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Bizarre Beziehungen - V 1.0

Bizarre Beziehungen - V 1.0

Titel: Bizarre Beziehungen - V 1.0
Autoren: Unbekannter Autor
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ganze Menschheit gleich. Einer so böse und niederträchtig wie der andere allem gegenüber, das gut und unschuldig ist, allem gegenüber, das je auf einen einzigen Augenblick der Unschuld und Freude und Gesellschaft gehofft und dafür gebetet hat!«
    Das Ungeheuer holte schaudererregend Atem, und ehe Clive etwas entgegenen konnte, fuhr es in seiner Ansprache fort.
    »Ich werde dich unter den Füßen zermalmen, wie du eine Ameise unter deinen Füßen zermalmtest. Ich werde ...«
    »Einen Augenblick, Ungeheuer!«
    Diese Worte wurden von der kratzenden metallenen Stimme von Chang Guafe gesprochen. »Was ist mit mir? Ich bin nicht menschlich; meine Art hat dich niemals erbaut. Hast du die Absicht, mich gleichfalls zu zermalmen? Meinst du, daß du das könntest?«
    Der Riese wandte sich langsam um und richtete zum erstenmal den Blick ganz auf Chang Guafe. »Du bist derjenige, der mich aus dem Eise befreite, oder etwa nicht?«
    »Der bin ich, ja.«
    Das Ungeheuer stand offenbar nachdenklich da. Welches Herz schlug in dieser riesenhaften Brust, welches Gehirn arbeitete im Schädel des Ungeheuers? Konnte es diese seltsamste aller Begegnungen verstehen?
    »Du bist kein Mensch, du seltsam Ding.«
    »Das bin ich nicht.«
    Das Ungeheuer starrte noch immer auf Chang Guafe herab. »So jemanden wie dich habe ich nie zuvor erblickt.« Es streckte die bleiche Hand aus, und der Arm reichte weit aus der zerrissenen Kleidung heraus. »Darf ich dich berühren, du seltsam Ding?«
    Wie merkwürdig, dachte Clive, daß das Ungeheuer den Cyborg um Erlaubnis fragt, ehe es die kalte Hand auf ihn legt!
    »Berühr mich!« kratzte Chang Guafe.
    Das Ungeheuer streckte einen totenweißen Finger aus und berührte Chang Guafe, zuerst am metallenen Schild, dann auf einem Teil des lebendigen Fleischs, das sich noch zeigte.
    »Du bist in der Tat etwas Besonderes. Entstammst du auch dieser Schöpfung?«
    »Mir ist nicht klar, was du damit meinst.«
    »Ich spüre etwas Fremdes an dir«, entgegnete das Ungeheuer. »Etwas Fremdes, absoluter und tiefgründiger als das Fremde des Oktopus in den Tiefen, des Wolfs der nördlichen Wälder, des farbenfrohen Papageis im tropischen Dschungel, der Python, die ihr Opfer in der Bucht des Amazonas anfällt. Ich spüre etwas Fremdes an dir, du seltsames Ding, das mich annehmen läßt, daß du nicht von dieser Erde bist.«
    »Du hast recht, Ungeheuer. Ich bin nicht von dieser Erde.«
    »Es gibt also andere Welten, die wie unsere Welt bewohnt sind?«
    »Mehr, als du zählen kannst, Ungeheuer. Mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    »Warum bist du dann hier? In Begleitung dieses Menschen, dieses erbärmlichsten aller Geschöpfe Gottes?«
    »Clive Folliot ist nicht so schlecht, Ungeheuer.«
    »Er ist ein Mensch, und das reicht mir! Ich verfluche den Tag, an dem Gott Adam erschuf, und ich verfluche alle Nachkömmlinge dieses ersten Sünders!«
    »Es sind nicht alle so schlecht.«
    »Du wagst es, dich mit diesem Pesthauch der Erde zu verbünden?«
    »Ich bin nicht mit der ganzen Menschheit verbündet. Aber ich bin mit Clive Folliot und einigen wenigen -nur einigen wenigen -seiner Gefährten verbündet.«
    Der Blick des Ungeheuers schweifte von Chang Guafe zu Clive Folliot hinüber.
    »Ich kenne dich«, versicherte Folliot erneut. »Ich sah dich auf einer Londoner Bühne -dich oder einen Schauspieler, der geschminkt und gekleidet war wie du.«
    Das Gesicht des Ungeheuers zog sich zu der schrecklichen Parodie eines Lächelns auseinander, und die dröhnende Stimme stieß ein fürchterliches Gelächter aus.
    »Ich -auf einer Londoner Bühne? Bin ich ein Vorstadtkasper, ein Kneipenclown? Ich sollte besser die Verse eures Shakespeare deklamieren. Er wenigstens war imstande, in die Tiefen des menschlichen Herzens zu sehen und in seinen Dramen die Laster und Tragödien deiner verachtungswürdigen Rasse zu zeigen.«
    »Nein, du warst kein Schauspieler! Die Schauspieler haben dich dargestellt. Dich in der Dramatisierung von Witwe Shelleys großem Roman dargestellt.«
    Der Ausdruck auf dem Gesicht des Ungeheuers war zwar immer noch nicht sympathisch, wechselte jedoch wenigstens von kalter Bösartigkeit zu verächtlicher Heiterkeit. Das Ungeheuer sah Clive an wie jemand, der ein störendes Insekt einen Augenblick lang betrachtet, ehe er zuschlägt.
    »Ein Roman? Eine literarische Romanze -mir gewidmet? Ein neuer Robinson Crusoe?«
    »Ja.«
    »Und der Titel dieser Grille?«
    »Frankenstein oder: Der Moderne Prometheus!«
    Das Ungeheuer
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