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Black Dagger 14 - Blinder König

Black Dagger 14 - Blinder König

Titel: Black Dagger 14 - Blinder König
Autoren: J.R. Ward
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nachdem ihn eine Familie geschäftlich übers Ohr gehauen und ihn in den Augen der Glymera ruiniert hatte, verlor er das Vertrauen in seine Fähigkeit, die Interessen anderer zu beurteilen. Er hatte sich auf die falschen Leute verlassen, und es hatte ihn seine Shellan gekostet.
    Ehlena hatte den Tod ihrer Mutter falsch eingeschätzt. Kurz nach dem großen Fiasko hatte sich ihre Mutter dem Laudanum zugewandt, doch die kurzzeitige Erleichterung entwickelte sich bald zu einem Klotz am Bein, als ihr das vertraute Leben entglitt … Geld, Ansehen, Häuser, Besitztümer flohen wie scheue Tauben aus einem Feld, um sich einen sichereren Ort zu suchen.
    Und dann wurde Ehlenas Verlobung gelöst. Ihr Mann hatte sich von ihr distanziert, bevor er öffentlich erklärte, dass er sich von ihr lossagte – weil Ehlena ihn ins Bett gezerrt und damit seine Unschuld ausgenutzt habe.
    Daran war ihre Mutter endgültig zerbrochen.
    Ihre einvernehmliche Entscheidung wurde nun so hingedreht, als wäre Ehlena eine Frau ohne Wert, eine Metze, die um jeden Preis darauf aus gewesen war, einen Mann zu verführen, der nur die edelsten Absichten hegte. Nachdem dieser Skandal in der Glymera bekanntgeworden war, waren Ehlenas Heiratsaussichten dahin und wären es auch gewesen, hätte ihre Familie noch den alten Status gehabt, den sie verloren hatte.
    In dieser Nacht war ihre Mutter ins Schlafzimmer gegangen, wo man sie ein paar Stunden später tot auffand. Ehlena hatte immer gedacht, dass sie eine Überdosis Laudanum genommen hatte, aber nein: Wie sie jetzt im Manuskript las, hatte sie sich die Pulsadern aufgeschnitten und war auf den Laken verblutet.
    Ihr Vater schrieb, dass sich die Stimmen in seinem Kopf das erste Mal meldeten, als er seine Frau tot auf dem Ehebett liegen sah, ihr blasser Körper umgeben von einem Halo aus dunkelrotem, vergossenem Leben.
    Mit fortschreitender Umnachtung hatte er sich mehr und mehr in seinen Verfolgungswahn zurückgezogen, aber auf merkwürdige Art und Weise fühlte er sich dort sicherer als in der Realität. Das wirkliche Leben steckte voller Gefahren, man wusste nie, wer einen betrügen würde. Bei den Stimmen in seinem Kopf war das anders: Sie waren ohnehin alle hinter ihm her. Bei den verrückten Affen, die sich durch das Dickicht seiner Geisteskrankheit schwangen und die ihn mit Stöcken und harten Früchten in Form von Gedanken bombardierten, erkannte er seine Feinde. Sie waren verlässlich. Und die Waffen, um sie zu bekämpfen, waren ein gut geordneter Kühlschrank, Aluminiumfolie vor den Fenstern und das Schreiben.
    In der wirklichen Welt fühlte er sich hilflos und verloren, anderen schutzlos ausgeliefert, unfähig zu beurteilen, was gefährlich war und was nicht. Deshalb zog er die Krankheit vor, denn hier kannte er, wie er es ausdrückte, die Grenzen des Urwalds, die Pfade, die um die Stämme herumführten und die Tricks der Affen.
    Dort wies sein Kompass noch nach Norden.
    Und die Überraschung für Ehlena war, dass er dabei nicht nur litt. Vor seiner Erkrankung war er Prozessanwalt für Angelegenheiten des Alten Gesetzes gewesen, ein Mann, bekannt für seine Diskussionsfreude und seine Vorliebe für starke Opponenten. In seiner Krankheit entdeckte er genau die Sorte Konflikt, die er in gesundem Zustand so geschätzt hatte. Die Stimmen in seinem Kopf waren, wie er mit treffender Selbstironie ausdrückte, genauso intelligent und redegewandt wie er. Für ihn waren die gewaltsamen Episoden nichts anderes, als die geistige Entsprechung eines guten Boxkampfs, und nachdem er immer irgendwann ungeschoren aus ihnen hervorging, fühlte er sich stets als Sieger.
    Er war sich außerdem bewusst, dass er den Dschungel nie mehr verlassen würde. Der Regenwald war, wie er in der letzten Zeile des Buches sagte, seine letzte Adresse, bevor er in den Schleier eintrat. Und sein einziges Bedauern war, dass der Dschungel nur Platz für einen Bewohner bot – dass sein Aufenthalt unter den Affen bedeutete, dass er nicht bei ihr, seiner Tochter, sein konnte.
    Die Trennung betrübte ihn sehr und auch, dass er eine Last für sie war.
    Er wusste, dass es nicht einfach für sie war. Er war sich ihres Opfers bewusst. Er bedauerte ihre Einsamkeit.
    In diesen Seiten stand alles, was sie immer hatte hören wollen, und als sie die Blätter in der Hand hielt, machte es nichts aus, dass er es ihr schriftlich und nicht mündlich mitteilte. Eigentlich war es sogar besser so, weil sie es auf diese Weise immer wieder lesen konnte.
    Ihr
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