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bK-Gruen, Sara

bK-Gruen, Sara

Titel: bK-Gruen, Sara
Autoren: Das Affenhaus
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wurde ihr klar, dass sie nicht mehr hören konnte.
Und atmen konnte sie auch noch immer nicht. Sie versuchte mit aller Kraft, die
Augen offen zu halten, kämpfte gegen den Druck auf ihrer Brust.
    Schwarz-weißes
Geriesel, das Summen von einer Million Bienen, nur unterbrochen vom Flattern
ihrer Augenlider. Der Anblick von vorbeihastenden Stiefeln. Sie lag auf dem Rücken,
den Kopf nach rechts geneigt. Vorsichtig bewegte sie die Zunge, die dick war
wie eine Meeresschnecke, und spuckte ein, zwei, drei Zähne aus dem Mundwinkel.
Wieder Geriesel, länger diesmal. Dann grelles Licht und drückender Schmerz. Sie
erstickte. Ihre Augen fielen zu.
    Zeit
verging - wie viel, wusste sie nicht -, und plötzlich wurde sie herumgerissen.
Ein ätzend bitterer, latexüberzogener Finger wurde durch ihren Mund gezogen,
ein winziger heller Lichtpunkt beleuchtete die geäderte Landschaft ihrer
Innenlider. Sie schlug die Augen auf.
    Gesichter
schwebten über ihr, sprachen eindringlich miteinander. Sie hörte sie wie durch
Meeresbrandung. Hände durchschnitten entschlossen ihr T-Shirt und ihren BH. Jemand
saugte ihr Nase und Mund ab und bedeckte beides mit einer Maske.
    «...
Atemnot. Keine Atemgeräusche linksseitig.»
    «Sie hat
eine Trachealverschiebung. Leg einen Zugang.»
    «Liegt
schon. Krepitation irgendwo?»
    Finger
massierten ihren Brustbereich. Drinnen knackte und knisterte es wie
Kaugummipapierchen.
    «Krepitation
positiv.»
    Isabel
wollte stöhnen, brachte aber nur ein kratzendes Pfeifen heraus.
    «Das wird
schon wieder», sagte die Stimme, die mit der Hand verbunden war, die wiederum
mit der Sauerstoffmaske verbunden war. «Wissen Sie, wo Sie sind?»
    Isabel
versuchte einzuatmen. Es stach wie tausend Messer. Sie jaulte in die Maske.
    Ein
Männergesicht schob sich in ihr Blickfeld. «Sie werden jetzt etwas Kaltes auf
der Haut spüren. Wir müssen eine Nadel einführen, um Ihnen beim Atmen zu
helfen.»
    Ein
eisiges Wischen mit Antiseptikum, ehe eine lange Nadel aufblitzte und in ihre
Brust geschoben wurde. Der Schmerz war unerträglich, brachte aber
augenblicklich Erleichterung. Luft zischte durch die Nadel, ihre Lungen
füllten sich, sie konnte wieder atmen. Sie stöhnte und sog die Luft so fest
ein, dass die Maske sich nach innen wölbte. Sie griff danach, doch die Hand,
die sie hielt, ließ nicht locker, und Isabel merkte, dass die Maske, auch wenn
sie flach auf ihr Gesicht drückte, noch Sauerstoff abgab. Sie roch unangenehm
nach PVC wie ein billiger Duschvorhang oder die Art von Badespielzeug, die sie
den Bonobos nie kaufen würde, weil sie gelesen hatte, dass sie synthetische
Östrogene absonderten, wenn das Material rissig wurde.
    «Hebt sie
auf die Trage.»
    Hände
hievten sie auf die Seite, hielten ihren Kopf, legten sie dann vorsichtig auf
den Rücken. Im Hintergrund plapperte ein Funkgerät.
    «Wir
haben eine weibliche Person, Mitte bis Ende zwanzig, Opfer einer Explosion.
Spannungspneumothorax - Nadeldekompression vor Ort durchgeführt. Atemgeräusche
vorhanden. Gesichts- und Kiefertrauma. Kopfverletzung.
Bewusstseinsveränderungen. Transportbereit - voraussichtliche Ankunft in
siebzehn Minuten.»
    Sie ließ
die Augen zufallen, und die Bienen schwärmten wieder. Die Welt drehte sich, ihr
war übel. Als die frische Abendluft auf ihr Gesicht traf, klappten ihre Lider
auf. Jede Bewegung der Trage wurde verstärkt, als die Räder durch den Kies
knirschten.
    Der
Parkplatz war ein Meer aus Blinklichtern und Sirenen. Klettbänder hinderten
Isabel daran, den Kopf zu bewegen, stattdessen wendete sie den Blick. Celia
stand an der Seite, sie schrie und weinte und flehte die Feuerwehrmänner an,
sie durchzulassen. Sie hielt noch ein Papptablett mit großen
Karamell-Macchiatos in den Händen. Als sie die Trage sah, klatschten Tablett
und Getränke auf die Erde. Die Videokamera baumelte an einer Schlaufe an ihrem
Handgelenk.
    «Isabel!»,
wimmerte sie. «O mein Gott, Isabel!», und erst
da bekam Isabel eine Vorstellung davon, wie es um sie stand.
    Als die
Vorderräder der Trage den Krankenwagen erreichten und unter ihr einklappten,
erspähte Isabel auf einem Baum einen dunklen Schatten, dann noch einen und noch
einen, und sie weinte in die Maske. Es sah so aus, als hätte es wenigstens die
Hälfte der Bonobos nach draußen geschafft.
    Die Decke
des Krankenwagens löste die sternhelle Nacht ab, und Isabels Augen flatterten
zu. Jemand riss sie auf, erst das eine, dann das andere, und leuchtete mit
einer Lampe hinein. Das Innere des
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