Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitte sagen Sie jetzt nichts

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Titel: Bitte sagen Sie jetzt nichts
Autoren: Loriot
Vom Netzwerk:
Momente, in denen Sie gern jemand anderes wären?
    Loriot Im Moment fällt mir keiner ein.
    von Boehm Auf welche Seite Ihres Ruhms könnten Sie am ehesten verzichten?
    Loriot Auf Interviews wie dieses hier zum Beispiel und Öffentlichkeitsarbeit. Obwohl ich jetzt sehr gern mit Ihnen hier sitze.
    von Boehm Haben Sie manchmal Zweifel an sich selbst?
    Loriot Täglich, ja. Besonders bei Arbeiten, die ich noch nicht gemacht habe, wie zum Beispiel bei der Inszenierung einer Oper.
    von Boehm Worin liegt da Ihr Zweifel? Das war doch immer Ihr Traum.
    Loriot Ich bin mir meiner Sache nie ganz sicher. Gerade nicht in den Fällen, wo es hinterher funktioniert. Ich glaube, dass der Zweifel dazugehört, wenn man etwas erreichen möchte.
    von Boehm Beneiden Sie Leute, die diese Zweifel nicht haben?
    Loriot In gewisser Weise ja. Ich misstraue zwar dem Erfolg ohne Zweifel, aber ich beneide sie darum, diesem Gefühl nicht ausgesetzt zu sein, denn zweifeln ist notwendig, aber nicht angenehm.
    von Boehm Es gibt jeden Tag, den Gott werden lässt, zahllose Situationen, in denen man sagt: das ist ein echter Loriot. Es ist zwar das wirkliche Leben, aber inzwischen nennen wir es »Loriot«. Ob nun ein Reporter aus Amerika in einem Taucheranzug unter Wasser in den Tagesthemen auftritt und Fritz Pleitgen die Bauchbinde bekommt, oder ob Gast und Kellner sich darüber streiten, wie rosa ein Hasenfilet zu sein hat - wir sagen, es ist »Loriot«.
    Loriot Ich höre davon oft in Gesprächen mit Menschen, und ich bin wirklich immer wieder überrascht, dass es so ist, und es fällt mir schwer, mich daran zu gewöhnen.
    von Boehm Liegt es daran, dass Sie das wirkliche Leben so gut beschreiben, dass man sagt, etwas ist »Loriot«?
    Loriot Es ist wohl ein Zufall. Mich hat das Absurde, das wirklich Absurde, nie interessiert. Mich hat immer das interessiert, was wirklich ist und was jedem täglich passiert. Und so bin ich einfach ganz folgerichtig darauf gekommen, das zu beschreiben, was wir täglich erleben. Und versuche lediglich, einen ganz kleinen Schritt daneben zu sein, um deutlich zu machen, wie grotesk eigentlich ist, was wir täglich erleben. Aber die wirkliche Absurdität zu schildern, reizt mich nicht, weil sie zu weit von der Wirklichkeit entfernt ist. Nur durch diese Nähe zur Wirklichkeit entsteht dieses Gefühl der Menschen: Das sind doch wir, und das passt in so vielen Situationen.
    von Boehm Dann wären Sie aber eigentlich der Erste, der uns diese Wirklichkeit so nahegebracht hat, dass wir sie auch kapieren.
    Loriot Ich bin vielleicht der Erste, der das so komisch findet. Es ist Zufall, dass andere das nun auch so komisch finden - nämlich die Betroffenen. Bisher war es immer so, dass ein Humorist sich weiter entfernt von der Wirklichkeit, und das hat auch seine Berechtigung. Wenn es so sein sollte, dass ich der Erste bin, der es nun andersherum gemacht hat, wundert mich das selber, aber vielleicht ist es so ...
    von Boehm Möchten Sie ein Wort zur Lage der Nation in Sachen Fernsehunterhaltung in Deutschland sagen?
    Loriot Oh Gott ...
    von Boehm Sie sind ja jetzt kein Macher mehr. Sie beobachten ja nur noch.
    Loriot Ja, dennoch möchte ich mich damit eigentlich nicht unbedingt kritisch auseinandersetzen. Ich befürchte, dass durch dieses Entsetzliche, was auf uns zukommt - das Kabelfernsehen mit seinen vielen verschiedenen Sendern, so dass jeder zwölf Programme empfangen kann - eine Verbreiterung einer gewissen Art von Unterhaltung droht, und dass die Unterhaltung dadurch nicht besser, sondern nur breitgewalzt wird. Das wird zunehmend zu einem Unterhaltungsbrei führen, der gar nicht mehr komisch ist. Davor graut mir, und ich weiß nicht, warum man diese Gefahr nicht sieht. Das gilt natürlich nicht nur für Unterhaltung - sondern für alles andere auch. Ich glaube, dass man einen entsetzlichen Fehler gemacht hat, den man nicht wiedergutmachen kann.
    von Boehm Eigentlich genügend Stoff für eine Satire von Ihnen!? Oder ist es noch nicht so weit?
    Loriot Fast zu traurig für eine Satire, weil es mich selbst und meine Arbeit betrifft.
    von Boehm Viele erwarten ja von der Satire Ernst und Bitterkeit. Und Sie, Loriot, verpacken das Ernsthafte in konsumierbare Komik. Es ist ja auch Kritik drin, ganz klar, aber eben nicht um der Kritik willen wahrscheinlich.
    Loriot Mich stört daran das Wort »konsumierbar«. Das Wort »Konsum« ist ein Reizwort, das mich schaudern lässt. Es wird mir oft vorgehalten, ich sei zu liebenswürdig in dem, was ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher