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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie legte sich auf ihr Bett und starrte an die weiße Decke, auf die der Schein der Nachttischlampe durch den seidenen Schirm wunderliche Figuren warf. »Ich bin ihm nichts mehr, gar nichts. Ein Möbelstück in seinem Haus.«
    Dann weinte sie leise, ganz hingegeben dem Schmerz, der sie erfüllte. Später stand sie vor dem Ankleidespiegel und betrachtete ihren Körper, der durch das Perlonnachthemd schimmerte.
    Ich bin doch nicht zu alt für ihn, dachte sie. Ich bin doch noch jung. Ich bin doch noch hübsch.
    Was ist Freude?
    Eine Schwester des Glücks, dachte sie.
    Was ist Glück?
    Eine Tochter der Liebe.
    Was ist Liebe?
    Du!
    Oh, ich dummes Schaf!
    Der nächste Tag war für Peter und Sabine angefüllt mit Reisevorbe reitungen.
    Aber man sprach nicht mehr darüber. Das Thema war erledigt, man wollte sich nicht fragen, wohin es ging, jeder sollte nach seiner Art die Seligkeit suchen. Gut denn, wo keine Brücken sind, wird keiner über den Fluß schwimmen, sondern den Umweg bis zur nächsten Brücke auf sich nehmen. Und wenn er sechs Wochen dauert. Zwar rechnete Peter Sacher damit, daß Sabine nie sechs Wochen allein sein konnte. Das lag nicht in ihrem Wesen, so sah sie gar nicht aus, daß sie eine Eremitin spielen konnte. Sie würde schnell Anschluß finden. Und das war wieder etwas, was Peter mit tiefster Sorge erfüllte.
    Am Morgen nach diesem schicksalhaften Abend trank man wie immer Kaffee auf der Terrasse, Peter las die Morgenzeitung, erzählte Sabine den Inhalt der interessanten Artikel, die sie viel lieber selbst gelesen hätte, aber das tat er seit sieben Jahren mit der Begründung: Was wirklich interessant ist, überschlägst du ja doch, deshalb muß ich dir die Dinge vorlesen! Es war also alles so wie immer, höflich, unverbindlich, chevaleresk, und nichts deutete darauf hin, daß so etwas wie ein Damoklesschwert über Sabine und Peter hing.
    Nach dem Kaffeetrinken fuhren sie gemeinsam nach Düsseldorf. Peter setzte Sabine am Corneliusplatz ab, weil sie, wie sie sagte, noch eine Menge zu kaufen habe. Er selbst parkte den Wagen auf der Königsallee, der Prachtstraße, für deren Ruf sich ein Düsseldorfer vierteilen lassen würde, und ging dann, nach allen Seiten sich umsehend, ob ihn Sabine nicht beobachten könnte, hinüber zur Alleestraße und am Wilhelm-Marx-Haus vorbei zu einem anderen großen Gebäude, dessen nüchterne Fensterreihen es als Herberge unzähliger Büros auswies.
    Ein großes Emailleschild leuchtete an einem der Eingänge in der Morgensonne.
    Dr. Ernst Portz Rechtsanwalt und Notar
    Peter Sacher kannte Dr. Portz schon als kleiner Junge. Sie hatten zusammen auf der Straße gespielt, im Sandkasten Burgen gebaut, und schon da zeigte sich, was einmal aus ihnen werden würde: Pe ter baute die Sandvillen, und Ernst zerstörte sie. Dementsprechend war Peter Architekt geworden, während Dr. Portz als Fachanwalt für Ehescheidungen einen weiten Ruf erlangt hatte.
    Die Kinderfreundschaft wurde dann fortgeführt in der Volksschule, auf dem Gymnasium, wo man sich beim Abitur gegenseitig mit Mogelzetteln half. Schließlich studierten Peter und Ernst noch zusammen in Köln und München. Es war eine jener Freundschaften, für die es keine Krisen gibt und die nie auseinandergehen können, weil jeder den anderen viel zu gut verstand.
    Dr. Ernst Portz hatte eine vorzüglich gehende Praxis. Er beschäftigte vier voll ausgelastete Tippmädchen, einen Bürovorstand mit dem Gesicht eines Gallenkranken, der als gut eingespielter Praktiker juristische Hausberatungen auf eigene Kosten erteilte, ein Buchhalter arbeitete acht Stunden am Tag für die Steuer, und ein Lehrling trug die Akten herum und pappte die Briefmarken auf die umfangreiche ausgehende Post.
    Das Glanzstück der Praxis aber war ein etwas blasser, dürrer, farbloser, hochaufgeschossener Assessor mittleren Alters, der ewig Hunger hatte, unter Komplexen litt und froh war, bei Dr. Portz arbeiten zu können, weil er sich selbst nicht viel zutraute.
    Kleine Fälle übernahm Assessor Hubert Bornemeyer allein. Meistens gewann er sie sogar. Er hatte vor Gericht eine umwerfende Art, Mitleid zu erzeugen, mit sich, mit seinem Klienten, mit seinem Plädoyer, mit seiner naiven Beweisführung. Es war fast, als könnten die Richter ihm nicht weh tun und ließen ihn deshalb gewinnen. Dr. Portz war jedesmal verblüfft, wenn Bornemeyer eine Akte als erledigt ins Archiv gab.
    In den Pausen zwischen solchen Vorfällen sah man Bornemeyer meistens butterbrotkauend in der
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