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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich habe dich vernachlässigt. Aber können wir deshalb so unkompliziert und sicher sagen: Wir verstehen uns nicht mehr? Vielleicht wird es in den Ferien besser?«
    »Vielleicht! Wieder ein Experiment!« Sabine schüttelte wild den Kopf. »Unsere ganze Ehe war bisher ein Experiment! Beruf gegen Frau! Existenz gegen Liebe! Nein, so geht es nicht weiter!«
    Sie schob Peter eine Zeitung hin. Es war ein großformatiges, ausländisches Blatt. Peter schielte mißtrauisch auf die Zeitung und trank schnell seinen Kognak.
    »Hier! Lies einmal!« sagte Sabine. »In der New York Times schreibt ein amerikanischer Psychologe, daß es bei Spannungen und Entfremdungen in der Ehe nur ein Mittel gäbe: Sich für eine mehr oder weniger kurze Zeit zu trennen, aus dem Wege zu gehen, nichts voneinander zu hören, um dann wieder zusammenzukommen. Das Zusammentreffen wird dann entscheiden, ob man noch innere Bindungen zu seinem Partner hat und ob das Wiedersehen wirklich eine Freude und ein neuer Beginn ist.«
    »Verrückt!« sagte Peter Sacher ehrlich.
    »Vielleicht. Aber ich halte viel von diesem Gedanken. Mir leuchtet der Sinn ein. Erst durch eine Trennung erkennt man den Wert des anderen. Erst an der Bahre weiß man, wieviel man falsch gemacht hat.«
    »Bis dahin wollen wir es nicht kommen lassen«, sagte Peter sarkastisch. Er glaubte, sich in Ironie retten zu können. »So gern ich dir jeden Wunsch erfülle, aber sterben, um unsere Ehe zu flicken, ist zuviel verlangt.«
    Sabine stellte ihren Kognak mit einem Ruck auf den Tisch. Das Glas klirrte. Er nimmt mich nicht ernst, dachte sie bitter. Sieben Jahre lang hat er mich nicht ernst genommen. Ich bin für ihn ein Kätzchen, mit dem er spielt, wenn es seine Launen erlauben.
    »Es ist leicht zu spotten, aber anscheinend schwer, den tieferen Sinn zu begreifen«, sagte sie böse. »Mir ist jedenfalls der Gedanke gekommen, daß die Idee des amerikanischen Psychologen uns sehr willkommen ist.«
    »Uns?« Maßloses Erstaunen lag in seinem Blick, mit dem er Sabine anstarrte. »Wieso willkommen?«
    »Weil ich dir einen Vorschlag machen will: Wir fahren in die Ferien, ja – aber wir fahren getrennt!«
    »Ach nein.«
    »Bitte, lies den Artikel. Auch wenn du solchen Dingen sarkastisch und subjektiv gegenüberstehst, wirst du merken, daß etwas Wahres daran ist.« Sie trank schnell ihren Kognak, um Mut zu bekommen für das, was sie sagen wollte. Sie hustete ein wenig, weil der Alkohol im Hals brannte. Aber dann sagte sie klar:
    »Wir fahren fort, Peter! Für sechs Wochen! Sechs Jahre Ehe sind herum, und für jedes verflossene Jahr eine Woche Urlaub von der Ehe. Das ist eine gerechte Bitte und Chance. Wir werden nicht sagen, wo wir hinfahren; wir werden nie erfahren, wo wir waren. Am gleichen Tage fahren wir ab, und nach sechs Wochen treffen wir uns hier wieder. Hier auf der Terrasse. Das wird die Stunde sein, die über unser ganzes weiteres Leben entscheidet.«
    Peter Sacher warf einen Blick auf die New York Times. Der Artikel des Psychologen lag nach oben gefaltet. Verdrossen schob er die Zeitung zur Seite. Sein Gesicht war finster, fast ärgerlich.
    »Was du vorschlägst, ist ja auch nur ein Experiment.«
    »Stimmt! Aber es hat einen großen Vorzug.«
    »Und welchen?«
    »Es ist das letzte.«
    Peter Sacher flüchtete sich in charmante Plaudereien. Er blinzelte Sabine an. »Einen Mann sechs Wochen allein zu lassen, ist gefährlich.«
    »Mein Lieber – unterschätze die Frauen nicht!«
    Peter spürte einen kleinen Stich in der Herzgegend. Was hat sie vor, grübelte er. So kenne ich sie ja gar nicht. So entschlossen, so wild um sich schlagend. Immer war sie ein Lamm. Mein Schäfchen, das war lange Zeit sein Kosename für sie gewesen.
    Ruhelos schritt er im Zimmer hin und her. Draußen leuchteten die weißen Steinplatten der Terrasse im Mondlicht.
    »Sechs Wochen.« Er dehnte die Silben. »Du fährst irgendwohin und ich auch, und wir werden uns nicht fragen, was in diesen sechs Wochen geschah, was wir erlebten und was wir erkannten. So denkst du dir das doch?«
    »Ja«, sagte Sabine fest.
    »Typisch amerikanisch!« Peter kreuzte die Hände auf dem Rücken und nahm seine Wanderung durch das dunkle Zimmer wieder auf. An seinen Schritten sah man, wie erregt er innerlich war. Er ging mit steifen Knien, wie im verhaltenen Paradeschritt. Haltung bewahren, hieß es. Immer Haltung! Dabei nagten seine Zähne an der Unterlippe.
    »Und wenn einer von uns nach sechs Wochen nicht zurückkommt?« fragte er
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