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Bizarre Beziehungen - V 1.0

Bizarre Beziehungen - V 1.0

Titel: Bizarre Beziehungen - V 1.0
Autoren: Unbekannter Autor
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»Ich kann mich nicht erinnern. Ich kann mich einfach nicht erinnern. Wie hat mich Gott erschaffen?«
    »Gott?« rief Clive aus. »Ich dachte, du hättest deine Priesterschaft aufgegeben?«
    Die Nakajima war näher gekommen, das Geräusch des Motors klang lauter. Wie konnte es O'Hara nicht hören?
    »Ich war ein schwacher Priester, Clive. Nicht Gottes Fehler. Meiner. Ich wünschte, ich könnte erneut eine Stimme hören, die mich >Vater< riefe, und ich wüßte, daß ich dieses Namens wieder wert wäre. Daß man mich nicht verspottete oder tadelte. Oh, wie sehr wünsche ich mir das!«
    Ein Schauder peinigte den Körper. »Nicht du, Folliot. Nenn mich nicht mehr Vater. Dafür kennst du mich zu gut. Was ich getan habe - die Grausamkeiten, die ich beging -, ich und all die Gennine! War ich äußerlich menschlich? Wenn mir nur vergeben werden könnte!
    Nicht von Gott, sondern von jemandem, an dem ich mich versündigte. Von einem Wesen, das durch mich litt.« Er musterte seine Hände, indem er sie sich erneut vor die Augen hielt. Clive Folliot erblickte Tränen in jenen Augen.
    »Ich vergebe dir«, sagte Clive.
    Timothy R X. O'Hara lächelte. »Danke, Folliot. Danke.« Er brach auf dem perlmuttweißen Boden zusammen und lag still da.
    Clive Folliot war jetzt allein und starrte gen Himmel. Die Sternenspirale, die ihn so lange gelockt hatte und die so lange sein Schicksal bestimmt hatte, drehte sich jetzt über ihm. Er war ihr Zentrum geworden.
    Ein Schauder lief ihm das Rückgrat entlang und ließ ihn zittern. Es war ein Schauder, der nicht durch kalte Luft hervorgerufen worden war, sondern dadurch, daß er sich seiner Stellung bewußt wurde. Er hatte sich aus seiner Position als Kadettensohn eines unbedeutenden Landadels über alle anderen erhoben. Der Titel eines Baron Tewkesbury ginge eher durch Nevilles Linie als durch die eigene, aber das wäre die geringste aller Sorgen.
    Er war mehr als ein Baron, mehr als ein Eroberer. Er war der Meister des Ordolits.
    Ein sanfter Wind schmeichelte ihm um die Wangen, flüsterte ihm ins Ohr. Oder vielleicht war es eine Stimme. Oder ein Chor von Stimmen. Vernahm er die entkörperlichte Stimme von George du Maurier? Die seiner beiden Brüder, der eine ungeboren und der zweite jetzt über die schattenhafte Grenze gegangen, welche die Lebendigen von den Toten trennte? Vernahm er die Stimme der Lady 'Nrrc'kth und die ihres Bruders N'wrbb Crrd'f? Vernahm er die Stimmen all der Frauen, die er während seines Lebens geliebt hatte, und die Stimmen all der übrigen Gefährten, gleichermaßen der Fremdwesen und der Gegner, denen er auf seiner Fahrt durch das Dungeon begegnet war?
    Er glaubte, auch andere Stimmen zu vernehmen - Vater O'Hara und Madame Mesmer und die spinnenhafte Shriek und Chang Guafe und den rauhen und herzlichen Finnbogg. Tomas Folliot und Baron Samedi und die Herrschaftlichen Japanischen Marinesoldaten, denen er auf Neu Kwajalein begegnet war: Leutnant Ta-kamura und Leutnant Yamura, Sergeant Fushida und Gefreiter Onishi. Die Passagiere und Offiziere, die er an Bord der Empress Phllippa kennengelernt hatte, die Partner in jenem finsteren Ransome/Goode/O'Hara-Komplott und die Offiziellen der Gesellschaft zur Förderung der Universellen Nachbarschaft. Den Sultan von Sansibar und die Männer und Frauen, denen er während seiner Zeit in Äquatorialafrika begegnet war.
    Die sanfte Brise wurde zu einem wütenden Zyklon, die flüsternde Stimme zu einem brüllenden Chor von Männern und Frauen, Fremdwesen und künstlichen Ungeheuern.
    Die Ren.
    Die Chaffri.
    Und die Gennine.
    Eine einzelne Stimme erhob sich über das kakophoni-sche Gebrüll. »Clive, was wirst du jetzt tun?« Es war die Stimme von George du Maurier. »Du bist der mächtigste der Menschen. Vielleicht das mächtigste Wesen im ganzen Universum.«
    »Ich bin nicht Gott«, sagte Clive.
    »Dennoch...«
    »Ich weiß es nicht, du Maurier. Ich habe so lange gerungen. Und da mein Ringen beendet ist, darf ich da nicht eine Weile lang ruhen? Wenn die Buddhisten von Indien ein gewisses Alter erreichen, sagen sie sich von all ihrer Habe, ihrem Besitz, sogar von ihren Familien los. Sie scheren sich den Kopf, kleiden sich in safrangelbe Gewänder und durchwandern das Land, und ihr einziger Besitz ist eine Bettelschale, woraus sie braunen Reis essen.« »Lockt dich das, Folliot?«
    »Ich kannte einmal einen Bauern, du Maurier. Einen feinen Burschen. Wenn ich noch viele Jahre lebe, werde ich vielleicht so wie er.«
    »Dann gibt es also
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