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Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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die Leichen meines Vaters und neunzehn weiterer Männer, die mit dem Bohrturm untergegangen waren, als der Bohrer auf Ölsand stieß und die Quelle in die Luft flog.
    Der Pressesprecher der Firma sagte, sie hätten Sicherheitsvorkehrungen nicht für nötig befunden, weil man in dieser Tiefe und in diesem Teil des Golfs noch nie auf Ölsand gestoßen sei. Ich fragte mich, was wohl mein Vater in jenen letzten Augenblicken seines Lebens gedacht hatte. Nie hatte ich ihn furchtsam gesehen. Egal, wie schlimm ihm die äußeren Umstände zusetzten, die Treulosigkeit meiner Mutter, die Raufereien in den Bars und schließlich die Zeit, da er im Bezirksgefängnis eingesperrt war, stets hatte er für mich und meinen Bruder ein Grinsen und ein Augenzwinkern übrig und machte uns überzeugend weis, daß ein solches Mißgeschick nicht der Rede wert sei.
    Was aber empfand er in jenen letzten Augenblicken, hoch oben auf dem Kran, in der Dunkelheit, als der Bohrturm zu schwanken und zu ächzen begann und er sah, wie die Ölmalocher auf der Arbeitsplattform Trossen und Ketten fallen ließen und vor dem hochaufschießenden Sand, Salzwasser, Gas, Öl und den herumwirbelnden Rohrtrümmern flüchteten, die in Sekundenschnelle in einer grellorangen Stichflamme explodieren würden, in der Eisenstreben wie Lakritze zerschmolzen? Dachte er da an mich und meinen Bruder Jimmie?
    Ich wette, er hat’s getan. Sogar als er den Sicherungsgurt in die Führungsleine einhakte und hinab in die Finsternis sprang, sogar noch, als der Bohrturm ihn unter sich begrub und auf das Versorgungsschiff krachte, waren seine Gedanken bei uns, da gehe ich jede Wette ein.
    Seine Leiche wurde nie gefunden, aber selbst heute noch, beinahe zweiundzwanzig Jahre später, besuchte er mich im Schlaf, und manchmal dachte ich, er spreche mich auch im Wachzustand an. In meinem Traum sah ich ihn aus der Brandung kommen, die grünen Wellen und die Gischt umspülten die Knie seines Overalls, und sein mächtiger Leib war von rostfarbenem Seegras umschlungen. Die wettergegerbte Haut war dunkel wie bei einem Mulatten, die Zähne strahlten weiß, und die dichten Locken glänzten schwarz wie Indianerhaar. Den Schutzhelm hatte er schräg auf dem Kopf sitzen, und als er ein nasses Streichholz am Daumennagel anriß, einen Zigarrenstumpen in seinem Mundwinkel ansteckte und mich mit seinen von Lachfältchen umgebenen Augen ansah, traf ein einzelner Sonnenstrahl seinen Helm und ließ ihn aufblinken wie einen Heliographen. Ich konnte spüren, wie das Salzwasser um meine Beine schwappte, als ich ihm entgegenging.
    Aber es war nur ein Traum. Mein Vater war tot. Meine Frau ebenfalls. Die falsche Morgendämmerung mit ihren Trugbildern und ihrer nebelumwaberten Weichheit kann ebenso unangemessen und flüchtig sein wie Morpheus' Gaben.

Kapitel 2
    I n der ersten Aprilwoche wurden die Tage wärmer, und manchen Morgen war ich bereits bei Dämmerung draußen auf dem Salzwasser und warf das Schlagnetz im roten Licht des Sonnenaufgangs nach Krabben aus. Am Nachmittag half ich Batist im Köderladen, arbeitete dann an meinen Blumenbeeten und stutzte die purpurroten und gelben Kletterrosen, die ich an der Südseite des Hauses zog. Ich stemmte Gewichte und lief drei Meilen auf der unbefestigten Straße am Bayou. Um vier Uhr hörte ich gewöhnlich den Schulbus halten, hörte, wie Alafair ihre Brotzeitbüchse auf den Küchentisch knallte, den Kühlschrank öffnete; dann kam sie heraus auf den Hinterhof und schaute nach mir.
    Manchmal fragte ich mich, ob sie vielleicht einfach nur von mir fasziniert war wie von einem seltsamen und interessanten Tier, das unerwartet ihren Lebensweg gekreuzt hatte. Ihre Mutter war ertrunken, während sie das Kind hoch in eine schwindende Lufttasche in einem abgestürzten und im Golf versunkenen Flugzeug hielt, das ein Priester aus El Salvador herausgeflogen hatte. Ihr Vater war entweder von Soldaten in den Bergen umgebracht worden oder in einem Militärgefängnis »verschwunden«. Durch Zufall und aufgrund der Umstände lebte sie nun bei mir in meiner bodenständigen Welt der Cajuns am Rande des Schwemmlandes von Louisiana.
    Eines Nachmittags hatte ich den Picknicktisch hinaus in die Sonne gestellt und mich in Turnhosen darauf schlafen gelegt. Ich hörte, wie sie die Fliegendrahttür zuknallte, und als ich danach die Augen immer noch nicht aufschlug, machte sie sich einen Spaß daraus, mich mit einer Entenfeder, die sie am Teich aufgelesen hatte, an besonders empfindlichen
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