredet, Stück für Stück unsere Verlegenheit überwunden und sind wieder gute Freunde geworden... oder vielleicht sogar mehr als nur gute Freunde.
    Doch es ist schwer.
    Ich meine, es ist schön, wenn wir zusammen sind. Es ist |503| ein gutes Gefühl. Und ich denke, es wird wohl noch was werden mit uns beiden.
    Aber manchmal ist es eben immer noch ziemlich schwer.
    Aus vielen Gründen.
    Zum einen wegen Eric. Egal, was ich von ihm halte, und egal, was Nic von ihm hält, er ist trotzdem ihr Zwillingsbruder. Er ist noch immer Teil ihres Lebens. Und das macht natürlich alles schwierig für uns. Und dann ist da noch Raymond ...
    Immer wieder Raymond.
    Raymond und ich...
    Keine Ahnung.
    Es ist einfach so schwer.
    Weil mir alles andere meistens egal ist – Pauly, Eric, Campbell, Stella, die Polizei, Nicole, Mum und Dad, der Rest der Welt... das ist alles irgendwo da draußen – der Horizont, der Himmel, die Tage und die Nächte – ich will mit alldem nichts zu tun haben.
    Ich will nur mit Raymond reden.
    Aber er ist nicht mehr da.
    Fort.
    Verschwunden.
    Niemand weiß, wo er ist, niemand weiß, was mit ihm passiert ist, niemand weiß, ob er tot ist oder noch lebt.
    Er ist einfach nicht mehr da.
    Die Polizei brauchte lange, um Raymond
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