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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille
Autoren: Andreas Schmidt
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passiert,
Stefan.«
    »Kann
sein.«
    »Willst du mich
ärgern?« Heike wirkte ernsthaft gekränkt. Sobald
etwas in der Stadt passierte, musste sie ganz vorn mitmischen. Sie
war Reporterin mit Leib und Seele, und dass sie beim Radio
arbeitete, war kein Zufall: Für sie war das Radio immer noch
das schnellste Medium der Welt. Sie machte sich immer wieder einen
Spaß daraus, den Kollegen von Fernsehen und Zeitung eine Nase
zu drehen, wenn es darum ging, Neuigkeiten schnell über den
Äther zu bringen.
    Stefan stöhnte
gequält auf, als er in den dritten Gang herunterschaltete.
»Was hast du vor?«
    »Fragst du das
wirklich? Fahr schon hin, ich will wissen, was da los
ist!«
    Stefan wagte einen
zögerlichen Einwurf. »Aber es ist Wochenende, und wir
haben frei.«
    »Wir haben nie
frei«, wurde er von Heike verbessert. »Und
außerdem bin ich krankhaft neugierig.« Sie schenkte ihm
einen versöhnlichen Augenaufschlag.
    Stefan drehte die
Lautstärke des Autoradios herab und hielt sich an der
Straße »Am Wupperstollen« rechts.
Ursprünglich, so erinnerte Stefan sich, hatte diese
Straße »Brückenstraße« geheißen,
war aber nach dem Neubau der Beyenburger Wupperbrücke erst
verlegt und dann umbenannt worden. Das war aber schon mehr als
hundert Jahre her, und Stefan wusste es nur, weil er mal ein Buch
mit Wuppertaler Straßennamen zum Geburtstag bekommen hatte.
Die Geschichte der Stadt, in der er lebte, interessierte
ihn.
    Der Käfer
quälte sich einen Berg hinauf, dann überquerten sie
die Beyenburger
Straße, und er bog nach links ab. Ein altmodischer Hinweis
mit der Aufschrift »Stausee« wies ihnen den Weg.
Clemens rumpelte über die schmale Uferstraße, und seine
Insassen ernteten missbilligende Blicke und Kopfschütteln von
Fußgängern, die sie ignorierten. »Du wäschst
den Käfer«, maulte Stefan, als das rechte Vorderrad
durch ein tiefes Schlagloch polterte. 
    »Am liebsten
putze ich nackt«, erwiderte Heike mit einem vielsagenden
Lächeln. »Da vorn ist der Parkplatz, den wir vom anderen
Ufer aus gesehen haben«, wechselte sie dann das Thema, bevor
Stefan sie festnageln konnte.
    Er grinste schief und
lenkte den Käfer an den rechten Rand des Weges. Links gab es
eine kleine Brücke, kaum zwanzig Meter dahinter befand sich
der Parkplatz, der tagsüber als Ausgangspunkt für
Wanderungen in die Umgebung diente. Der Marscheider Wald war nicht
weit entfernt. Jetzt war der Parkplatz mit Absperrband gesperrt.
Ein Streifenpolizist hielt neugierige Besucher davon ab, das
Gelände dennoch zu betreten.
    Stefan erkannte zwei
zivile Opel Vectra, die zweifelsfrei zum Fuhrpark der Kripo
gehörten, und Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Polizei. Am
Rande des Platzes parkte ein roter Motorroller, an dem ein junges
Paar lehnte und rauchte.
    Stefan und Heike
stiegen aus. »Ganz schön was los hier«,
kommentierte er.
    Heike zuckte die
Schultern. »Vermutlich alles streng geheim - wie immer. Aber
dieses Geheimnis werden wir lüften.«
    Sie hatten das
Absperrband erreicht. Der Polizist trat mit forschen Schritten auf
sie zu und hob mit ungeheuer wichtiger Miene einen Arm. »Hier
können Sie nicht durch«, belehrte er die beiden. Gerade,
als Heike sich als Wupperwelle-Mitarbeiterin outen wollte, erklang
eine Stimme aus dem Hintergrund.
    »Es ist in
Ordnung, Junker.«
    Der Streifenpolizist
brach sofort ab und wandte sich um.
    Ein ziviler Beamter
näherte sich. Er trug ein ungebügeltes Hemd, altmodische Jeans und
leichte Schuhe aus hellbraunem Wildleder. Eine Zigarette klemmte in
seinem Mundwinkel. Er winkte schmunzelnd ab. »Ich hätte
es mir denken können«, brummte er und gab dem jungen
Polizisten ein Zeichen, Stefan und Heike passieren zu
lassen.
    Die Reporter
kletterten über das Absperrband und reichten dem
Zivilpolizisten die Hand.
    »Kommissar
Ulbricht, wie nett, Sie hier zu treffen«, säuselte Heike
und schenkte ihm einen Augenaufschlag.
    Norbert Ulbricht
gehörte seit Jahren zur K11 der Wuppertaler Kripo und
kämpfte gegen Gewaltverbrechen. Er war nicht allzu groß,
hatte dichtes Haar, das sich an den Schläfen bereits grau
verfärbte. Ulbrichts Alter war schlecht zu schätzen, aber
Stefan erinnerte sich an eine Meldung, in der er gelesen hatte,
dass der Kommissar Ende fünfzig sein sollte. So lange, wie
Heike und Stefan beim Radio arbeiteten, jagte Ulbricht die
Verbrecher in der Stadt.
    Wo der auftaucht, gibt
es Tote, kam es Stefan in den Sinn.
    Hinter seinem
Rücken wurde der bärbeißige Kommissar als
»Kommissar
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